JULIA EXTRA BAND 0261
er sie an.
„Luc! Was ist los?“
„Du willst mir doch bestimmt sagen, dass du abreist, oder?“
Sie erwiderte seinen Blick. „Ja. Das ist für alle das Beste.“
„Gut, dann lass uns gleich nach Thann fahren und dort ein Zimmer für dich im Hotel du Roi reservieren. Dort kannst du bis morgen bleiben.“
„Bis morgen? Was soll das heißen?“
„Das heißt, du kannst es vergessen, heute in die Champagne oder irgendwohin zu fahren.“
Sie blinzelte. „Das verstehe ich nicht.“
„Es gibt eine Sturmwarnung. Das passiert hier nicht sehr oft, aber wenn es geschieht, muss man auf alles gefasst sein. Derletzte Sturm vor drei Jahren hat fünfunddreißig Prozent aller Baumbestände vernichtet.“
Als Rachel stumm blieb, setzte er hinzu: „Sieh dich nur um, wenn du einen Beweis für meine Worte brauchst.“
Sie drehte sich um und sah, wie sich dunkle Wolken am Horizont zusammenballten.
„Das sieht ganz schön gefährlich aus.“
Vor allem aber bedeutete es, dass sie mindestens noch einen Tag miteinander verbringen würden – ob sie wollte oder nicht.
„Was ist mit den Rebstöcken in deinem Weinberg? Sind sie von dem Sturm bedroht?“
Sein Gesicht hatte jede Farbe verloren. „Nicht, wenn ich sie rechtzeitig stützen kann. Aber ich muss sofort aufbrechen und damit anfangen.“
„Lass mich dir dabei helfen.“
„Nein, das kommt gar nicht infrage.“
„Warum nicht? Jetzt habe ich doch Zeit. Du brauchst mir nur einen Job zu geben. Außerdem kann ich dir auf diese Weise etwas von deiner Großzügigkeit zurückzahlen.“
„Du hast mir doch schon einen großen Auftrag in Aussicht gestellt!“
„Traust du es mir nicht zu? Dann ist es wirklich besser, du fährst zum Weinberg, während ich ins Hotel fahre.“
Damit stieg sie ins Auto und war den Tränen nahe.
„Rachel, ich …“ Er brach ab.
„Was?“
„Glaub bitte nicht, dass ich dir für den Auftrag nicht dankbar bin.“
„Beweise es, und lass mich mit dir kommen.“
Darauf erwiderte er etwas auf Französisch, was sie nicht verstand. Als sie schon dachte, er wollte sich von ihr verabschieden, sagte er plötzlich: „Fahr mir hinterher!“
Das erfüllte sie mit so wilder Freude, dass sie glaubte, vor Glück zu platzen.
Wieder fuhr er sehr schnell, doch dieses Mal gelang es ihr besser, ihm zu folgen, weil der Verkehr nicht sehr dicht war.
Alle hatten die Sturmwarnung gehört und sich in ihre Häuser verzogen.
Sie hatte es getan, hatte ihm gesagt, dass sie mit ihm zusammen sein wollte. Und ihm schien es genauso zu gehen, dennauch er konnte sie nicht ziehen lassen.
Im Grunde war alles ganz einfach – zum ersten Mal im Leben hatte sie sich verliebt. So sehr verliebt, dass es schmerzte.
Sie nahmen eine Abkürzung durch Ribeauville, die sie durch die Berge vorbei an alten Steinhäusern, Schlossruinen und vielen Wegkreuzen führte.
Kaum hatten sie Lucs Haus erreicht, sprang sie aus dem Wagen und holte schnell ihren Koffer heraus. Er hatte das Haus bereits aufgeschlossen.
„Ich bin unten“, rief er ihr zu.
„Ich ziehe mich nur schnell um, dann bin ich bei dir.“
Es gab keine Zeit zu verlieren. In Windeseile zog sie etwas Bequemeres an, knotete ihre Wanderschuhe zu und lief dann schnell wieder nach unten.
Im Schuppen fand sie, wonach sie suchte – mehrere Kisten mit Stöcken für die Reben, Rollen mit Schnur und ein Schneidemesser.
Sie eilte hinaus und fand Luc auf der Seite des Weinbergs, wo die Reben am meisten Sonne bekamen.
Obwohl bereits durch Stöcke gestützt, mussten die Weinpflanzen zusätzlich festgebunden werden, wenn sie dem Sturm standhalten sollten.
Luc hatte bereits angefangen, eine Reihe war schon fertig. Er zeigte Rachel, was zu tun war. Bald arbeiteten sie Hand in Hand. Er bohrte die Stöcke in die Erde, und sie band die Schnur um die Reben.
Mit ihm zu arbeiten, war eine Offenbarung. Er war unglaublich präzise, machte keine überflüssige Bewegung.
Natürlich war sie viel langsamer als er, dennoch hörte er nicht auf, sie zu loben. Als sie die Hälfte geschafft hatten, hörte sie ein Donnergrollen.
Jetzt fiel ihr auch auf, dass der Wind stärker geworden war.
„Merkst du, dass es kühler geworden ist?“, fragte er.
„Ja, allerdings.“
„Wenn wir hier fertig sind, muss ich drinnen die Heizung anmachen.“
Bald roch es nach Regen. Blätter wirbelten durch die Luft, und der Donner klang jetzt viel näher. Auf einmal kam der erste Blitz, und Rachel schrie unwillkürlich auf.
Glücklicherweise waren
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