Julia Extra Band 0303
nichts gemerkt.
Und sich zu bemühen, nicht zu weinen.
Denn jetzt wusste sie es: Noah würde ihr das Herz brechen. Zum zweiten Mal.
Noah saß da und starrte gedankenverloren ins Lagerfeuer. Dann nahm er einen Ast und stocherte in der Glut, aus der ein Funkenregen stob.
So geht es mir auch, dache Noah niedergeschlagen. Er brauchte Kate nur leicht zu berühren, schon sprühten die Funken, und das Feuer der Leidenschaft loderte.
Letzte Nacht hatte es ihn seine ganze Selbstbeherrschung gekostet, Abstand zu wahren, statt Kate in die Arme zu ziehen und sie bis zur Besinnungslosigkeit zu lieben …
Leise stöhnend stand er auf und pfiff nach den Hunden, die schwanzwedelnd angelaufen kamen. Besser, er sah nach der Herde als hier zu sitzen und unsinnigen Gedanken nachzuhängen!
Die Rinder waren ruhig und in guter Verfassung, nachdem sie auf dem Viehtrieb ausreichend zu fressen gefunden hatten. Darüber brauchte er sich nicht den Kopf zu zerbrechen.
Nur über Kate …
Bis gestern hatte er geglaubt, sie wäre für ihn ohnehin außer Reichweite, weil sie einen Freund hatte.
Jetzt war dieser Schutzwall eingestürzt.
Es wäre so einfach, den Gefühlen freien Lauf zu lassen, dachte Noah bestürzt.
Kate war begehrenswert – und viel mehr als nur das. Eine Gefährtin, besonnen und freundlich, anpassungsfähig und fröhlich. Sie hatte Mut, war belastbar, konnte hart arbeiten, verstand sich blendend mit Olivia, ihr gehörte halb Radnor, kurz gesagt, sie wäre die ideale Ehefrau, wenn man heutzutage noch Vernunftehen schließen würde.
Olivia hatte ihm morgens erzählt, dass Annie Jameson dachte, Kate wäre mit ihm verheiratet. Er hatte Mühe gehabt, dem Kind zu erklären, dass es sich um ein Missverständnis handele.
„Würdest du Kate heiraten?“, hatte Olivia geradeheraus gefragt.
„Möchtest du, dass ich das tue?“, hatte er, überrumpelt, zurückgefragt.
„Warum nicht? Kate ist doch toll!“
Ja, Kindermund tut Wahrheit kund, dachte Noah niedergeschlagen.
Wenn das Leben doch nur so einfach wäre!
„Noah!“, rief Kate eindringlich. „Wach auf. Ich höre Dingos heulen.“
Es tat ihr leid, ihn zu wecken, aber sie wusste aus Filmen über Australien, dass die Wildhunde nicht ungefährlich waren.
Noah war sofort hellwach. Rasch stand er auf und zog sich die Stiefel an, dann nahm er sein Gewehr. Die Hütehunde knurrten, als neuerlich der lang gezogene, klagende Laut ertönte.
„Entschuldige, dass ich dich geweckt habe, Noah.“ Kate wirkte nervös. „Aber ich wusste nicht, was ich sonst tun sollte.“
„Das war richtig“, beruhigte er sie. „Ein Rudel Dingos kann tatsächlich Probleme bereiten. Ich werde mal nachsehen. Bleib du hier, und halt mir den Schlafsack warm“, fügte er scherzend hinzu und schwang sich auf sein Pferd.
Dankbar für die kleine Ruhepause setzte Kate sich stöhnend auf den Schlafsack. Ihr tat alles weh. Der letzte Abschnitt des Viehtriebes kam ihr eher wie Folter als ein Abenteuer vor, aber das machte ihr Erfolgsgefühl nur intensiver.
Inzwischen waren sie kurz vor Roma, und es war die letzte Nacht, in der sie campierten. Tagsüber würden die Tiere von Experten inspiziert und dann – hoffentlich – zur Auktion zugelassen werden.
Und morgen schlafe ich wieder in einem richtigen Bett, dachte Kate. Und Noah würde das Geld haben, um Liane auszuzahlen – und keine Verwendung mehr für eine junge Fotografin aus London, der die andere Hälfte seiner Farm gehörte!
Sobald es regnete und das Gras auf den Weiden wieder wuchs, würde er neues Vieh kaufen und von vorn anfangen.
Ihre Aufgaben beschränkten sich dann auf gelegentliche Anrufe und das Kassieren von Dividenden. Ja, sie würde recht wohlhabend sein … aber in England.
Endlich erklang das Trappeln von Hufen, und sie hörte, wie Noah sich aus dem Sattel schwang. Es war stockdunkel. Hieß es nicht, die Nacht sei vor dem Morgengrauen am finstersten?
Noah tauchte plötzlich auf und setzte sich neben Kate. Ihr Herz machte wie üblich einen kleinen Sprung.
„Alles okay“, informierte er sie. „Es war anscheinend nur ein Dingo, auf der Suche nach fressbaren Abfällen, er ist weitergezogen.“
„Prima. Vielen Dank, dass du dich drum gekümmert hast. Ich hoffe, du kannst gleich wieder einschlafen.“ Kate wollte aufstehen, aber er hielt sie am Handgelenk fest.
„Es ist schon nach vier Uhr, und es wird bald hell“, erklärte er. „Da kann ich auch gleich wach bleiben. Ruh du dich noch ein bisschen aus, während ich
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