JULIA EXTRA Band 0281
geraumer Zeit seine Sucht bereitwillig unterstützten, gnadenlos ausgeliefert. Nach Marcos’ Ansicht ein verdientes Ende.
Das Einzige, was ihm noch mehr Befriedigung verschaffen könnte, wäre eine Konfrontation mit Aziz von Angesicht zu Angesicht. Nach dem, was dieser Mann seinem Vater angetan hatte, wäre es Marcos ein ganz besonderes Vergnügen, ihm höchstpersönlich den Hals umzudrehen.
Er hatte die verdammten Lügen, Geheimnisse und das endlose Warten so satt und wollte den Mann, der seine Familie zerstört hatte, endlich am Boden sehen.
Aus schmalen Augen betrachtete er Tamsins atemberaubende Figur und das feuerrote Haar, das in einer wilden Lockenkaskade über ihren Rücken herabfloss. Als sie leicht den Kopf drehte, bot sich ihm ihr reizendes Profil zur Ansicht. Die Haut war cremig weiß wie der Winter und wirkte so weich und zart wie eine Sommerbrise.
Er sehnte sich danach, sie zu berühren, um festzustellen, ob er recht hatte mit seinen quälenden Fantasien … zu sehen, ob ihr Haar wirklich wie züngelnde Flammen lodern würde, wenn er es in einer leidenschaftlichen Umarmung zerwühlte …
Marcos schob die dunklen Brauen zusammen und verzog angewidert das Gesicht ob seiner ungewohnten Schwäche. Die Erkenntnis, dass Tamsin Winter auch ohne ihr Zutun die Macht besaß, ihn aus der gewohnten Ruhe zu bringen, frustrierte ihn zutiefst.
Sie war seine Gefangene, nichts weiter!
„Du wirst mir heute Abend beim Dinner Gesellschaft leisten.“ Es war ein Befehl, keine Einladung.
„Eher würde ich sterben“, gab sie mit verächtlich gekräuselten Lippen zurück.
„Wie du wünschst.“ Mit angespannter Miene wandte sich Marcos zu seinem Bodyguard um, der sich diskret im Hintergrund hielt. „Reyes, sperr Miss Winter in den Turm.“
„Nein!“ Mit vor Entsetzen geweiteten Augen trat sie rasch einen Schritt auf ihn zu. „Sie können mich nicht einsperren!“
„Ich kann und ich will.“ Der Raum, den er für sie vorbereitet hatte, war groß, hell, komfortabel und weit entfernt vom Turm, aber das würde er ihr ganz sicher nicht auf die Nase binden. Nicht nach dem, was er heute ihretwegen hatte durchmachen müssen. „Du gibst mir keinen Grund, deine Gesellschaft zu suchen.“
Tamsin ballte ihre Hände zu Fäusten, um ihre Wut zu bezwingen. Ihr Gesicht wurde dabei schneeweiß vor Anstrengung. „Ich habe meine Meinung geändert“, murmelte sie tonlos. „Ich möchte sehr gern mit Ihnen dinieren …“
Endlich! Marcos verspürte ein geradezu lächerliches Gefühl der Erleichterung. Offensichtlich schien Miss Winter langsam zu begreifen, wie die Waffen verteilt waren.
„Wir werden das Dinner in der sala einnehmen, Nelida“, informierte er seine Haushälterin, die lautlos die Halle betreten hatte. „Es ist bereits sehr spät. Bring ruhig alle Gänge auf einmal. Wir bedienen uns dann selbst.“
„ Sí, Patrón.“
„Ich halte dich auf dem Laufenden …“ Marcos entließ seinen Bodyguard mit einem bedeutungsvollen Blick. Reyes nickte, gab dem Rest der Sicherheitstruppe einen Wink und zog sich im Gefolge der anderen Bodyguards zurück.
Marcos bot Tamsin seinen Arm. „Hier entlang.“
Misstrauisch beäugte sie seinen ausgestreckten Arm. Ihre blauen Augen mit den langen Wimpern, umrahmt von schwarzem Kajal, wirkten so uferlos und tief wie das Meer. Seine höfliche Geste zu akzeptieren, war offensichtlich das Letzte, was sie wollte.
Doch dann lächelte sie Marcos zu seiner Verblüffung strahlend an und legte ihre schmale Hand in seine Armbeuge. Die frappierende Wandlung von ihrer zuvor düsteren Miene zu einem Gesichtsausdruck, der fast an Begeisterung grenzte, nahm ihm den Atem.
„Danke, sehr freundlich …“ Es klang wie das Schnurren eines Kätzchens, und der Blick, den sie ihm jetzt unter gesenkten Lidern zuwarf, war wie ein Versprechen.
Instinktiv zog Marcos sie näher an sich heran. „Folgen Sie mir, Miss Winter …“, murmelte er heiser, erneut aus dem Gleichgewicht gebracht.
Ihr Lachen klang klar wie Kristall und war reine Musik in seinen Ohren. Fast zärtlich berührte sie seine Schulter. „Nennen Sie mich doch einfach Tamsin, Mr. Ramirez …“, bat sie kokett. „Wenn wir schon gezwungen sind, die nächsten Wochen unter einem Dach zu verbringen, können wir wohl auf unnötige Formalitäten verzichten. Deshalb werde ich dich auch ab sofort Marcos nennen …“
Seinen Vornamen aus ihrem Mund zu hören und die ungewohnte vertrauliche Anrede weckten in ihm einen Appetit, der weit
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