Julia Extra Band 0258
er die Stirn und hob kurz die Augenbrauen, bevor er auf sie zuging.
Allein, ein Glas Champagner in der Hand, stand sie in einer Ecke und sah mit tadelnder Miene zu der Jagdtrophäe eines Eberkopfs an der Wand.
„Warum tragen Sie nicht auch die anderen Stücke der Kollektion?“, fragte er, als er sie erreicht hatte.
Wieder weiteten sich ihre Pupillen, er konnte es genau erkennen. Aber daran hatte er im Moment kein Interesse. Was ihn interessierte, war, warum sie nicht das Diadem, die Ohrringe und die Armbänder trug – wie er es angeordnet hatte.
„Also?“, setzte er nach.
Sie schien ihre Fassung wiedererlangt zu haben. „Sie wollen doch nicht wirklich, dass ich wie ein strahlender Weihnachtsbaum durch die Gegend laufe?“
„Und da haben Sie einfach eine Entscheidung getroffen?“
Sein Tonfall war milde, aber die Härchen an Annas Nacken richteten sich trotzdem auf.
Ich werde nicht nachgeben, dachte sie. Auf ihrem Zimmer hatte sie die gesamte Kollektion angelegt und daraufhin im Spiegel wie eine Christbaumkugel geglitzert.
„Jeder“, entgegnete sie spitz, „mit einem Hauch Geschmack hätte so entschieden.“
„Meine Anweisungen waren sehr eindeutig.“
„Aber Sie hatten Unrecht“, entgegnete sie standhaft. „Mehr als die einzelne Kette zu tragen, würde vulgär wirken.“
Seine Gesichtszüge erstarrten, und in seinen dunklen Augen veränderte sich etwas.
Lange sah er sie einfach nur an. Unter seinem durchdringenden Blick spannte sich Annas ganzer Körper an. Dann erkannte sie, was er tat. Er versuchte, sie einzuschätzen.
„Mr. Makarios“, meinte sie, „sicherlich möchte ein Mann wie Sie nicht vulgär erscheinen.“
Verwundert stellte sie fest, dass sie auf etwas hoffte, aber nicht genau wusste, worauf. Dennoch bekam sie es.
Um einen seiner Mundwinkel spielte ein winziges Lächeln – fast unsichtbar.
„Sie leben gefährlich“, sagte er leise. „Fordern Sie mich nicht heraus. Und jetzt gehen Sie und legen die Juwelen an.“
Damit wandte er sich um.
Anna brauchte ihre ganze Kraft, um nicht hinter ihm herzulaufen und die Hand gegen ihn zu erheben. Warum in aller Welt löste ein Mann wie Leo Makarios solche Gefühle in ihr aus? Er war doch nur ein weiterer reicher Kerl, der die Welt dafür bezahlte, so zu sein, wie es ihm gefiel. Und im Moment bezahlte er vier Models, damit sie seine Juwelen präsentierten.
Er wollte Diamanten? Dann sollte er Diamanten bekommen.
Während sie, so schnell es der enge Rock erlaubte, zu ihrem Zimmer ging, bemerkte sie nicht, wie sein Blick ihr über die Schultern eines Topmanagers hinweg folgte.
Nachdem sie aus seinem Blickfeld verschwunden war, setzte Leo sein Gespräch über die Auswirkungen des letzten G8-Gipfels auf den Welthandel fort.
Als das Kammerorchester seine Instrumente stimmte, nahmen die Gäste ihre Plätze im Ballsaal ein. Anders als die mittelalterlicheEingangshalle war der Ballsaal im Rokokostil gehalten, mit Spiegeln und extravaganten vergoldeten Schnitzereien an der Decke. Links und rechts vom Orchester standen zwei für die Models bestimmte Sofas. So konnten die Gäste die Levantsky-Juwelen ungehindert bewundern, während sie Mozart lauschten. Drei der Mädchen hatten ihre Plätze bereits eingenommen.
Auf der Suche nach Markos ließ die Rothaarige ihre Blicke über die Anwesenden schweifen. Die Augen der Brünetten waren nicht länger leer, wie Leo überrascht bemerkte, sondern sie unterhielt sich angeregt mit dem Musiker, der ihr am nächsten saß.
Er sah zu dem anderen Sofa. Die Blonde sah angespannter aus denn je. Der Platz neben ihr war leer.
Langsam verstummten die Gespräche der Zuhörer. Der Dirigent betrat das Podium.
In diesem Moment huschte die Schwarzhaarige in den Saal und setzte sich. Sittsam saß sie einfach nur da, die Hände im Schoß gefaltet.
Auf ihrem Kopf strahlte das Diadem, an ihren Ohren baumelten lange Ohrringe, etliche Armbänder schmückten ihre Arme, und die Kette funkelte an ihrem Hals.
In der Tat sah sie wie ein glitzernder Weihnachtsbaum aus.
Wütend presste Leo die Lippen zusammen.
Er hasste es, etwas falsch eingeschätzt zu haben.
Oder jemanden.
Annas Füße brachten sie um. Trotzdem lauschte sie höflich, als ein untersetzter deutscher Industrieller sie in die heilenden Kräfte des Wassers einweihte. Wasserkuren waren zwar nicht das faszinierendste Thema der Welt, aber der Industrielle behandelte sie wenigstens anständig. Und was noch besser war – er hielt die anderen Männer von ihr
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