Julia Extra 260
diese Stütze.
Ihr Blick wanderte zu ihm.
Markos.
Ein Strudel aus Emotionen erfasste sie, und jede einzelne machte ihre Knie noch weicher.
Oh Gott, Markos … Markos.
Während ihre Gedanken rasten und sie verzweifelt versuchte, einen Sinn in dem zu finden, was ihre Augen sahen, starrte sie ihn unentwegt an.
Dann, wie ein Faustschlag in den Magen, fielen seine Worte.
„Du kleine Schlampe! Du untreues Flittchen!“
Immer noch sah sie ihn an. Verständnislos. Geschockt. Sah seine verzerrten Gesichtszüge und den grausamen Zorn in seinen Augen.
„ Was?“
Von allen Dingen, die Markos ihr hätte sagen können, ergab das überhaupt keinen Sinn.
Doch ihre Antwort schien ihn nur noch wütender zu machen.
„Ich will nur eine Sache wissen – und, Christos , du solltest es mir besser sagen! – wer ist er?“
Sie verstand noch immer nicht, was er meinte.
„Du brauchst dich nicht zu verstellen. Sag mir einfach, wer er ist! Und denk nicht mal daran, ihn zu beschützen, denn, ich schwöre bei Gott, ich werde ihn finden, und dann …“
„Wer?“
„Was zum Teufel meinst du mit wer?“, schrie er sie an. „Der Mann, mit dem du mich betrogen hast. Der Mann, von dem du ein Kind erwartest!“
9. KAPITEL
Es war, als stünde die Welt still.
Der Schock, unter dem Vanessa bislang gestanden hatte, war nichts, verglichen mit dem, den seine Worte auslösten.
Blind tastete sie nach einem der Stühle am Tisch, zog ihn hervor und sank darauf. Um ihr Kind zu schützen, musste sie sich setzen, das spürte sie instinktiv. Ihr Herz hämmerte in ihrer Brust; ihr wurde abwechselnd kalt und heiß.
An den Rändern der Welt zog Schwärze auf.
Mit gesenktem Kopf zwang sie sich, ruhig und gleichmäßig zu atmen. Dabei legte sie eine Hand schützend auf ihren Bauch.
„Was …? Vanessa? Vanessa!“
Furcht lag in seiner Stimme, die die Wut, die noch Momente zuvor so wild gelodert hatte, vollständig vertrieb. Mit zwei großen Schritten war er an ihrer Seite und kniete sich neben sie.
„Vanessa!“
Sie holte tief Luft und hob den Kopf. Statt der Dunkelheit sah sie Markos. Für einen endlosen Augenblick trafen sich ihre Blicke.
„Es geht mir gut“, sagte sie schließlich. „Es geht mir gut.“
Vorsichtig richtete sie sich auf. Und als verstörte die große Nähe ihn, trat Markos einen Schritt zurück.
„Soll ich einen Arzt rufen?“, fragte er; es war offensichtlich, dass er nicht fragen wollte, es die Situation aber gebot.
Sie schüttelte den Kopf.
„Nein, es geht mir gut“, wiederholte sie. Langsam verebbte der Schock, und was blieb, war etwas vollkommen anderes. Etwas sehr Stilles, sehr Ruhiges.
Gefasst wartete sie auf die seelischen Qualen, die seine Anschuldigung mit sich bringen musste. Doch sie blieben aus. Stattdessen fühlte sie nur diese ruhige Stille in sich.
Als sie aufstand, trat Markos wieder auf sie zu, doch sie hob abwehrend eine Hand.
„Ich brauche nur ein Glas Wasser“, meinte sie. „Möchtest du auch etwas trinken? Kaffee? Saft?“
Er verneinte wortlos. Nach wie vor war seine Miene angespannt, und in seinen Augen blitzte etwas auf, das sie dort nicht sehen wollte, sich aber auch nicht die Mühe machte, es genauer zu studieren.
Sie ging in die Küche, schenkte sich ein Glas Mineralwasser ein und trank einige Schlucke. Anschließend kehrte sie mit dem Glas ins Wohnzimmer zurück und setzte sich auf das Sofa neben dem Kamin. Wieder legte sie eine Hand auf ihren Bauch, als müsse sie ihr Baby vor dem Mann, der vor ihr stand, beschützen.
„Warum bist du hier, Markos?“, fragte sie.
Die Frage und die Art und Weise, wie sie sie gestellt hatte, brachten ihn vollends aus der Fassung.
„Warum ich hier bin?“, wiederholte er. „Du hast sechs Monate mit mir verbracht und mich dann ohne ein einziges Wort für einen anderen Mann verlassen, bist schwanger von ihm und fragst mich, warum ich hier bin?“
„Das also glaubst du, ist passiert?“
„Sprich nicht so mit mir. Nicht nach dem, was du getan hast. Und versuch gar nicht erst abzustreiten, dass du schwanger bist!“
„Nein, ich werde es nicht abstreiten“, sagte sie. Was hätte es auch für einen Sinn? Ihre Schwangerschaft war bereits deutlich sichtbar.
Wieder blitzte etwas in seinen Augen, während sie sprach. Ganz kurz nur, dann war es vorüber. Aber was auch immer es gewesen sein mochte, es war nicht wichtig. Nicht mehr.
„Wer ist er? Antworte mir!“
„Welcher Kandidat, denkst du, hat mich denn von deiner Seite gelockt?
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