Julia Extra Band 0293
Ich wollte nicht spionieren, aber er war auf den Boden gefallen. Und die Sachen lagen da einfach auf dem Teppich … ich konnte ihn gar nicht übersehen.“
„Ich hätte ihn besser verstecken sollen“, erwiderte Ethan.
Schade, dass sie den Ring schon entdeckt hatte. Nun war seine Überraschung ein bisschen verdorben.
„Du wolltest also nicht, dass ich ihn sehe?“ Sie klang seltsam enttäuscht.
„Stimmt. Das heißt, noch nicht jetzt. Nicht bevor ich dir eine sehr wichtige Frage gestellt und eine Antwort bekommen habe.“
„Welche Frage?“, flüsterte sie.
Er stand auf und ging um den Tisch herum zu ihr. Sanft nahm er ihre Hand, die sich eiskalt anfühlte.
„Ich weiß, dass alles viel zu schnell geht, aber das ist nun mal, wie es aussieht, unser Tempo“, begann Ethan. „Ich liebe dich, Claire. Ich glaube, ich habe nie aufgehört, dich zu lieben. Ich möchte mit dir leben. Willst du mich heiraten? Ein zweites Mal?“
Tränen traten ihr in die Augen, aber es schienen keine glücklichen zu sein, obwohl sie antwortete: „Ich liebe dich auch.“
„Wieso habe ich das dumpfe Gefühl, dass jetzt ein Aber folgt?“, fragte er voll Unbehagen.
Eine Träne rollte ihr über die Wange. „Wirst du behalten, was in deinem Aktenkoffer ist, wenn ich deinen Antrag ablehne?“
„Wieso sollte ich? Ein Geschenk nimmt man nicht zurück.“
„Das ist ein Geschenk?“, hakte sie nach. „Im Wert von mehreren Millionen Dollar?“
„Claire, der Brillant hat zwar einige Karat, aber so wertvoll ist er nun auch wieder nicht.“
„Brillant?“ Jetzt wirkte sie völlig verwirrt.
Ethan rieb sich den Nacken. „Kann es sein, dass wir beide von zwei völlig verschiedenen Dingen sprechen?“
„Ich habe die Offerte meines Vaters gesehen.“
„Diesen verfluchten Vertrag!“
„Ja. Wann hat er dir angeboten, dein Teilhaber zu werden, Ethan?“
„Am Freitag. Er kam einfach in mein Büro und überraschte mich mit dem Angebot.“
„Und du hast es bisher nicht für nötig gehalten, mich zu informieren?“, fragte Claire eisig.
„Ich wollte dich nicht aufregen. Immerhin ist Weihnachten. Demnächst hätte ich mit dir darüber geredet“, verteidigte er sich.
„Was hast du meinem Vater gesagt?“
Ethan hatte das Gefühl, von einem Boxhieb getroffen worden zu sein. „Natürlich habe ich sein Angebot abgelehnt. Musst du das wirklich noch fragen?“
„Tut mir leid.“ Doch sie schien ihre Frage nicht zu bedauern.
„Und mir erst!“, rief Ethan, plötzlich außer sich. „Ich dachte, du vertraust mir.“
„Und ich dachte, du betrachtest mich endlich als erwachsene Frau!“, konterte sie, nicht weniger heftig.
„Was soll das nun wieder heißen?“
Erneut rollte ihr eine Träne über die Wange, als sie den Kopf schüttelte. „Nur Kindern erspart man die Wahrheit, wenn sie nicht so einfach zu verkraften ist. Nur Kinder verhätschelt und verzärtelt man und behütet sie vor dem richtigen Leben. Indem man ihnen ihr Leben vorschreibt.“
Hastig zog sie die Hand aus seinem Griff und stand auf. Wütend warf sie die Serviette auf den Tisch.
„Ich erlaube meinen Eltern nicht länger, mich zu gängeln. Warum glaubst du, ich würde es dir durchgehen lassen, Ethan?“
Jetzt ließ auch er seinem Zorn freien Lauf. „Entschuldige bitte, dass ich Rücksicht auf dich genommen habe und deine Gefühle schonen wollte“, sagte er äußerst sarkastisch.
„Meine Gefühle brauchen keine Schonung!“, rief sie, nun eher verzweifelt als erbost. „Ich bin eine erwachsene Frau. Ich kann mit Problemen und Enttäuschungen fertig werden.“
„Okay, hier ist die ganze Wahrheit. Es gibt eine Bedingung, unter der ich die Millionen bekomme: Ich muss die Beziehung zu dir abbrechen.“
Noch mehr Tränen rollten ihr über die Wangen. „Ich fasse es nicht, dass er es wieder versucht hat.“
„Und ich fasse es nicht, dass du auch nur eine Sekunde lang geglaubt hast, ich würde von deinem Vater etwas nehmen. Du solltest mich mittlerweile besser kennen, Claire.“
„Stimmt. Und du solltest mich besser kennen, Ethan. Ich verdiene deine Ehrlichkeit.“
„Und ich dein Vertrauen.“
Stumm blickten sie sich eine Weile finster und unnachgiebig an. Schließlich hielt Ethan das Schweigen nicht länger aus.
„Ja … und nun?“
Claire reckte das Kinn. Sie war wütend, sie war gekränkt, aber diesmal würde sie nicht kampflos aufgeben wie vor zehn Jahren.
„Willst du damit fragen, ob du mich zum Flughafen bringen sollst?“
„Oh nein!
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