Julia Extra Band 0193
vertrauen, ohne dass er sich ständig rechtfertigen musste. Und als dies nicht der Fall gewesen war, hatte er einfach rotgesehen.
Er versuchte, sich zu überzeugen, es sei ihm egal, was sie von ihm dachte. Schließlich hatte er es auch so zu ihr gesagt. Aber er wollte ihr Joel nicht wegnehmen, auch wenn sie es so verstanden haben musste. Sicher, er wollte das Sorgerecht, er brauchte einfach die Gewissheit für sich selbst, aber das hieß nicht, dass sich irgendetwas zwischen Haley und dem Baby ändern würde.
Letzte Woche waren die Ergebnisse des Bluttests gekommen. Joel war sein Sohn.
Sein Sohn.
Würde er sich je daran gewöhnen? Nach all dieser Zeit, in der er überzeugt gewesen war, nie Vater zu werden, war da jetzt ein lebendiges kleines Wesen, das er in die Welt gesetzt hatte und für das er verantwortlich war. Er würde diese Verantwortung sehr ernst nehmen. Sein Vater war der wichtigste Mensch in seinem Leben gewesen, und er wollte, dass es für Joel genauso sein würde.
Und er würde sich nie zwischen Haley und Joel stellen. Sie liebte dieses Kind zu sehr.
Aber er gestand sich auch ein, dass er mehr wollte. Er wollte ihre Liebe auch für sich. Nicht die mütterliche Liebe und Wärme, die jedes Mal in ihre Augen trat, wenn sie Joel ansah, sondern Leidenschaft und Liebe und Verlangen, wenn sie ihn ansah. Allein die Vorstellung, wie sie zusammen auf dem großen Bett lagen, erschöpft nach dem Liebesspiel, wenn sie denn nun endlich miteinander geschlafen hätten, trieb ihm leichte Schweißperlen auf die Stirn.
“Hier. Du siehst aus, als könntest du es gebrauchen.” Jessie trat neben ihn und reichte ihm ein Glas eiskaltes Mineralwasser.
Er nahm das Glas mit einem Lächeln an und war froh, dass Jessie nicht Gedanken lesen konnte. “Danke. Mit diesen Scheinwerfern kann man ja Spiegeleier braten.”
Jessie nickte. “Stimmt. Ich verstehe sowieso nicht, warum man bei Tageslicht zusätzlich noch diese Lampen braucht. Aber Tanya weiß, was sie tut. Tut mir leid, was ich dir da eingebrockt habe, aber sie hat wirklich eine sehr überzeugende Art.”
“Mir ist es lieber, deiner Freundin ein Exklusivinterview zu geben, als eine ganze Meute von Reportern auf meinen Fersen zu haben.”
Jessie sah zu Haley hinüber, die etwas weiter entfernt unter den Scheinwerfern saß. “Weiß sie, auf was sie sich einlässt?”
“Sie weiß es.” Besser, als Jessie ahnen konnte. “Sie wird schon damit fertig. Sie ist zäh.”
Jessie runzelte die Stirn. “Nicht so zäh, wie du denkst. Ich habe sie weinen gehört, als sie Joel die Windel wechselte und glaubte, niemand sei in der Nähe. Habt ihr euch gestritten?”
Ein mulmiges Gefühl beschlich ihn. “Nein.” Er schüttelte den Kopf. “Vielleicht ist sie nur nervös wegen des Interviews.”
“Oder vielleicht macht sie sich auch Sorgen um die Zukunft. Sei nett zu ihr, Bruderherz, sie ist es wirklich wert.”
Damit ging Jessie, um sich um die beiden Babys zu kümmern, und ließ Sam nachdenklich zurück. Haley hatte also geweint, sobald sie sich unbeobachtet fühlte. Wegen Joel? Oder seinetwegen? Wenn sie wegen ihm geweint hatte, würde das bedeuten, dass sie sich doch etwas aus ihm machte. Aber ihr distanziertes Verhalten und auch ihr Misstrauen ihm gegenüber ließen darauf schließen, dass dem nicht so war.
Allerdings war er auch überzeugt gewesen, er würde nie Vater werden. Und hier hatte er sich auch geirrt.
Bisher hatte er nur mit halbem Ohr dem Interview zugehört, das neben ihm stattfand. Bei Tanyas nächster Frage allerdings horchte er auf.
“Was hat Sie und Sam zusammengebracht?”
Unwillkürlich spannte er sich an. Er schämte sich nicht, weder für die Art, wie Joel gezeugt worden war, noch für sein Verhalten hinterher. Nach bestem Wissen und Gewissen war er damals überzeugt gewesen, das Richtige zu tun. Aber je nachdem, was Haley jetzt sagte, konnte sie aus ihm den größten Mistkerl aller Zeiten machen.
Und er konnte es ihr noch nicht einmal verübeln, wenn sie es tat. Das war ihre beste und einzige Waffe, um das Sorgerecht zu erhalten. Aber er hoffte so, dass sie es nicht tun würde. Nicht nur wegen Joel. Es würde ihn selbst zerreißen.
Zerreißen? Er hatte sich doch geschworen, sich nie wieder zu verlieben! Er brauchte nicht noch eine Frau, die ihn nur ausnutzte und manipulierte. Und Haley hatte beides versucht. Sie hatte sich in sein Haus, in sein Leben eingeschlichen. Und sie hielt ihn für fähig, anderer Leute Ideen zu stehlen.
Nein,
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