Julia Extra Band 0258
würden, aber Jo hielt Abstand. Sie schien fest entschlossen, nicht über die Rolle des Kindermädchens hinauszugehen – was sicherlich sehr vernünftig war –, aber Hugh war merkwürdig enttäuscht.
Sie wirkte erst lockerer, als sie in Stansted landeten. Humphries, Hughs Hausangestellter, holte sie ab, und als sie durch London fuhren, drückten sich sowohl Jo als auch Ivy die Nasen an der Wagenscheibe platt. Doch als sie in St. Leonard’s Terrace einbogen und vor seinem großen Haus vorfuhren, schien Jo wieder besorgt.
„Das ist dein neues Zuhause“, sagte sie zu Ivy. „Ist es nicht toll?“
„Es ist sehr groß“, antwortete Ivy, die den Kopf zurücklegte, um besser sehen zu können. Das kleine Mädchen runzelte die Stirn, als sie die anderen Häuser rechts und links die Straße hinunter betrachtete. „Warum sind die Häuser direkt aneinander gebaut?“
Jo lachte. „Damit viele Menschen in London hineinpassen.“ Ivy wandte sich an Hugh. „Wie viele Menschen passen in dein Haus, Daddy?“
„Einige, wenn ich eine Party feiere, aber die meiste Zeit werden es nur wir drei sein. Und Humphries. Oh, und Regina, meine Haushälterin.“
„Feierst du viele Partys?“, fragte Ivy ganz aufgeregt.
„Nicht mehr.“
Es hatte eine Zeit gegeben, in der die Partys kein Ende nahmen, aber jetzt erkannte Hugh durchaus irritiert, dass er sich auf ein ruhigeres Leben freute, in dem er Zeit hätte, Ivy kennen zu lernen.
Und Jo.
Er bemerkte, dass Jo in ihrer viel zu dünnen Jacke zitterte. „Morgen werden wir dir und Ivy als Allererstes anständige Wintermäntel kaufen“, sagte er.
„Mach dir um mich keine Gedanken“, protestierte Jo. „Ich werde nicht lange genug hier sein, dass es sich lohnen würde.“
Sie begegnete seinem Blick, schaute dann aber rasch wieder weg. Sie wirkte angespannt, und es schien, als wolle sie sich ganz bewusst von ihm distanzieren.
Regina begrüßte sie und bot ihnen Tee und Sandwiches an, aber weder Ivy noch Jo hatten Hunger.
„Du bist müde“, sagte Hugh zu Jo. „Am besten zeige ich dir und Ivy gleich eure Zimmer.“ Er ging davon aus, dass alles vorbereitet war, denn er hatte Humphries und Regina detaillierte telefonische Anweisungen gegeben.
„Ja, ich möchte mein Zimmer sehen“, rief Ivy ganz aufgeregt. „Ist es schön?“
„Ich hoffe, es gefällt dir. Komm, hier entlang.“
Während sie die Treppe hinaufgingen, schob Ivy ihre Hand vertrauensvoll in die von Hugh, und er spürte, wie eine Welle des Glücks in ihm aufstieg. Das war sein kleines Mädchen, und er brachte es endlich nach Hause.
„Da sind wir“, verkündete er, als sie im dritten Stock ankamen.
Die Tür zu Ivys Zimmer stand weit offen. Beim ersten Blick entfuhr dem Mädchen ein begeistertes „Wow!“
Regina hat sich Mühe gegeben, dachte Hugh, als er die neue Tagesdecke und die passenden Vorhänge mit hellgelbem, blauem und rosafarbenem Blumenmuster sah. Ein kleiner Schreibtisch mit Stuhl stand vor dem Fenster. Darauf lagen Buntstifte, Malblock, Kleber, eine Kinderschere und ein Lineal. Und neben dem Schreibtisch entdeckte er eine kleine Wiege und …
„Eine Babypuppe!“ Ivy sank auf die Knie, während sie mit großen Augen auf die Wiege hinunterblickte. „Sie ist genauso wie die von Tilly.“ Sie nahm die Puppe auf den Arm. „Oh, danke schön, Daddy.“ Dann stand sie auf und umarmte seine Beine. „Danke, danke.“
Hugh blinzelte die Tränen fort.
Neben ihm ging Jo in die Hocke und hob das Einhorn auf, das Ivy in ihrer Begeisterung fallen gelassen hatte. „Schau, Howard“, sagte sie und hielt das Kuscheltier neben die Puppe. „Du hast eine kleine Schwester.“
„Ja“, kicherte Ivy, griff nach Howard und umarmte beide Spielsachen. „Ich bin ihre Mummy.“
„Jetzt zu deinem Zimmer“, meinte Hugh an Jo gewandt. „Es gibt eine Verbindungstür, aber du und Ivy, ihr habt beide euer eigenes Badezimmer. Ist das okay?“
„Ist das okay?“, wiederholte Jo und warf ihm einen seltsamen Blick zu. „Hugh, machst du Witze? Natürlich ist das okay. Du hast das Haus meiner Familie gesehen.“
Bei der Erinnerung daran, dass neun Berrys sich ein einzigesBadezimmer teilten, spürte Hugh, wie er rot wurde. Rasch ging er Jo voraus. „Nun, wie auch immer, das ist dein Zimmer.“
Jo folgte ihm langsam und blickte sich mit grimmigem, schmalem Lächeln um. Sie trat an das große Doppelbett und fuhr mit den Fingerspitzen über den Goldbrokat der Tagesdecke.
„Schneeweiße Laken mit Brüsseler
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