Julia Extra Band 0213
Schwester tippst? Und wieso du dachtest, sie hier erreichen zu können.” Langsam wurde Kendal ungeduldig. “Und weshalb wolltest du sie um diese Uhrzeit sprechen?”
Er zog die Augenbrauen hoch. “Fast die gleichen Fragen könnte ich dir auch stellen. Was hat dich dazu getrieben, im Morgengrauen aufzustehen und hierherzufahren?” Jetzt blickte er Kendal intensiv in die Augen. “Aber da du so unruhig wirst, will ich dir gerne zuerst antworten.” Er atmete tief ein. “Ralph hat mich in aller Herrgottsfrühe angerufen, da er Chrissie aus Italien unter ihrer Nummer nicht erreicht hat …”
Kendal war konfus. “Ralph …?”
“Ja, Ralph. Also wollte ich testen, ob ich Chrissie unter der Nummer antreffe.”
“Was hat Ralph denn sonst noch gesagt?”
“Darauf komme ich sofort zu sprechen. Zuvor beantworte du mir eine Frage.”
Kendal sah ihn mit großen Augen an. Fast eine Erpressung, dachte sie.
“Denkst du eigentlich immer noch, dass nur ich an allem schuld war? Dass ich Ralph zum Alkohol trieb und der Auslöser war für seine finanziellen Probleme …?”
“Ist es etwa nicht so gewesen?”, hielt Kendal ihm vor. “Du und Lauren, ihr habt gemeinsam den Plan ausgeheckt, ihn aus der Firma hinauszukatapultieren. Das willst du doch wohl nicht abstreiten.”
“Wir wollten Ralph nach Abschluss unserer Untersuchung loswerden, das schon – aber rein deshalb, weil das notwendig war im Interesse des Unternehmens, und aus keinem sonstigen Grund und keinem privaten Motiv! Und Ralph hatte mit Trinken lange vorher angefangen – er hat nicht getrunken, weil er seine Arbeit verlor, sondern der Grund für den Alkohol war seine Ehe.”
“Was willst du damit sagen?” Kendal fand dies eine ungeheuer gewagte Behauptung. Für Kendal hatte es sich so dargestellt, dass Ralph und Chrissie so lange glücklich miteinander waren, bis die finanziellen Schwierigkeiten auftraten. Und die sah Kendal eindeutig verursacht durch die grausame Art, wie Jarrad ihren Schwager aus seiner Firma hinausgeworfen hatte. “Sie sind ohne die Störungen von außen ein sehr glückliches Paar gewesen”, widersprach sie mit allem Nachdruck.
“Wirklich? Dann verrate ich dir jetzt etwas, das Ralph mir heute früh am Telefon anvertraut hat. Nämlich, dass es Chrissies Neurose war, die letztlich die Trennung verursacht hat, denn Ralph konnte irgendwann nicht mehr damit umgehen, dass sie nur noch schlechter Stimmung war, weil sie kein Baby bekam.”
Kendal mochte es immer noch nicht glauben. “Legst du dir das jetzt nicht so zurecht, damit du dich ganz unschuldig fühlen kannst?”
“Hör zu, was Ralph mir am Telefon noch gestanden hat. Ihre Eheprobleme spitzten sich dann richtig zu, nachdem
du
schwanger wurdest.”
Sie sah Jarrad entgeistert an. “Nachdem
ich
schwanger wurde?” Sie verstand die Welt nicht mehr. Die Zeit ihrer Schwangerschaft hatte zu den glücklichsten Monaten ihres Lebens gezhlt. Und sie hatte geglaubt, auch ihre Schwester würde sich, trotz ihrer eigenen Fehlgeburten, mit ihr freuen. Aber jetzt …
War Kendal damals so sehr mit sich selbst beschäftigt gewesen, dass sie gar nicht wahrnahm, wie es zu jener Zeit wirklich um ihre Schwester stand?
“Und soll ich dir auch noch erzählen, warum die beiden sich jetzt in Italien wieder zerstritten haben?”, fuhr Jarrad schonungslos fort.
Kendal sah ihn gequält an. Am liebsten hätte sie ihn angefleht, sie jetzt mit dieser Neuigkeit zu verschonen, denn sie wusste, es konnte nur eine sehr schmerzhafte Information sein.
“Der Grund war eine Kontroverse …, und Ralphs Weigerung, ein Kind zu adoptieren, falls Chrissie kein eigenes Kind zur Welt bringen kann.” Er sah Kendal herausfordernd an. “Würdest du da noch behaupten wollen, es sei ein Zufall, dass Chrissie ihren Mann in Italien zurückließ und just ein oder zwei Tage später unser Sohn entführt wurde …?”
“Wir wissen doch aber immer noch gar nichts Genaues dahingehend, ob sie überhaupt
hierhin
zurückgeflogen war und in der Zwischenzeit
hier
gewesen ist, oder?” Mehr fiel ihr nicht dazu ein, zumal jetzt, als wieder von Matthew die Rede war und sie wieder übermannt wurde von einer Welle der Angst und der Sehnsucht nach ihrem Kind.
“Wirklich nicht?” Jarrad hatte noch mehr zu berichten. “Dann hör jetzt gut zu. Ralph teilte mir nämlich noch mit, dass er Chrissie eigenhändig ins Flugzeug nach London gesetzt habe. Und da man von keinem Flugzeugabsturz gehört hat, muss sie wohl an dem Donnerstag
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