Julia Extra 260
Worte ausschließen.
Ich muss es akzeptieren und weiterleben.
Das war wichtig, denn von nun an, für den Rest ihres Lebens,durfte sie nicht nur an sich denken. Es gab jemand viel, viel Wichtigeres als den Mann, den sie so naiv geliebt hatte.
Jemand, der sogar noch wichtiger war als sie selbst.
Nach dem Essen zog sie ihre Straßenschuhe an. Als sie ihre alten Hausschuhe in den Schuhschrank stellte, musste sie daran denken, wie schäbig sie immer zwischen den vielen Designerschuhen in Markos’ begehbarem Kleiderschrank ausgesehen hatten. Jetzt war sie froh, die abgetragenen Schuhe behalten zu haben.
Ein Lächeln breitete sich auf ihrem Gesicht aus, kein schmerzhaftes Lächeln, sondern eines, das einen weichen Schimmer in ihre Augen zauberte. Hohe Absätze gehörten so oder so der Vergangenheit an, ebenso wie die schmeichelhaften und wunderschönen Kleider, die sie für Markos getragen hatte. Ihre Bedürfnisse hatten sich völlig geändert.
Bequem, nützlich und praktisch – so lauteten die neuen Kriterien.
Sie schulterte ihren Rucksack und machte sich auf den Weg nach draußen. Es war Zeit für ihren täglichen Spaziergang am Strand. Abends würde sie einige Bahnen im öffentlichen Schwimmbad schwimmen. Fit und gesund zu bleiben, war wichtig.
Einen winzigen Augenblick dachte sie wehmütig an das luxuriöse Fitnessstudio und den Pool in Markos’ Apartmenthaus zurück. Dann schob sie die Erinnerung beiseite.
Das alles gehörte der Vergangenheit an. Die Zeit würde nicht zurückkommen, und auch Vanessa war nicht länger der Mensch, der sie damals gewesen war.
Die Geliebte von Markos Makarios.
Markos folgte den Anweisungen des Navigationsgeräts und steuerte den Wagen über eine Kreuzung. Das Verdeck war zurückgeschlagen, und der Wind zerzauste seine Haare. Sowohl er als auch der schnittige rote Sportwagen erregten die Aufmerksamkeit der Passanten. Doch Markos bemerkte sie gar nicht, sondern war völlig auf sein Ziel konzentriert.
Und fast hatte er es erreicht. Nur noch zwei Straßen, dann hatte er sie gefunden.
Plötzlich, aus den Augenwinkeln heraus, sah er es.
Ihr Haar.
Die faszinierenden rotblonden Locken, die im Wind wehten, während sie am Strand entlangspazierte.
Noch in derselben Sekunde zog er die Handbremse an, stieg aus und lief auf sie zu.
Vanessa blieb wie angewurzelt stehen.
Ihr Gesicht war weiß wie eine Wand. Als sie taumelte, glaubte er einen Moment, sie würde in Ohnmacht fallen.
„Steig in den Wagen.“ Seine Stimme war leise und gefährlich.
Er sah, wie sie schluckte und ihr Körper sich versteifte.
„Steig ein“, wiederholte er.
Inzwischen hupten die Fahrer, die hinter seinem Wagen warteten. Doch er ignorierte sie. Ignorierte alles, bis auf die Frau, die vor ihm stand, als wäre sie zu Stein geworden.
Schließlich ergriff er ihren Arm und führte sie zu seinem Wagen. Dort öffnete er die Beifahrertür und drängte sie hinein. Willenlos wie eine Puppe sank sie auf den Sitz.
Als auch er endlich wieder im Wagen saß, trat Markos mit voller Wucht das Gaspedal durch.
Er schaute sie nicht an. Das erlaubte er sich nicht. Aber als er in einen anderen Gang schaltete, sah er aus den Augenwinkeln, wie sie ihre Hände in ihrem Schoß so fest verschränkte, dass die Knöchel weiß hervortraten.
Nur die quäkende Stimme des Navigationsgeräts, die ihre Anweisungen gab, unterbrach ihr Schweigen. Sie lebte in einer schmalen Straße mit kleinen Häusern in Pastelltönen. Ihr Haus war weiß, Blumenkästen flankierten den Eingang, zu dem zwei Stufen emporführten.
Unmittelbar vor dem Haus parkte er und schaltete den Motor aus.
„Raus“, befahl er.
Erfolglos zerrte sie am Türgriff, und als er sich zu ihr beugte, um die Tür für sie zu öffnen, zuckte sie zurück. Diese Reaktion gab seiner Wut neue Nahrung.
Stumm stieg sie aus, kramte in ihrem Rucksack nach den Schlüsseln, schloss die Haustür auf und ging hinein, ohne sie hinter sich zu schließen.
Markos knallte die Fahrertür zu, drückte den Knopf für die ferngesteuerte Verriegelung und folgte ihr.
Noch immer unter Schock ging Vanessa in ihre Wohnung. Ihr Magen war flau, ihr Herz pochte wie wild.
Das ist nicht gut für mich … das ist nicht gut für das …
Erst das Geräusch, mit dem Markos die Haustür ins Schloss fallen ließ, schreckte sie aus ihrem tranceartigen Zustand. Seine Gegenwart dominierte das ganze Zimmer. Instinktiv trat sie einen Schritt zurück, fühlte die Tischkante hinter sich und war dankbar für
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