Julia Extra Band 0318
Exgeliebte war hart wie Stahl, das hatte Talos am eigenen Leib erfahren müssen.
Irgendwann würde die Amnesie auch von allein verschwinden, und dann musste sie alles zugeben. Vielleicht heute, wenn sie ihrem Exfreund gegenüberstand!
Verkrampft sah er aus dem Fenster und war gereizt, als Eve sich neben ihm erneut räusperte. Der Bentley glitt an der kleinen Seitenstraße, ganz in der Nähe des Syntagmaplatzes, vorbei, wo Talos vor langer Zeit seine einzige Straftat im Leben begangen hatte.
Mit fünfzehn – zwei Monate, nachdem seine Mutter gestorben war – warf er dort die Scheibe eines teuren Wagens ein. Es verlief nicht gerade nach Plan. Der Besitzer des Autos stellte Talos noch auf dem Bürgersteig … mit dem herausgerissenen Radio in der Hand.
Talos versuchte gar nicht erst, die Tat abzustreiten. Er gestand sofort und schlug mit all dem Charme seines gebrochenen Englischs vor, dem anderen Mann als Entschädigung einen Gefallen zu tun. „Ich habe mir doch nur gedacht, eine andere Radiomarke würde viel besser zu Ihrem Wagen passen.“ Anschließend wartete er mit gesenktem Kopf darauf, dass die Polizei benachrichtigt werden würde.
Stattdessen engagierte ihn Dalton Hunter vom Fleck weg. „Unser Büro in Athen könnte einen Burschen wie dich gut gebrauchen“, lachte er.
Kurz darauf war Talos der neue Botenjunge für das internationale Schifffahrtsunternehmen des amerikanischen Geschäftsmanns. Und von diesem Tag an trat Talos – zutiefst beschämt über sein eigenes Vergehen – grundsätzlich für Gerechtigkeit ein.
Nachdem er sich in der Firma hochgearbeitet und einige lukrative Investments getätigt hatte, konnte Talos mit nur vierundzwanzig Jahren seine erste Million verzeichnen. Sein Vater hatte die Mutter schon während ihrer Schwangerschaft verlassen, aber dann las er von Talos’ Erfolgen in der Zeitung und meldete sich bei seinem Sohn.
Geld wolle er nicht, sagte er, lediglich persönlichen Kontakt. Doch Talos weigerte sich, mit ihm zu sprechen. Jeder Mann sollte bekommen, was er verdiente.
Und Yiorgos hatte Talos’ Mutter mit der Trennung großen emotionalen und finanziellen Schaden zugefügt, was mit Sicherheit auch zu ihrem frühen Tod beitrug. Vielleicht besaßen Talos und er die gleichen Gene, aber das war auch schon alles. Dalton Hunter war Talos viel mehr ein Vater gewesen als Yiorgos.
Wenigstens war Talos davon ausgegangen, bis er vor elf Jahren herausfand, wie korrupt sein Mentor in Wirklichkeit war. Und auf Unehrlichkeit reagierte Talos äußerst allergisch.
Er musterte Eve von der Seite. In dem glitzernden Kleid und den hohen Stilettosandalen sah sie auf eine kühle Weise umwerfend aus. Ihre Lippen waren knallrot, und die langen Wimpern setzten sich pechschwarz von ihrer hellen, makellosen Haut ab. Genau wie das berechnende Partygirl von früher, so als hätte sich absolut nichts geändert.
War es das, was er wollte?
Das Auto hielt vor einem alten, weißen Gebäude, das seinerzeit Teil eines Klosters aus dem dreizehnten Jahrhundert war. Heute beherbergte es eine Kunstgalerie und einen Nachtklub; beides betrieb einer von Talos’ Freunden. Talos stieg aus dem Wagen und zupfte sorgfältig an seinen Hemdsärmeln herum, während der Chauffeur Eve assistierte.
Mit schwingenden Hüften schritt sie auf Talos zu. „Was guckst du so?“, fragte sie provozierend. „Gefällt dir nicht, wie ich aussehe?“
Ja, gefiel sie ihm in diesem Outfit? Er wusste es selbst nicht so recht. Der hohe Pferdeschwanz betonte ihr schönes, klassisches Profil, und an ihren Ohrläppchen hingen große, silberne Kreolen. Auch um ihr Handgelenk wand sich ein glänzendes Schmuckstück: ein Armband in Form einer funkelnden Schlange.
Eve kam ihm wie eine eiskalte Göttin vor: zerstörerisch und mächtig.
„Es geht“, antwortete er tonlos und schob Eve auf den Eingang zu.
Mit jedem ihrer Schritte hallte das stakkatoartige Geräusch ihrer Absätze die Straße hinunter, und selbst Talos’ eigene Männer konnten den Blick nicht von ihr abwenden.
Wütend sah er Chauffeur und Bodyguard an, während Eve hoch erhobenen Hauptes ihren Weg fortsetzte. Früher war er stolz darauf gewesen, die Frau zu besitzen, nach der sich jeder andere verzehrte. Es steigerte sein Selbstwertgefühl, beneidet zu werden.
In Venedig war dann alles anders geworden. Und wenn er jetzt bemerkte, wie viel Aufmerksamkeit sie von fremden Männern bekam, schäumte er beinahe über vor Wut und Eifersucht. Warum verhielt er sich plötzlich
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