Julia Extra 0357
er über Ashur herrschen, wo sein Vater nichts zu sagen hatte? Dass sie so wenig über die politischen Verhältnisse in den beiden Ländern wusste, ärgerte sie.
Eins war allerdings sicher: Anders als sie es sich vorgestellt hatte, war Raja nicht der arme Verwandte, der an die Macht wollte. Verstohlen betrachtete Ruby sein markantes Profil. Er konnte nicht älter als dreißig sein. Er war jung, äußerst attraktiv und – der Luxuslimousine und den Bodyguards nach zu urteilen – reich. Umso weniger konnte sie nachvollziehen, warum er bereit sein sollte, über eine arrangierte Ehe auch nur nachzudenken.
„Jemand macht eine Fremde ausfindig, die zufällig eine verloren geglaubte Verwandte der Familie Shakarian ist, und Sie sind sofort bereit, sie zu heiraten?“, spottete Ruby.
„Ich habe gute Gründe dafür. Und deswegen bin ich hier hergekommen, um mit Ihnen zu reden“, erwiderte er kühl und unterstrich seine Worte mit einer Geste. Seine Bewegungen waren geschmeidig und maskulin zugleich. Noch nie hatte ein Mann sie derart fasziniert.
Verlegen errötete sie, denn eigentlich mochte sie keine ausgesprochen maskulinen Männer. Ihr Stiefvater war das beste Beispiel dafür. Er hatte sich nur für Sport interessiert, viel getrunken und ständig abfällige Bemerkungen über Frauen gemacht, während er ihr insgeheim nachgestellt hatte. „Nichts, was Sie sagen, könnte mich umstimmen“, warnte sie Raja.
Da sie sich zunehmend wie ein unsicherer Teenager fühlte, senkte sie die Lider. Dabei fiel ihr Blick auf seinen muskulösen Oberschenkel, und unwillkürlich ließ sie ihn zu seinem Schritt schweifen … Sie spürte, wie ihr die Wangen brannten, als ihr klar wurde, dass sie zum ersten Mal in ihrem Leben einen Mann betrachtet hatte, als wäre er nur ein Lustobjekt.
Der Prinz lud sie in das beste Hotel der Stadt zum Mittagessen ein. Natürlich erregte er dort viel Aufmerksamkeit, besonders bei den Frauen, wie Ruby zunehmend irritierter feststellte. Sein selbstsicheres Auftreten und seine weltmännische Art verliehen ihm eine ganz besondere Aura, die ihn von allen Normalsterblichen unterschied. In ihrem schlichten Outfit fühlte Ruby sich neben ihm völlig unpassend gekleidet. Sie atmete erleichtert auf, als der Ober sie in eine etwas abgelegene Nische führte.
Das Essen schmeckte hervorragend, und Raja erzählte ihr von dem Krieg zwischen den beiden Ländern und den Folgen für Ashur. Während er sprach, konnte Ruby den Blick nicht von ihm abwenden, und es schien ihr, als wäre sie ganz allein mit ihm auf der Welt. Als er lebhaft gestikulierte, malte sie sich aus, wie es wäre, von ihm berührt zu werden. Sofort stieg ihr wieder das Blut ins Gesicht. Der Klang seiner Stimme war ausgesprochen sinnlich, und wenn sie Raja in die funkelnden Augen sah, schlug ihr Herz sofort schneller.
„Die gesamte Infrastruktur in Ashur wurde zerstört, und deshalb gibt es immer mehr Arbeitslose und Menschen, die unter dem Existenzminimum leben“, informierte er sie. „Man muss viel investieren, um die Straßen, Krankenhäuser und Schulen, die zerstört wurden, zu erneuern und wieder aufzubauen. Mein Land wird das Geld zur Verfügung stellen, aber nur, wenn wir beide heiraten. Der Vertrag sieht vor, dass es nur zum Frieden kommt, wenn die beiden Länder durch eine Heirat vereint werden.“
Ruby trank einen Schluck Mineralwasser. Es kostete sie große Mühe, den Blick von Raja abzuwenden. „Das ist völlig verrückt“, erklärte sie beinahe trotzig, woraufhin er den Kopf neigte.
„Überhaupt nicht. Es ist momentan der einzige Weg zur Wiedervereinigung, ohne dass eines der Länder sein Gesicht verliert.“ Plötzlich wirkten seine Züge angespannt.
„Mir ist klar, dass kein vernünftiger Mensch wieder Krieg möchte“, meinte sie bedauernd. Dass die Lage so ernst war, hätte sie nicht für möglich gehalten. Und obwohl die Herrscherfamilie sich immer geweigert hatte, ihre Existenz anzuerkennen, schämte Ruby sich, weil sie sich so wenig für das Land interessiert hatte.
„Richtig. Und genau darin besteht unsere Rolle“, warf Raja lässig ein. „Ashur wird die Hilfe meines Landes nur annehmen, wenn diese durch eine traditionelle königliche Hochzeit gewährt wird.“
Sie nickte. „Und was passiert, wenn es nicht zu dieser Hochzeit kommt?“
Er schwieg einen Moment und kniff dabei die Augen zusammen, was ihn ein wenig furchteinflößend erscheinen ließ. „Da diese Eheschließung Bestandteil des Friedensvertrags ist,
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