JULIA EXTRA BAND 0274
Leandro sie wenigstens ein bisschen vermissen, wenn er ihr Verschwinden bemerken würde? Sie waren nur so kurze Zeit ein Teil seines Lebens gewesen. Heute am frühen Morgen hatte sie Leandro ins Zimmer kommen hören. Sie hatte sich schlafend gestellt, hatte aber gespürt, dass er neben ihr am Bett stand, und gehört, wie er tief seufzte. Vermutlich ein Seufzer des Bedauerns darüber, dass er sie nach Spanien geholt und geschworen hatte, sie zu heiraten, obwohl er doch eigentlich nur seinen Sohn wollte.
Er war unfähig, sie zu lieben; das war jetzt offensichtlich, und Isabella hatte beschlossen, nach England zurückzukehren. So unangenehm und lästig es für Leandro auch sein mochte, nach London kommen zu müssen, wenn er seinen Sohn sehen wollte, so konnte Isabella ihm dieses Szenario nicht ersparen. Sie würde versuchen, in England möglichst bald ihr Buch zu beenden, und würde hart arbeiten, um finanziell unabhängig zu sein und Raphael eine gute Zukunft zu ermöglichen. Falls Leandro zum Wohlergehen seines Sohnes finanziell beitragen wollte, so war ihm dies unbenommen, aber sie würde ihre eigenen Bedürfnisse nicht von seinen Forderungen beeinträchtigen lassen. Sie war in der Vergangenheit viel zu fremdbestimmt gewesen, aber das würde sie in Zukunft nicht mehr zulassen.
Leandro ging vom Set zu seinem Wohnwagen, wo er sich auf einem Stuhl niederließ und die Boulevardzeitung zur Hand nahm, die er sich von einem Komparsen geliehen hatte. Ein Bild von Isabella und ihm prangte auf der Titelseite …
Und jeder, der Augen im Kopf hatte, konnte auf Anhieb sehen, dass Leandro total verliebt in diese bildschöne Frau war, die er offensichtlich gerade geküsst hatte. Er brauchte eigentlich nicht dieses Foto anzustarren, um sich selbst zu bestätigen, was er wirklich für Isabella fühlte. Er schämte sich beinahe für die Art, wie er sie letzte Nacht behandelt hatte. Sie alleine im Bett zurückzulassen, obwohl es so offensichtlich war, dass sie sich nach einer liebevollen Reaktion von ihm gesehnt hatte, war wirklich unmöglich gewesen! Aber erhatte nicht anders gekonnt: Nur seinem Vater hatte er jemals gestattet, ihm wirklich nahezukommen. Selbst seine Mutter hatte er mehr auf Distanz gehalten, als sie verdiente. Würde er sich in Zukunft vielleicht sogar seinem Sohn Raphael gegenüber so unnahbar verhalten? Madre mia! Isabella hatte schon so viel mit ihm geteilt – ihre Freundschaft, ihre Loyalität und ihren Körper … Und sie hatte ihm einen Sohn geschenkt – ein Kind, das sie allein zur Welt bringen musste, weil er, Leandro, zu misstrauisch gewesen war, um ihr seine Telefonnummer zu geben.
Er hatte den Preis für seine Dummheit und seinen Mangel an Vertrauen bezahlen müssen – sein Sohn war in den ersten neun Monaten seines Lebens ohne seinen Vater aufgewachsen. Dieser Unsinn durfte so nicht weitergehen! Wenn die Gefühle, die er für Isabella empfand, nicht Liebe waren, was dann?
Schmerzhaft erinnerte er sich an den Ausdruck auf ihrem Gesicht, als er auf ihre Liebeserklärung so kühl reagiert hatte. Er rieb sich das Kinn und fluchte. Spätestens heute Morgen hätte er mit ihr sprechen sollen. Was, wenn sie das als Hinweis darauf auslegte, dass er sie nicht mehr im Haus haben wollte? Was, wenn sie gerade auf dem Weg zum Flughafen war? Er sah auf die Uhr und überlegte, ob er es nach Hause und wieder zurück schaffen könnte, bevor der Dreh weiterging. Dann sprang er auf. Er musste dringend mit seinem Regieassistenten sprechen und ihm eine Planänderung bekannt geben.
Isabella hatte Raphael mit ins Freie genommen und saß mit ihm im Patio in einem geschnitzten Schaukelstuhl. Sie gab ihm gerade sein Fläschchen, als sie plötzlich ein Auto in den Hof fahren sah. Im nächsten Moment sah sie Leandro aussteigen und entschlossen auf sie zukommen.
„ Hola.“ Er strahlte sie an, und sie wunderte sich, wie sie zu der Ehre kam, nachdem sich ihre Beziehung zueinander letzte Nacht eher unerfreulich gestaltet hatte.
„Hi. Ich dachte, ihr dreht heute.“
„ Sí. Aber ich habe mir etwas freigenommen, um für eine Weile nach Hause zu kommen.“
Er beugte sich herunter und drückte Raphael einen sanftenKuss auf die Wange. Das Baby hörte auf, an seinem Fläschchen zu nuckeln, und belohnte seinen Vater mit einem Lächeln.
„ Increíble“, murmelte Leandro leise und konnte nicht widerstehen, seinen Sohn noch einmal zu küssen, während er den kleinen Jungen seinen Zeigefinger umfassen und festhalten
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