Julia Extra 260
Wort. Unvermittelt wandten sich die ältere Frau und der dritte Mann ab und gingen. In diesem Moment fiel Vanessa auf, wie angespannt Markos aussah. Jetzt sagte der ursprüngliche Sprecher einige schnelle Worte auf Französisch zu Markos. Der nickte, drehte sich um und zog Vanessa mit sich fort.
„Ich … es tut mir leid“, stotterte sie. „Ich wollte nicht stören. Es war nur so, dass …“
„Ich habe dir gesagt, ich würde dich ein paar Minuten allein lassen“, fiel Markos ihr ins Wort.
Mit einem flauen Gefühl im Magen sah Vanessa ihn an. „Was … was ist los?“
„Das war die Duchesse de Nerailles-Courcy“, erwiderte er gepresst.
„Es tut mir leid“, wiederholte sie. „Ich weiß nicht, wer sie ist.“
„Offensichtlich nicht.“ Sein Tonfall war ungeduldig, dann seufzte er. „Ist schon gut. Vergiss es einfach, in Ordnung? Jetzt ist es sowieso zu spät. Aber wenn ich dich das nächste Mal bitte, auf mich zu warten, würde ich es sehr begrüßen, wenn du genau das tust.“
In seiner Stimme lag eine Schärfe, die Vanessa noch nie zuvor bei ihm gehört hatte. Langsam, ohne es überhaupt zu bemerken, ließ sie seinen Arm los.
„Es tut mir leid, Markos.“
Wieder seufzte er. „Vanessa, manche Menschen habe eine sehr offene Einstellung, andere – wie die Duchesse – nicht. Ich kann dich ihr nicht so einfach vorstellen.“
„Sie ist sich wohl zu vornehm?“ Vanessa versuchte, ihrer Stimme einen leichten Klang zu verleihen, doch es gelang ihr nur leidlich. „Mit gewöhnlichen Bürgerlichen wie mir spricht sie wohl nicht?“
Daraufhin sah Markos sie mit einem seltsamen Gesichtsausdruck an. Wahrscheinlich, dachte sie, ist es ihm peinlich zuzugeben, dass ich recht habe und die Französin einfach arrogant ist.
Zum Glück winkte ihm jemand zu, und der Moment ging vorüber. Markos legte eine Hand um Vanessas Ellenbogen und führte sie zu dem Mann.
„Giovanni, wie schön, Sie zu sehen.“ Er wechselte ins Italienische.
Dankbar nahm Vanessa ihre vertraute Rolle wieder ein – die Frau an Markos Makarios’ Seite. Energisch verdrängte sie die beiden seltsamen Ereignisse. Sie hatten nichts zu bedeuten. Nicht einen Gedanken musste sie mehr daran verschwenden.
Das war alles, was zählte.
Der Rest des Abends verlief ohne weitere Zwischenfälle. Doch während sie an Markos’ Seite von einer Gruppe zur nächsten schlenderte, drängten zwei Worte immer wieder in ihr Bewusstsein: Zukunft und Pläne. Der widerliche Mann hatte sie nach ihren Plänen für die Zukunft gefragt. Sie hatte keine Pläne. Sie war mit Markos zusammen.
Aber wie lange noch?
Auch diese Frage verdrängte sie. Weder über ihre Zukunft noch darüber, wie lange sie mit Markos zusammen wäre, wollte sie sich Gedanken machen. Solange sie nicht darüber nachdachte, existierten die Fragen auch nicht. Sie war zu glücklich, zu zufrieden auf ihrer eigenen persönlichen Wolke sieben, um über so etwas nachzudenken!
Ihr Blick wanderte zu ihm, und er spürte, dass sie ihn ansah. Denn für einen flüchtigen intensiven Moment hielt er ihren Blick mit seinen Augen gefangen. Auch ohne dass er die Worte laut aussprach, konnte sie die Botschaft in seinen dunklen Augenlesen. Nach einem Blinzeln nahm er das Gespräch mit seinem Gegenüber wieder auf.
Aber auf ihrem Rücken streichelten seine Finger über die Seide ihres Kleides und wiederholten noch einmal die Botschaft seiner Augen.
Kurze Zeit später verließen sie die Party.
Vanessa streifte das eisblaue Cocktailkleid über ihren Kopf, schob ihre Haare zurück und legte einen Arm auf den Rücken, um den Reißverschluss zu schließen.
Dabei runzelte sie erstaunt die Stirn. Hatte sie zugenommen? Das Kleid saß an Hüften und Bauch ein wenig eng. Noch vor einigen Wochen hatte es perfekt gepasst. Sie atmete tief ein und betrachtete ihr Spiegelbild. Sie sah aus wie immer. Vielleicht bildete sie sich das nur ein. Vielleicht war das Kleid in der Wäsche eingelaufen.
Bestimmt hatte sie nicht zugenommen. Dafür achtete sie zu sehr darauf, was sie aß. Zwar war sie von Natur aus schlank, doch seit sie mit Markos zusammen war, konnte sie es sich erst recht nicht leisten, dicker zu werden. Schließlich wollte sie perfekt für ihn sein. Das einzige Problem bestand darin, dass das schöne Leben, das sie jetzt führte, auch von den erlesensten Köstlichkeiten begleitet wurde. Deshalb besuchte sie inzwischen regelmäßig das Fitnessstudio und den Pool in dem Apartmenthaus.
Außerdem verging die Zeit so
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