Julia Extra 260
die Karte.
„Und wer genau lädt dich nach Mexiko ein, um den Rest dieser Smaragde abzuholen?“
Vanessa lief ein eiskalter Schauder über den Rücken. Noch nie hatte Markos in so einem Tonfall mit ihr gesprochen. Starrvor Angst sah sie ihn an.
„Nun?“, hakte er zornig nach. „Hast du die Absicht zu gehen?“
„Natürlich nicht!“, brach es endlich aus ihr heraus. „Ich würde diesen Widerling nicht einmal mit einer Kneifzange anfassen.“
Noch einmal veränderte sich der Ausdruck in Markos’ Augen.
„Welcher Mann? Wer ist es? Wer hat dir das geschickt?“
Vanessa trat einen Schritt zurück. „Dieser schreckliche Mensch, den wir gestern in der Hotellobby getroffen haben. Cosmo Dimistris oder wie auch immer er heißt.“
„Cosmo? Cosmo hat dir dieses Armband geschickt? Wie kommt er darauf, dass du es annehmen wirst? Oder dass du mit ihm nach Mexiko gehst?“
Wut lag in seiner Stimme. Und noch etwas anderes.
Ein Vorwurf.
„Ich habe ihn bestimmt nicht ermutigt, das kannst du mir glauben. Er ist ganz allein auf diese reizende Idee gekommen. Er hat sich zu mir geschlichen, als du mit dieser französischen Duchesse geredet hast! Aber du wirst dieses Armband jetzt sofort an ihn zurückschicken, ja? Zusammen mit seinem ebenso reizenden Angebot, seine Geliebte zu werden!“
„ Was?“ Markos’ Stimme hatte alles Menschliche verloren.
„Oh ja! Er besaß die Frechheit, neben mir zu stehen und mir zu sagen, ich könne seine Geliebte werden!“
Für die folgenden griechischen Wörter brauchte Vanessa keine Übersetzung.
„Ich nehme an, du hast ihm gesagt, dass du noch mir gehörst? Dass du noch nicht wieder auf dem Markt bist und keinen neuen Beschützer brauchst?“
„Markos – nicht! Nicht einmal zum Spaß. Es ist zu furchtbar.“
„Ich mache keine Witze. Cosmo Dimistris braucht nicht einmal im Traum daran zu denken, mir meine Geliebte wegzunehmen!“
„Bitte, Markos, sag dieses Wort nicht.“ Sie erschauderte. „ Geliebte“ , stieß sie angewidert hervor.
Schützend trat Markos zu ihr, legte eine Hand um ihren Nacken und küsste sie sacht auf den Mund.
„Keines anderen Mannes Geliebte, nur die meine“, versicherte er ihr.
„Bitte, nicht dieses Wort. Ich weiß, du machst nur einen Scherz, aber …“
„Einen Scherz?“ Komplettes Unverständnis schwang in seiner Stimme mit.
„Nun, ja, natürlich ist es ein Scherz“, sagte Vanessa verwirrt. „Zu sagen, ich sei deine Geliebte.“
„Du denkst, meine Geliebte zu sein, ist ein Scherz?“
„Ich … ich verstehe nicht ganz.“
„Was verstehst du nicht? Du bist seit einem halben Jahr meine Geliebte, und in all der Zeit …“
Ängstlich wich sie zurück. „Markos, bitte sag das nicht.“
„Was soll ich nicht sagen?“
„Geliebte.“ Ihre Stimme wurde immer schwächer. „Immerzu sagst du Geliebte. Es ist doch ein Scherz, nicht wahr, Markos? Ich meine, ich weiß , dass du das Wort ‚Geliebte‘ als Scherz verwendest. Es ist nur so, dass ich … ich finde es nicht sehr lustig, Markos. Der Gedanke ist einfach zu abscheulich …“
„Du denkst, es sei abscheulich, meine Geliebte zu sein?“
Plötzlich erkannte sie mit furchtbarer Klarheit, dass es nicht Markos war, der sie nicht verstand. Sie verstand ihn nicht.
„Du meinst es ernst, nicht wahr. Wenn du Geliebte sagst, meinst du das genauso?“
„Warum in aller Welt sollte ich es nicht so meinen? Natürlich bist du meine Geliebte!“
Es konnte nicht sein. Sie klammerte sich an den letzten Strohhalm. Markos’ Muttersprache war nicht Englisch – vielleicht bedeutete Geliebte auf Griechisch etwas ganz anderes?
„Vanessa, was ist denn los? Wenn dieser Cosmo dich beleidigt hat, tut mir das wirklich leid. Er wird nie wieder in deine Nähe kommen, das verspreche ich.“ Jetzt klang seine Stimme versöhnlich und sanft. „Du gehörst mir, nur mir … das weißt du doch.“
Er nahm sie in die Arme. Keine Spur mehr von seiner Wut. Er war wieder der Markos, den sie kannte.
Oder doch nicht?
Was war schon ein Wort? Nichts … es hatte gar nichts zu bedeuten. Ihr Markos war aufmerksam, zuvorkommend und liebevoll.
Kein Wunder, dass sie ihn so sehr liebte.
„Es tut mir leid. Bitte entschuldige. Es war dumm von mir, so einen Wirbel um nichts zu veranstalten. Bitte verzeih mir.“
Noch fester hielten seine Arme sie umschlungen.
„Törichtes Mädchen“, murmelte er und küsste sie.
Binnen Sekunden hatte sie die ganze Aufregung vergessen. Was blieb, war das wundervolle
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