Julia Extra Band 0309
nicht anhalten, während der Fremde so dicht hinter ihr war.
Nicht weit vom Hotel entfernt sah sie einen Eingang zur U-Bahn. Darauf hielt sie zu, beschleunigte ihr Tempo.
Ja, sie war schnell, aber er war schneller. Auf dem Bürgersteig hörte sie seine donnernden Schritte hinter sich und schlängelte sich durch eine Touristengruppe, die auf der Fifth Avenue die Schaufensterauslagen bestaunte. Ein Taxi hielt an, direkt vor Tiffany’s. Gerade in diesem Moment ging vor dem exklusiven Juweliergeschäft ein Hundeausführer entlang, mit Hunden in allen Größen und Farben an unzähligen Leinen.
Lia setzte zum Sprung über die verwickelten Hundeleinen an. Sie hörte den Satin ihres Kleides reißen, als ihre Füße wieder den Boden berührten, schob den verblüfften Taxikunden unsanft aus dem Weg und ließ sich auf die Rückbank fallen. Nicht weit entfernt hörte sie den Fremden laut fluchen, er steckte zwischen Hundeleinen und mit Einkaufstaschen beladenen Touristen fest.
„Nun fahren Sie schon los!“, herrschte sie den Taxifahrer an.
„Wohin, Lady?“
„Irgendwohin!“ In panischer Angst drehte Lia sich um und schaute zum Rückfenster hinaus. Der Fremde war ihr auf den Fersen. Sie zog die Hundertdollarnote hervor, die sie grundsätzlich in ihrem BH versteckte. „Ich werde verfolgt. Bringen Sie mich endlich hier weg!“
Im Rückspiegel sah der Taxifahrer den Hundertdollarschein in den Fingern seiner Kundin, ebenso wie ihren gehetzten Gesichtsausdruck – und drückte das Gaspedal durch. Mit durchdrehenden Reifen, die Wasser aus einer Pfütze aufspritzten, schoss der Wagen vor und reihte sich rasant in den abendlichen Verkehrsfluss ein.
Lia drehte sich um. Durch die Rückscheibe sah sie die immer kleiner werdende Gestalt des Fremden auf der Straße stehen – tropfnass und mit wütend zusammengepressten Lippen.
Sie war ihm entkommen. Vor Erleichterung wären ihr fast die Tränen gekommen.
Dann schnappte sie nach Luft, als ihr klar wurde, dass sie soeben von ihrem eigenen Fest geflohen war. Wovor hatte sie so eine panische Angst gehabt?
Vor seinem Feuer.
Ihr Körper begann vor Erschöpfung und unterdrückter Sehnsucht zu zittern. Sie lehnte sich in die Polster zurück und ließ ihren Tränen freien Lauf.
3. KAPITEL
Wütend und tropfnass kehrte Alexander unverrichteter Dinge zum Hotel zurück. Auf dem Weg zum Ballsaal griff er sich eine Serviette von einem Servierwagen und wischte sich das schmutzige Pfützenwasser von Hals und Smokingrevers.
Sie war ihm entkommen. Wie war das möglich?
Grimmig zog er die Brauen zusammen. Noch nie hatte eine Frau ihn abgewiesen. Keine Frau hatte es überhaupt je versucht.
Lia Villani hatte ihm nicht nur einen Korb gegeben, sie war auch schneller als er gewesen!
Ärgerlich knüllte er die Serviette zusammen und schleuderte sie auf das leere Tablett eines vorbeikommenden Kellners. An der Tür blieb er stehen und überblickte suchend den Saal.
Nathan tanzte mit einer jungen Frau mit goldblondem Haar. Alexander knirschte mit den Zähnen. Da jagte er der leichtfüßigen Contessa quer durch Midtown nach, brach sich fast den Hals, wurde auch noch mit Brackwasser bespritzt, während Nathan schamlos auf der Tanzfläche flirtete?!
Der Freund musste den wütenden Blick gespürt haben, denn er drehte sich zur Tür und erblickte seinen Chef. Alexanders Miene sprach wohl Bände, da Nathan sich sofort bei seiner Tanzpartnerin mit einem Handkuss entschuldigte und sie an ihren Tisch zurückführte.
Als Nathan nah genug war, um Alexanders desolaten Zustand wahrzunehmen, blieb ihm der Mund offen stehen. „Wie siehst du denn aus?!“
Alexander mahlte mit den Zähnen. „Unwichtig.“
„Das war eine ganz schöne Schau, die du da mit der Contessa veranstaltet hast“, lautete Nathans munterer Kommentar. „Ich könnte wirklich nicht sagen, was aufsehenerregender war – deine Millionenspende, euer Tanz oder die Art, wie ihr beide zwei Olympialäufern gleich aus dem Saal gespurtet seid. So schnell hätte ich dich wirklich nicht zurückerwartet. Sie muss dem Verkauf des Grundstücks ja in Rekordzeit zugestimmt haben.“
„Ich habe nicht mit ihr darüber gesprochen“, knurrte Alexander.
Nathan riss die Augen auf. „Du zahlst eine Million für einen Tanz und nutzt die Gelegenheit nicht aus, um mit ihr darüber zu sprechen?!“
„Das werde ich noch.“ Er schüttelte sich die nasse Smokingjacke von den Schultern und legte sie sich über den Arm. „Darauf kannst du
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