Julia Extra Band 0258
bereuen.“
In Hughs Zimmer brannte kein Licht, als Jo kurz nach acht an die Tür klopfte. Wenn er schon schlief, dann sollte es nicht anders sein.
Keine Chance.
Rasch wurde die Tür geöffnet. Durch das schwache Licht, das von der Beleuchtung der Veranda herüberschien, sah sie, dass er kein Hemd trug und die Jeans ohne Gürtel lose auf seinen Hüften saß, so als habe er sie gerade nur übergestreift.
„Hallo, Jo.“ Seine Begrüßung war höflich, aber ohne die sonstige Wärme.
„Hallo.“ Sie schluckte und bemühte sich, nicht auf seine breiten Schultern zu starren oder die muskulöse Brust. „Es tut mir Leid, wenn ich störe.“
„Ich habe noch nicht geschlafen.“ Er deutete mit dem Kopf in Richtung des dunklen Zimmers. „Aber Ivy schläft.“ Er trat auf die Veranda heraus und schloss leise die Tür. „Was willst du? Ist irgendetwas passiert?“
„Ich – ich habe mich gefragt, ob es okay wäre, wenn ich meine Meinung ändere? Was England angeht?“
Hugh antwortete nicht sofort. Er stand nahe der Wand, und sein Gesicht lag im Schatten, sodass Jo seine Reaktion nicht erkennen konnte und von plötzlichen Zweifeln überfallen wurde. Warum in aller Welt hatte sie nur auf ihre Mutter gehört?
„Ich würde dir gerne mit Ivy helfen“, erklärte sie.
„Warum hast du deine Meinung geändert?“
„Ich – ich habe über Ivy nachgedacht. Die Kleine hatte bislang so ein hartes Leben. Ich weiß, dass für sie jetzt alles in Ordnung kommt, aber wenn ich ihr die Eingewöhnung erleichtern kann, gleich von Anfang an …“
Wieder herrschte Stille. Hugh schien gar nicht mehr so erpicht darauf, dass sie mitkam.
„Bist du dir denn sicher, dass deine Familie dich entbehren kann?“
„Ja, ich habe mit Mum darüber gesprochen. Sie möchte sogar, dass ich euch begleite.“
„Tatsächlich?“ Zum ersten Mal klang Hugh amüsiert. „Nun, dann.“
„Steht – steht dein Angebot noch?“
„Ja“, sagte er schließlich.
Jo wartete. Sie fühlte sich schrecklich.
„Bist du dir sicher, dass du mitkommen willst?“
„Ja.“
„Gut.“ Sein Lächeln wirkte ein wenig vorsichtig, während er ihr die Hand reichte.
Das war alles? Ein Händeschütteln?
Jo war furchtbar enttäuscht, als sie wieder nach Hause ging. Irgendwie hatte sie schon ein wenig mehr Begeisterung erwartet.
In der Mitte der Straße blieb sie stehen und starrte in den mit Sternen übersäten Himmel hinauf. Sie wünschte, sie wäre bei ihrer ursprünglichen Entscheidung geblieben.
Warum in Gottes Namen hatte sie auf ihre Mutter und deren romantische Fantasien gehört?
4. KAPITEL
Hugh machte sich Gedanken. Nicht um Ivy – der machte das Fliegen überhaupt nichts aus. Aber irgendetwas stimmte nicht mit Jo.
Es war nicht ihr anfängliches Zögern, ob sie mit ihm nach England kommen sollte, das ihm Sorgen bereitete. Als sie aus Bindi Creek abfuhren, wirkte sie glücklich und aufgeregt, und sie lachte über ihren Vater, der sie davor warnte, nicht zu viel von England zu erwarten.
„England ist ein guter Ort für die Engländer“, scherzte er, doch sie überging seine düsteren Prophezeiungen, indem sie gutmütig lächelte und die Augen verdrehte.
„Du kannst sagen, was du willst, Dad, du wirst mich nicht abschrecken. Ich bin für alles vollkommen offen.“
Der Wandel setzte erst ein, als sie am Mascot Airport in Sydney ankamen, und Jo erkannte, dass sie nicht mit einem gewöhnlichen Linienjet fliegen würden.
„Hast du Angst, dass mein Flugzeug sich nicht in der Luft hält?“, scherzte Hugh, als er ihr blasses Gesicht sah.
„Nein, das ist es nicht. Ich kenne nur niemanden, der einen eigenen Privatjet besitzt, geschweige denn eine eigene Fluglinie. Mir war nicht klar, wie – reich du tatsächlich bist.“
Daraufhin hatte er erwartet, dass sie Fragen stellen würde. Da Jo selbst sehr direkt war, würde sie verlangen, dass er all seine Karten auf den Tisch legte. Doch zu seiner Überraschung blieb sie stumm.
Während des Flugs wirkte sie in sich gekehrt – obwohl sie wundervoll mit Ivy umging. Sie las ihr vor, half ihr mit einem Malbuch, und war unglaublich geduldig, als die Kleine darauf bestand, Pferde rot und Hühner blau anzumalen. Und als Ivy davon genug hatte, suchte Jo ihr einen passenden Film aus der Videosammlung aus und machte ihr ein Bett zurecht, als das Mädchen müde wurde.
Hugh hatte geglaubt, dass sie sich den Großteil des Flugs unterhalten, sich besser kennen lernen, vielleicht sogar einbisschen flirten
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