JULIA EXTRA BAND 0261
sie fast fertig.
„Das war viel zu nah“, meinte Luc, nahm sie ohne Umständehoch und trug sie auf seinen Armen zurück ins Haus, als wäre sie leicht wie eine Feder.
Kaum hatten sie die Tür hinter sich zugemacht, schlugen auch schon Hagelkörner, groß wie Tennisbälle, gegen die Scheiben.
Dann rollte der Donner richtig über sie hinweg, und die Erde bebte.
Erschreckt barg sie den Kopf an seiner Schulter. „Ich … In einem solchen Sturm war ich noch nie.“
„Wie konnte ich nur so egoistisch sein“, sagte er zerknirscht. „Du hast dort draußen fast dein Leben für meine verdammten Reben riskiert.“
Seine Reue ging ihr zu Herzen. „Vergiss nicht, diese verdammten Reben sind im ganzen Elsass berühmt.“
Aber Luc machte sich bittere Vorwürfe. „ Mon Dieu, Rachel. Wenn dir etwas zugestoßen wäre …“
„Es ist doch gar nichts passiert“, beruhigte sie ihn. „Aber ich muss sagen, Reben zusammenzubinden ist eine ziemlich dreckige Arbeit. Macht es dir etwas aus, wenn ich mich umziehe?“
„Nein, natürlich nicht.“ Erst jetzt schien er zu bemerken, dass er sie die ganze Zeit über in den Armen gehalten hatte, und widerstrebend ließ er sie los.
„Geh doch erst einmal unter die Dusche. Dann kann ich in der Zwischenzeit schon mal das Essen vorbereiten. Nach der harten Arbeit musst du ja am Verhungern sein.“
Rachel lief hoch ins Badezimmer. Als sie dort das Licht anmachen wollte, stellte sie fest, dass der Strom ausgefallen war. Das sah nach kalter Küche aus.
Vielleicht gelang es ihr ja, ihn beim Essen dazu zu bringen, über seine Dämonen zu sprechen. Irgendetwas Schreckliches, vielleicht sogar Tragisches schien ihn zu verfolgen. Wenn sie ihm doch nur ein wenig von seinem Leid abnehmen könnte …
Nachdem sie sich umgezogen und frisch gemacht hatte, ging sie hinunter ins Wohnzimmer und sah sich interessiert um.
In dem großen Raum gab es einen Kamin, davor standen mehrere Sessel und ein Sofa. Alles wirkte sehr gemütlich.
Inzwischen war der Sturm vorübergezogen. Aber noch regnete es in Strömen, und aus der Ferne grollte gelegentlich Donner. Am liebsten hätte Rachel es sich mit Luc auf dem Sofa gemütlich gemacht.
Die beiden Panoramafenster boten einen umwerfenden Blickauf den Weinberg. Sie warf einen Blick in die angrenzende Küche. Vor dem Fenster stand ein Bistrotisch mit zwei Stühlen. Luc hatte eine Kerze angezündet, die sich im Glas widerspiegelte. Die ganze Atmosphäre im Haus gefiel ihr sehr.
Sie ging zu ihm in die Küche, wo er das Essen zubereitete. Er hatte sich ebenfalls umgezogen und trug jetzt ein schwarzes Seidenhemd und schwarze Hosen. Bei seinem Anblick machte ihr Herz einen kleinen Satz.
Nun wirkte er auch nicht mehr so angespannt wie früher.
„Ich hätte nie gedacht, dass du meinetwegen im Schlamm knien würdest, nur um mein terroir zu retten“, sagte er lächelnd.
„Es hat sich gelohnt, selbst wenn keine einzelne Rebe überlebt hätte. Jetzt erst verstehe ich, was es bedeutet, Winzer zu sein. Und mit was für Schwierigkeiten man als Winzer zu kämpfen hat.“
„Glücklicherweise sind solche Stürme sehr selten.“
„Glaubst du, dieser hat großen Schaden angerichtet?“
„Das weiß ich erst, wenn meine Manager mir die Zahlen präsentieren.“
Sie kam näher. „Kann ich dir irgendwie helfen?“
Er schüttelte den Kopf. „Nein, dank meiner maman haben wir mehr als genug Essen im Haus, das nicht gekocht werden muss.“
„Was ist mit Wein?“
Er schmunzelte. „Glaubst du etwa, ich würde meinen eigenen Weinkeller vernachlässigen? Möchtest du hier in der Küche essen oder vor dem Kamin?“
„Ich finde, wir sollten das Hauptgericht hier zu uns nehmen und das Dessert im Wohnzimmer essen. Der Nachtisch kommt von mir, lass dich überraschen.“
„Ich bin gespannt.“
Sie setzten sich an den kleinen Bistrotisch mit der rotweiß karierten Decke. Lächelnd sah Rachel Luc zu, wie er mit gesundem Appetit mehrere Quiches und einen Pfirsich verspeiste. Auch sie probierte von den kleinen Pasteten.
„Köstlich! Die beste Quiche Lorraine, die ich je gegessen habe.“
„Quiche Alsacienne“, verbesserte er sie und nickte. „Ja, das ist die Spezialität von maman .“
„Sag deiner Mutter bitte, sie sollte ein eigenes Restaurant aufmachen.“
„Aus deinem Mund ist das ja ein richtiges Kompliment.“
Als sie fertig waren, trug Rachel die Teller zum Spülbecken.
„Warte hier, ich bin gleich wieder da.“
„Ich kann es kaum erwarten.“
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