Julia Extra Band 0211
blassen Blüten, die einen leichten Goldschimmer hatten.
Vorsichtig berührte Jenna eine Blume. “Das ist sehr hübsch.”
“Sie heißt ‘Erste Liebe’”, erklärte Marcus und warf ihr einen ironischen Blick zu. “Mir persönlich gefallen ja die markanteren Sorten besser.”
Jenna stiegen Tränen in die Augen. Erste Liebe. Eine zarte Blume, die irgendwann einmal verblüht.
Sie drehte sich um und strebte an Marcus vorbei dem Ausgang zu. “Wir müssen noch nicht zurück”, sagte er. “Sie werden uns nicht gleich vermissen.”
Niemand würde Jenna vermissen. Eine Woge von Selbstmitleid überkam sie. Nur nach Marcus würde bestimmt in kurzer Zeit gefragt werden. Er war immer so dominant – nicht nur wegen seiner Größe – und strahlte Selbstvertrauen und eine stille Autorität aus, die alle akzeptierten.
Jenna blieb vor einer Orchidee stehen, die auffallende bronzefarbene Blüten besaß. Sie kämpfte wieder gegen die aufsteigenden Tränen an und biss sich verzweifelt auf die Unterlippe.
“Mit dieser hier hat Dad schon einen Preis gewonnen”, erklärte Marcus. “Großartig, findest du nicht?”
“Ja.” Ihre Stimme klang heiser. “Wie … wie heißt sie?”
“Dark Delight.”
Er warf ihr einen raschen Blick zu und legte ihr die Hand auf den Unterarm. “Es wird vergehen, Jenna. Im Augenblick kannst du dir das wahrscheinlich nicht vorstellen, aber es stimmt.”
Sie hielt sich an dem Tisch fest, der vor ihr stand. “Ich will kein Mitleid von dir, Marcus.” Es wäre so leicht gewesen, sich zu ihm umzudrehen und sich in seine starken Arme zu werfen, um hemmungslos zu schluchzen. Aber ihr Stolz verbot es ihr.
“Entschuldige.” Er trat einen Schritt zurück.
“Ich wollte nicht undankbar sein.”
“Ich will keine Dankbarkeit, Jenna.”
“Du bist wirklich sehr lieb gewesen.” Sie drehte sich zu ihm um.
Ein seltsamer Ausdruck zeigte sich plötzlich auf seinem verschlossenen Gesicht – als ob er ihren Schmerz teilen würde. Mit einem Finger wischte er ihr eine Träne von der Wange. “Es wird bald vorbei sein.” Sein Daumen wanderte zu ihrer zerbissenen Unterlippe. Dann beugte sich Marcus auf einmal zu ihr und drückte sanft seinen Mund auf den ihren.
3. KAPITEL
Das Ganze dauerte nur eine Sekunde, aber Jennas erstarrtes Herz wurde für einen Moment gewärmt. Marcus blickte sie zärtlich an. “Kannst du jetzt wieder hineingehen?” Sie nickte. Plötzlich fühlte sie sich stärker.
Jenna half Katie und ihrer Mutter mit der Vorbereitung des Essens. Als alle um den großen Familientisch versammelt waren, herrschte eine so ausgelassene Atmosphäre, dass Jennas Schweigen niemand auffiel.
Nach dem Essen entdeckte Marcus sie in der Küche. “Sag es mir, wenn du gehen willst”, forderte er sie auf.
Jenna nickte erlöst. Sie verabschiedete sich von den Crossans mit dem Hinweis, dass es doch vor allem eine Familienfeier sei, und gratulierte Dean und Callie noch einmal zu ihrer Verlobung.
Wenige Minuten später saß sie in Marcus’ Auto und schnallte sich mit einem Seufzer der Erleichterung an.
Obgleich sie die ganzen Stunden über gegen die Tränen angekämpft hatte, die immer wieder in ihr aufstiegen, fühlte sie sich nun ganz leer und ausgehöhlt. Sie saß während der Heimfahrt stumm und mit trockenen Augen neben Marcus und betrachtete das Sonnenlicht, das sich auf dem Wasser im westlichen Hafenbecken spiegelte.
“Wirst du allein zurechtkommen?”, fragte Marcus nach einer Weile.
“Ich werde mir nichts antun, wenn du das meinst”, versprach sie ihm.
Er lächelte. “Das weiß ich doch. Aber wenn du lieber bei mir übernachtest, bist du mir jederzeit willkommen.”
Sie schüttelte den Kopf. “Nein, vielen Dank. Du bist wirklich sehr lieb gewesen, Marcus.”
“Das ist doch gern geschehen. Ich wollte auch nicht, dass Deans Rückkehr sich gleich zu einer kleinen Katastrophe entwickelt.”
Er mochte Mitleid mit ihr haben; aber hauptsächlich ging es ihm um seine Familie. Jenna hatte zwar stets auf irgendeine Weise dazugezählt. Doch sie war sich ziemlich sicher, dass er sie fallen lassen würde, wenn er eine Wahl zwischen ihr und den Crossans treffen müsste.
Das war schließlich nur natürlich – auch wenn sie dieser Gedanke nicht gerade aufheiterte.
“Schade, dass deine Mutter so weit weg ist”, meinte Marcus.
Sie war vor drei Jahren mit ihrem neuen Mann nach Invercargill, ans andere Ende Neuseelands, gezogen. “Ich bin inzwischen zu alt, um mich noch bei ihr
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