Julia Extra Band 0211
alle es wüssten.” Sie sah ihn beinahe vorwurfsvoll an. “Du hast es gewusst.”
Marcus lächelte. “Ich nehme aber nicht an, dass unsere Eltern schon begriffen haben, dass ihr – du und die Zwillinge – inzwischen erwachsen geworden seid. Sie haben deine Bewunderung für Dean nie wirklich ernst genommen. Du hast vermutlich meinem kleinen Bruder auch keine richtigen Liebesbriefe geschrieben, nicht wahr?”
Sie hatte ihre Briefe an Dean immer mit “In Liebe, Jenna” unterschrieben; doch seine wesentlich selteneren Antworten waren stets an sie und seine Schwester zusammen gerichtet gewesen. Auch seine Anrufe hatten ihnen beiden gleichermaßen gegolten.
Jenna hatte es nie etwas ausgemacht, Dean zu teilen. Sie war vielmehr dankbar gewesen, dass auch Katie keine Probleme damit zu haben schien. “Nein, keine Liebesbriefe”, erwiderte sie.
“Dean ist nicht grausam”, sagte Marcus besonnen. “Aber oft weiß er nicht, was in anderen vorgeht. Er hat es in deinem Fall wahrscheinlich nie gemerkt. Du warst eben einfach immer in seiner Nähe.”
Wenn Marcus recht hatte, dann war es vielleicht doch das Beste, jetzt nicht fernzubleiben. Das würde alle nur misstrauisch machen – auch Dean und Callie, was bestimmt noch unangenehmer wäre.
Der Einzige, dem es stets möglich war, sie zu durchschauen, war Marcus. Auch heute hatte er wieder verstanden, wie es in ihr aussah, als er sie – und die Familie – aus einer höchst unerfreulichen Lage gerettet hatte.
Als sie schwieg, fügte er hinzu: “Es ist natürlich ganz und gar deine Entscheidung. Aber wenn du mitkommst, verspreche ich dir, es für dich so erträglich wie möglich zu machen.”
Jenna holte tief Luft. “Also gut. Fahren wir.”
Er warf ihr einen seltsamen Blick zu. Sein Mund wirkte verschlossen, und er sah sie forschend an. Für einen Moment drückte er ihre Hand und ließ dann den Motor an.
Es wurde genauso schlimm, wie sie es sich vorgestellt hatte.
Marcus parkte vor dem großen alten Familienbesitz mit den hübschen Giebelfenstern. Sie gingen an Lavendelbüschen und Rosensträuchern vorbei durch die breite Eingangstür, die einladend weit offen stand.
Die Erwachsenen saßen gemeinsam im Wohnzimmer und tranken Kaffee oder Tee, während die Kinder draußen im Garten miteinander Fangen spielten.
Marcus erklärte seinen Eltern die Verspätung mit einem plötzlichen Hungeranfall seinerseits.
“Ihr hättet doch hier frühstücken können”, sagte seine Mutter vorwurfsvoll.
“Ich konnte nicht noch länger warten.” Er lächelte. “Und Jenna hat es auch nicht gutgetan, nichts im Magen zu haben.”
Mrs Crossan sah Jenna mitfühlend an. “Du bist tatsächlich ein bisschen blass.” Sie senkte die Stimme. “Deans Verlobung hat dich hoffentlich nicht traurig gemacht, meine Liebe?”
“O nein, das sind wunderbare Neuigkeiten”, schwindelte sie. “Callie ist sehr hübsch, nicht wahr? Und Dean sieht so glücklich aus.”
Mrs Crossans Blick wanderte zu dem Pärchen, das auf dem Sofa saß. Sie konnte ein Lächeln nicht unterdrücken. “Ja, sie scheinen sehr glücklich zu sein.”
Dean vermochte kaum seine Augen von Callie zu wenden. Nur flüchtig winkte er seinem Bruder und rief Jenna gleichgültig zu: “Ach, da bist du ja wieder!”
Eigentlich hätte sie erleichtert sein sollen, dass er sie nicht allzu genau unter die Lupe nahm. Aber stattdessen stieg eine derart heftige Eifersucht in ihr auf, dass sie am liebsten laut geschrien hätte.
Marcus nahm sie am Arm. “Gibt es noch Kaffee?” fragte er seine Mutter. “Komm, Jenna, holen wir uns eine Tasse.” Entschlossen zog er sie in die sonnendurchflutete Küche.
“Wir haben doch gerade erst einen getrunken”, sagte sie.
“Willst du lieber etwas Stärkeres?”
Jenna schüttelte den Kopf. Sie durfte jetzt nicht den Überblick verlieren.
Er reichte ihr einen Becher und tat auch gleich noch etwas Zucker hinein. “Hier.”
In diesem Moment trat Katie in die Küche. “Alles in Ordnung, Jenna?”
Ihre Freundin versuchte, nicht allzu fröhlich zu klingen. “Ja, natürlich. Du musst dich riesig freuen, deinen Bruder wieder zu Hause zu haben.”
Katie strahlte über das ganze Gesicht. “Erst jetzt merke ich, wie sehr er mir gefehlt hat.” Ihr Strahlen verschwand plötzlich. “Die Verlobung mit Callie hat mich allerdings schon überrascht. Er hat dir gegenüber doch auch nichts erwähnt, oder?” Sie schaute Jenna besorgt an.
“Überhaupt nichts. Du hättest es doch bestimmt als
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