Julia Extra 260
überhaupt nichts, außer auf dem Sofa zu sitzen, während der Regen gegen die Fenster schlug und der Wind um das Apartment heulte.
Markos war fort, von den treuen Leibwächtern in sein Büro in der Stadt gefahren worden. Ein reicher Mann, mit den Aufgaben eines reichen Mannes.
Und was bin ich, dachte sie. Die Antwort tönte in ihrem Kopf wie die Kirchenglocken bei einer Beerdigung.
Die Geliebte eines reichen Mannes.
Eines der vielen Luxusgüter, die sich ein reicher Mann kauft, um sein Leben angenehmer zu gestalten.
Das ist alles, was ich für ihn bin. Ich werde nie, nie etwas anderes sein …
Hat er es mir nicht gesagt? Hat er es mir nicht oft genug gesagt – an jenem schrecklichen Nachmittag, als dieser widerliche Cosmo Dimistris mir die Smaragde geschickt hat?
Geliebte, Geliebte, Geliebte.
Ich habe mir eingeredet, es sei nur ein Wort. Viel wichtiger wäre, wie er mich behandelt. Aber ich war nur eine Geliebte, jemand für sein Bett, jemand, mit dem er sich amüsieren kann.
Mehr nicht.
Nicht mehr, nur eine Geliebte.
Er denkt, ich will ihn heiraten. Und versuche, ihn mit einem Kind zur Ehe zu zwingen.
Ihr Körper fühlte sich an, als erstarrte er langsam zu Eis.
Zunächst drang das Läuten der Türklingel gar nicht an ihr Bewusstsein. Erst als die Klingel mehrmals schellte, erreichtesie ihre betäubten Sinne.
Langsam stand sie auf und ging zur Eingangstür.
Vor der Tür stand eine Frau mittleren Alters, die sie noch nie zuvor gesehen hatte.
Vanessa öffnete den Mund, um „Kann ich Ihnen helfen?“ zu fragen, aber die Frau marschierte einfach an ihr vorbei.
Im Flur blieb sie stehen und wandte sich um.
„Ich möchte mit Ihnen sprechen.“
Vor Überraschung konnte Vanessa keinen klaren Gedanken fassen. Die Frau war sehr exklusiv gekleidet und stammte offensichtlich aus einem südeuropäischen Land. Ihren Akzent und auch ihren Tonfall kannte Vanessa von Markos. Jenen Tonfall, den reiche Menschen für nicht reiche Menschen reserviert hatten.
Abschätzig, ja feindselig wanderte der Blick der fremden Frau über Vanessa.
Wer war diese Frau? Und warum hatte der Concierge nicht angerufen, um sie anzumelden?
Ohne eine Antwort abzuwarten, ging die Frau weiter ins Wohnzimmer. „Schalten Sie das aus“, befahl sie und deutete auf den Fernseher.
Schweigend gehorchte Vanessa und drückte einen Knopf auf der Fernbedienung. Stille senkte sich über den Raum. Entschieden wandte Vanessa sich um. Mochte die Frau auch noch so unhöflich sein, sie selbst würde freundlich bleiben.
„Entschuldigung“, fing sie an. „Ich weiß nicht …“
„Ich bin Constantia Dimistris“, verkündete die Fremde hochmütig.
„Dimistris“, wiederholte Vanessa. Dann, zu ihrem größten Entsetzen, fiel ihr ein, dass sie die Frau doch kannte. Sie war die ältere der beiden Frauen, die aus dem Aufzug in dem Hotel gekommen waren. Dem Hotel, in dem diese unglückselige Party stattgefunden hatte, auf der Cosmo Dimistris sie angesprochen hatte.
Dimistris? Hatte die Frau etwas mit diesem Kerl zu tun? War sie seine Ehefrau? Nein, nicht seine Frau – dafür war sie zu alt.
„Ich werde ganz offen zu Ihnen sein“, erklärte Constantia, öffnete ihre rote Lackhandtasche und zog ein Stück Papier hervor, das sie auf den Kaffeetisch legte.
„Er ist vordatiert“, fuhr sie fort. „Ich bin schließlich nicht unvernünftig.Ich gebe Ihnen zwei Wochen. Das sollte genügen.“
Vanessa schluckte. Was in aller Welt ging hier vor? Sie sah auf das Stück Papier.
Ein Scheck, ausgestellt über fünfundzwanzigtausend Pfund. Mit einem leeren Feld für den Namen des Empfängers.
„Ich verstehe nicht“, meinte Vanessa schwach.
Ein missmutiges Schnauben war die Antwort.
„Seien Sie nicht albern. Ich will nicht länger hier sein als unbedingt notwendig. Sie sehen die Summe auf dem Scheck und das Datum. Was gibt es daran nicht zu verstehen?“
„Mrs. Dimistris, wenn ihr Besuch etwas mit Cosmo Dimistris …“
Wut loderte in den Augen der Frau auf. „Was? Warum erwähnen Sie meinen Sohn? Was haben Sie vor? Wollen Sie ihn auch belästigen?“
Also war sie Cosmos Mutter.
„Ganz im Gegenteil“, erwiderte Vanessa kühl. „Ihr Sohn hat sich mir gegenüber in einer Weise verhalten, die jede Frau verwerflich finden würde.“
„Wie kann jemand wie Sie es wagen, solche Anschuldigungen von sich zu geben?“
„Weil es die Wahrheit ist! Falls Sie denken, es sei angenehm, eingeladen zu werden, die Geliebte eines Mannes zu werden und als
Weitere Kostenlose Bücher