JULIA EXTRA Band 0281
nächsten lag, und als er den Stuhl für sie zurechtrückte, streifte sie sein markanter Duft. Er roch nach Sonne, der mediterranen See und irgendetwas anderem … undefinierbar, aber ungeheuer männlich.
Sein Duft, der athletische Körper und die dunkle Stimme reizten ihre Sinne und brachten jeden Nerv in ihrem Inneren zum Vibrieren. Es war … schrecklich verwirrend. Wie konnte sie sich zu jemandem hingezogen fühlen, dem sie gleichzeitig am liebsten eine Kristallvase auf dem Kopf zerschlagen hätte?
„Möchtest du einen Drink?“
Sie zögerte nur ganz kurz. „Ja, danke.“
Er ging zur Bar am Ende des Esszimmers, und Tamsin verfolgte jeden seiner Schritte. Groß und breitschultrig bewegte er sich mit der kraftvollen Grazie einer Raubkatze. Als er sich zu ihr umwandte, senkte sie wie ertappt den Blick.
Doch dann schaute sie gleich wieder auf und lächelte ihm entgegen. Mit dem nachtschwarzen gelockten Haar, den dunklen Bartschatten und den herausfordernd funkelnden Augen wirkte er wie der Freibeuter, der er in ihren Augen auch war. Sein markant geschnittenes Gesicht hingegen ließ nicht die leiseste Regung erkennen und erinnerte an die kalte Schönheit von Michelangelos Statuen.
Wie ein dunkler Engel, dachte Tamsin und schauderte.
„Der Brandy stammt von meinen eigenen Weinbergen.“ Marcos stellte die Gläser auf dem Tisch ab und setzte sich neben Tamsin. Als er dabei ihr nacktes Knie berührte, zuckte sie heftig zusammen.
Erstaunt hob er die Brauen. „Mache ich dich etwa nervös?“
Tamsin errötete und ärgerte sich darüber, dass sie wie die zimperliche Jungfrau reagierte, die sie nun mal war. „Nein, ich … du hast wirklich sehr lange Beine“, stammelte sie verlegen.
„ Gracias.“
Himmel, war sie unbeholfen! Vielleicht versuchte sie es mal mit einem verruchten Augenaufschlag. „Mir gefallen große, starke Männer … mit kräftigen Muskeln, die ordentlich zupacken können.“
„Oh, ich habe nicht nur Kraft, sondern auch eine bemerkenswerte Ausdauer …“, murmelte er gedehnt und zwinkerte Tamsin über sein Brandyglas hinweg amüsiert zu. „Ich kann die ganze Nacht über … zupacken, wann und wo immer du willst.“
Das ging nun wirklich zu weit!
Mit Marcos zu flirten war nicht mit dem leichtherzigen Partygeplänkel der Londoner High Society zu vergleichen! Er war keiner der blassgesichtigen Earls oder bulligen Finanzgrößen, mit denen sie es sonst zu tun hatte, sondern ein echter Mann – fordernd und gefährlich. Und sie war seine Gefangene, in seinem castillo.
Sich auf ihn einzulassen, war ein Spiel mit dem Feuer.
Du kannst das, machte Tamsin sich Mut. Lass ihn glauben, dass du ihn willst. Benimm dich wie die Frau, für die er dich hält. Küss ihn … jetzt!
Sie konnte es nicht tun. Sie hatte einfach nicht die Nerven dazu.
Mit zitternden Fingern griff Tamsin nach ihrem Brandyglas, setzte es an die Lippen und nahm einen großen Schluck. Prompt verschluckte sie sich an dem scharfen, ungewohnten Getränk und musste husten.
„Langsam, langsam …“ Marcos klopfte ihr leicht auf den Rücken. „Keine Erfahrung mit Brandy?“
Tamsin fühlte sich absolut unerfahren, und nicht nur, was den Brandy betraf!
„Ich hatte einfach Durst“, behauptete sie zaghaft.
„Ja, das ist nicht zu übersehen.“ Seine grauen Augen glitzerten. „Und Hunger wahrscheinlich auch.“
„Sehr sogar.“ Tamsin trank noch einen Schluck von dem Brandy, diesmal aber vorsichtiger. „Übrigens … ich habe mich noch gar nicht bei dir bedankt, nicht wahr?“
„Wofür?“, fragte Marcos misstrauisch.
„Dafür, dass du mich entführt und vor Aziz gerettet hast.“ Ihr Augenaufschlag war hinreißend, verschärfte aber nur noch sein Misstrauen.
„Gerettet? Du warst doch so wild darauf, Aziz zu heiraten, dass du fast über Bord gesprungen und nach Marokko zurückgeschwommen wärst“, erinnerte er sie.
„Da war ich voller Panik, weil ich keine Ahnung hatte, was du mir antun würdest. Aber ich wollte Aziz nicht heiraten … niemals! Er hätte mich irgendwo in der Wüste eingesperrt. Tausende von Meilen von jeglicher Zivilisation und Shoppingmeile entfernt!“ Tamsin schauderte sichtbar. „Was für ein Albtraum für eine Frau.“
„ Qué lástima, da hast du völlig recht“, spottete Marcos. „Eine echte Tragödie.“
Tragisch ist einzig und allein, wie leicht du diesen Unsinn schluckst, dachte Tamsin verächtlich und schenkte ihm ihr reizendstes Lächeln. Dann beugte sie sich vor und legte ihre
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