JULIA EXTRA Band 0286
hirnrissige Bedingungen zu stellen, denn sie wüsste, dass …“
„Was wüsste sie?“, fragte Harriet vollkommen verwirrt.
Im ersten Moment glaubte sie, dass Ben nicht antworten würde, doch dann schien er nicht anders zu können und platzte heraus: „Sie wüsste, dass du für mich das bist, was einer Schwester am nächsten kommt, und darüber hinaus meine beste Freundin, und dass du für mich keinerlei andere Gefühle hegst als ich für dich. Himmel, nur weil sie selbst nie enge Freunde anderen Geschlechts hatte, heißt das doch nicht … Und zu behaupten, du wärst heimlich in mich verliebt, das ist einfach lächerlich!“
Harriet brauchte ein paar Sekunden, um zu verstehen, was Ben ihr da gerade sagen wollte, doch nachdem sie es begriffen hatte, protestierte sie sofort. „Das kann sie doch unmöglich denken! Du musst sie missverstanden haben.“
„Ich wünschte, es wäre so“, erwiderte er düster.
„Pass auf, Ben, lass mich mit ihr reden“, bot sie an.
„Nein. Nein! Das hat keinen Sinn. Sie wird dir nicht glauben, Harry. Und das ist es, was mich wirklich auf die Palme bringt. Ich habe ihr mein Wort gegeben, dass ich ihr gegenüber, was uns beide anbelangt, vollkommen offen und ehrlich war, doch das scheint ihr nicht zu genügen.“ Er zuckte frustriert die Achseln.
Harriet sah ihn besorgt an, da sie die wachsende Verbitterung in seiner Stimme nicht überhören konnte.
„Angeblich haben ihre Freundinnen ihr geraten, Beweise für meine Worte zu verlangen“, fuhr er fort, „und nun will sie, dass ich dich komplett aus meinem Leben verbanne.“ Zorn funkelte in seinen Augen.
„Vielleicht meint sie das gar nicht so ernst“, entgegnete sie sanft.
„Doch“, erwiderte er, „sie sagt, wenn ich sie liebe, dann erfülle ich ihr diesen Wunsch. Denn sie sei nicht bereit, eine andere Frau in meinem Leben zu akzeptieren, die mir mehr bedeutet als sie. Und sie behauptet, wenn ich mich nicht auf ihre Forderung einlasse, sei das wiederum der Beweis, dass du mir tatsächlich mehr bedeutest! Ich habe alles versucht, um ihr klarzumachen … ich habe ihr gesagt, wie altmodisch und dumm sie sich verhält, und dass, wenn sie mich lieben würde, sie meinem Wort auch vertrauen würde. Schließlich kenne ich dich wesentlich besser, als sie dich kennt. Oder bist du etwa heimlich in mich verliebt?“
Harriet brach spontan in Gelächter aus. „Nein, das bin ich nicht!“, antwortete sie wahrheitsgemäß.
Im Grunde konnte sie sogar verstehen, wie der Streit so schnell eskalieren konnte, auch wenn Cindis Unterstellungen, sie würde wissentlich versuchen, eine Beziehung zu zerstören, sie beleidigten. Um diese Situation herbeizuführen, brauchte es nur zwei Menschen, die sich leidenschaftlich ineinander verliebt hatten, sich aber noch nicht besonders gut kannten, dazu dann noch eine gehörige Portion weibliche Eifersucht, ein Hauch Unsicherheit, männlicher Stolz, und schon hatte man alle Zutaten für eine höchst explosive Mischung beisammen.
Im Moment mochte Ben wütend und verärgert sein, doch sie hatte auch den Schmerz bemerkt, den er krampfhaft zu verbergen suchte. Ganz automatisch beugte Harriet sich über den Schreibtisch vor und griff nach seiner Hand, die sie tröstend drückte.
Als Matt Cole am Büro seines Kreativdesign-Teams vorbeikam, blieb er abrupt stehen und beobachtete die intime Geste, mit der Harriet sich zu Ben hinüberbeugte, seine Hand ergriff und ihn voller Emotionen ansah.
Matt war sechsunddreißig Jahre alt, Kopf einer äußerst erfolgreichen und profitablen Firma, und er galt als scharfsinnig und intelligent – warum in aller Welt war ihm dann nicht sofort bei seiner ersten Begegnung mit Harriet aufgefallen, was mit ihm geschah? Warum hatte er nicht gleich Gegenmaßnahmen ergriffen?
Weil er damals in grenzenloser Arroganz geglaubt hatte, er verfüge über ausreichend Kontrolle und Willenskraft, um seine Gefühle in Schach zu halten, deshalb! Natürlich hatte er die spontane Anziehungskraft zwischen ihnen beiden bemerkt, aber er hatte sie als unwesentlich abgetan, hatte sich eingeredet, dass es keine Rolle spielte, wenn er diese Frau attraktiv fand, weil er ja Berufliches und Privates immer strikt getrennt hielt. Und da er bislang noch nie Schwierigkeiten gehabt hatte, sich an diese Regel zu halten, konnte er sich auch diesmal nicht vorstellen, dass irgendwelche Probleme auftauchen würden.
Doch er hatte die Macht seiner eigenen Gefühle unterschätzt. Und zwar massiv.
Er war das
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