Julia Extra Band 0193
das mit dem “in sein Haus einschleichen” stimmte nicht. Er war derjenige gewesen, der sie dazu gebracht hatte, unter seinem Dach zu leben. Weil er sie in seinem Bett hatte haben wollen. Und er hatte auch das verzweifelte Flehen in ihren Augen gesehen, als sie ihn bat, die Sache mit den Zeichnungen zu erklären. Wenn er nicht so stur gewesen wäre, stände dieses Thema jetzt nicht zwischen ihnen.
“Ich habe mich vom ersten Augenblick an zu Sam hingezogen gefühlt”, hörte er jetzt Haleys Antwort. “Ich hatte das Gefühl, dass er der Mann sein könnte, den ich lieben kann.”
“Und hat sich herausgestellt, dass Sie mit Ihrem Gefühl recht hatten?”
Ein Stein lag in Sams Magen, während er gespannt darauf wartete, ihre Antwort zu hören. Liebte Haley ihn?
“Ja”, flüsterte Haley.
Doch bei diesem gequälten Blick auf die Reporterin, bei diesem einen geflüsterten Wort, das sie aus sich hatte herauswringen müssen, zerbrach etwas in Sam. Es hatte so geklungen, als sei es das Letzte, was sie wollte. Er zog die Stirn in Falten. Er kannte dieses Gefühl.
Entschlossen sprang er auf, um Haley unter vier Augen zu sprechen. Er musste einfach mit ihr reden. Doch die Reporterin kam ihm zuvor.
“Danke für das Interview, Haley, es war großartig. Sam, wir sollten besser jetzt sofort mit dir weitermachen, bevor dieses Gewitter losbricht.”
Und ihm blieb keine andere Wahl, als sich von Tanya auf seinen Stuhl unter den Scheinwerfern zurückführen zu lassen, während Haley mit steifem Rücken zum Laufstall ging, Joel herausnahm und mit ihm im Haus verschwand, ohne sich noch einmal umzublicken.
Sie hatte Sam einfach aus dem Weg gehen müssen. Sie konnte ihm jetzt unmöglich in die Augen sehen. Ihre Laune war so düster und ungebändigt wie das Gewitter, das sich ankündigte.
Wie hatte sie sich so vergessen können? Tanya war eine großartige Interviewerin. Haley hatte sich von ihr einlullen lassen und eher den Eindruck gehabt, mit einer Freundin zu plaudern. Aber wie konnte sie nur vor laufenden Kameras zugeben, dass sie Sam liebte? Sich selbst hatte sie es längst eingestanden, aber musste sie es denn vor aller Welt tun?
Sie hatte Sams Gesicht gesehen. Er war keineswegs begeistert gewesen.
Ein kalter Schauer ergriff sie, dann ermahnte sie sich, nicht so melodramatisch zu sein. Sam wollte sein Leben mit ihr teilen, wollte sie als seine Partnerin und als Mutter seines Kindes. Es war schließlich nicht seine Schuld, dass sie die Dinge kompliziert und sich in ihn verliebt hatte.
Joel begann auf ihrem Arm vor sich hin zu plappern, so, als wolle er sie daran erinnern, dass er der einzige Grund war, warum sie Sams Antrag angenommen hatte.
Sie kitzelte ihn und erntete ein fröhliches Lachen. “Du bist immer noch der wichtigste Mann in meinem Leben, keine Sorge.”
Doch stimmte das wirklich? Oder war dieser Platz von einem großen, breitschultrigen Schriftsteller eingenommen worden?
Nein, sie wollte nicht, dass es so war, wollte diese Gefühle nicht. Vor allem nicht, wenn diese Gefühle nur von einer Seite kamen.
Sie legte Joel auf den Wickeltisch und wechselte ihm die Windel. Dann hielt sie ihn hoch in die Luft. “Was für ein Glück, dass ich dich habe, Mäuschen.” Sie wirbelte Joel herum, und er lachte glücklich. Ihre Laune hob sich. Wie konnte sie sich beschweren und Trübsal blasen, solange sie Joel hatte? “Joel, das kleine Flugzeug, fliegt hoch, hoch, immer höher …”
Ein höfliches Klopfen unterbrach das lustige Spiel. Atemlos und lachend schwang Haley herum, Joel auf dem Arm, und sah einen fremden Mann in der Tür stehen. Er trug einen dunklen Anzug und wirkte sehr förmlich. Sicher keiner vom Fernsehteam.
“Kann ich Ihnen helfen?”, erkundigte Haley sich.
“Ich suche Sam. Sein Agent sagte mir, ich könne ihn hier finden.” Der Mann deutete auf seinen Aktenkoffer. “Sam bat darum, dass ihm diese Dokumente nach Fertigstellung so bald wie möglich zur Unterschrift vorgelegt werden.”
Haley beäugte den Mann neugierig. “Im Moment gibt er gerade ein Interview. Es wird nicht lange dauern, wenn Sie so lange warten wollen. Oder wenn Sie die Papiere dalassen, kann ich sie ihm geben. Ich bin Haley Glen, seine Verlobte.” Seine Verlobte. Wie ungewohnt das klang. Und wie seltsam, dass ein einziges Wort ihr Herz so zum Klopfen bringen konnte.
Der Mann mit der Brille taute auf und lächelte Haley an. “Angenehm.” Er gab Joel einen Nasenstüber. “Dann musst du wohl Joel Winton
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