Julia Extra Band 0315
bereits nach Mitternacht. Unmöglich, heute noch auf die Insel zu gelangen.“
„Unsinn. Du bist Dario Allmächtig Costanzo. Du charterst Jets wie andere Leute Taxis. Du bringst es fertig, ein Baby spurlos verschwinden zu lassen, sodass nichts die Mutter an die Existenz ihres Kindes erinnert.“
„Mach dich nicht lächerlich“, konterte er schneidend. „So etwas habe ich nie getan. Ich habe lediglich den ärztlichen Rat befolgt und getan, was das Beste für dich ist.“
„Seit wann ist es das Beste für eine Mutter, ihr das eigene Kind vorzuenthalten?“, fragte sie bitter.
„Wenn die Mutter ein Trauma durchlebt hat, das alle Erinnerungen an die Geburt ihres Kindes ausgelöscht hat.“ Er musterte sie lange. „Und wenn Grund zu der Annahme besteht“, fuhr er nüchtern fort, „dass besagte Mutter möglicherweise im Begriff stand, ihren Mann zu verlassen.“
Fassungslos starrte sie ihn an. „Wie kannst du so etwas von mir auch nur denken?!“
„Mir gefällt die Vorstellung auch nicht, aber die Fakten scheinen für sich zu sprechen.“
„Welche Fakten?“
Sein Blick war hart wie Stahl. „Du hattest einen Großteil von Sebastianos Sachen mit im Auto, als der Unfall passierte. Und einen Koffer für dich. Du warst mit Yves Gauthier zusammen, einem Mann, der im Juni auf der Insel auftauchte und der so sehr zum festen Inventar in deinem Leben wurde, dass die Gerüchteküche auf der Insel überbrodelte.“
„Wir waren Landsleute. Also ist es nur verständlich, dass wir Freunde wurden.“
„Ist es auch verständlich, dass er eine Villa für drei Monate anmietet und dann nach wenigen Wochen schon wieder zurück zum Flughafen fährt, ein Ticket nach Kanada in der Brieftasche?“
„Hatte ich etwa auch ein Flugticket nach Kanada dabei?“
„Nein. Aber angesichts der Tatsache, dass wir beide am Tag zuvor einen heftigen Streit hatten, bei dem du mir schließlich an den Kopf geworfen hast, dass ich dich in Ruhe lassen soll, kannst du mir meine Zweifel nicht verübeln.“
„Ich erinnere mich an unseren Streit.“ Die Teilchen setzten sich immer schneller zusammen. „Du wolltest, dass ich mit dir nach Mailand komme, und ich habe abgelehnt, weil ich dann wieder mit der permanenten Einmischung deiner Mutter hätte leben müssen. Du sagtest nur, du wärst es leid, wie ein Mönch zu leben, und dass ich gefälligst erwachsen werden und auf eigenen Füßen stehen solle. Dann bist du ohne ein weiteres Wort zur Tür hinausgestapft. Die ganze Nacht habe ich wach gelegen. Weil ich wusste, dass du recht hattest. Wenn deine Mutter mich herumkommandierte, dann traf niemand anderen die Schuld als mich selbst, weil ich es zuließ. Und ich war auch die Einzige, die dem ein Ende setzen konnte.“ Sie schüttelte ungläubig den Kopf. „Aber von dir wegrennen? Ich rannte zu dir, Dario Costanzo. Zu dir. Weil ich die Frau sein wollte, die du verdienst, anstatt mich wie ein schüchternes Hündchen in die Ecke zu drücken.“
„Wie passt dann Gauthier ins Bild?“
„Sein einziges Vergehen bestand darin, dass er an jenem Tag zu mir kam, um mir zu sagen, dass er aus gesundheitlichen Gründen nach Hause zurückkehren musste. Er hatte schon länger Probleme mit dem Herzen, und es war unerwartet schlimmer geworden. Yves sah auch wirklich nicht gut aus, ich war froh, dass er sich zu Hause behandeln lassen wollte. Den Mietwagen musste er am Flughafen zurückgeben, und er bot mir an, mich mitzunehmen. Er mochte vielleicht auf dem Weg nach Kanada gewesen sein, aber ich war unterwegs nach Mailand. Zu dir.“
„Und mehr war es nicht?“
„Nein, das ist die ganze Geschichte. Aber wenn du mir nicht glaubst, warum fragst du nicht Yves?“
„Er ist bei dem Unfall ums Leben gekommen“, sagte Dario nüchtern. „Um genau zu sein, ein Herzinfarkt hat ihn am Steuer des Wagens ereilt.“
Maeve schlug die Hand vor den Mund. „Oh nein! Das tut mir so leid, ich wusste ja nicht, wie krank er wirklich war. Er war ein so netter Mann, so sanftmütig. Und viel zu jung zum Sterben.“
„Mir tut es leid, dass ich der Überbringer schlechter Nachrichten sein muss. Noch mehr tut es mir leid, dass ich an deiner Treue gezweifelt habe. Ich bin dein Ehemann, ich hätte dir vertrauen sollen.“
„Doch das hast du nicht. Vielleicht liegt der Grund darin, dass du nach einem Vorwand gesucht hast, um mich loszuwerden.“
„Wovon redest du überhaupt? Ich habe dich geheiratet, oder nicht?“
„Oh, sicher.“ Die Erinnerung an ihre gemeinsame Zeit
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