Julia Extra Band 0319
er neben ihr auf dem Fahrersitz saß. „Ich habe es ihm erst erzählt, nachdem ich fertig war.“
„Aber …“ Hatte ihr Vater Chrysanthos nicht angeboten, ihm einen Wagen zu kaufen, so wie er auch ihr einen geschenkt hatte? Oder stand es um ihre Finanzen noch schlechter, als ihr bewusst war?
Ihr Bruder schien ihre Gedanken zu lesen. „Er hat nie davon geredet, mir ein Auto zu kaufen, und ich habe das Thema auch nicht angesprochen.“
„Ich wette, er hat es bereut, als er das hier gesehen hat.“
„Ist es nicht ein Prachtstück?“ Jedenfalls klang es ganz gesund, als ihr Bruder den Motor startete und den alten VW zum Leben erweckte.
„Ich bin nur erstaunt, wie du das hinbekommen hast … Ich hatte keine Ahnung, dass du dich mit so etwas auskennst.“
„Ach, ist nur ein Hobby. Jungs brauchen so etwas, weißt du?“
Sie lächelte zum ersten Mal seit Tagen. „Klar.“
„Ich habe an der Tür gelauscht, als Spiros mit euch gesprochen hat.“
„Weißt du nicht, dass so etwas verboten ist?“
Er schnaubte verächtlich. „Bitte. Ich bin es leid, wie ein Kleinkind behandelt zu werden.“
„Du meinst, über alles im Dunkeln gelassen zu werden?“
„Würde dir das etwa gefallen?“
Sie dachte an all die Dinge, über die ihr Vater mit ihr in den vergangenen vier Jahren hätte reden sollen. An all die Dinge, die auch Spiros ihr verschwiegen hatte. „Nein. Ganz und gar nicht.“
„Also, was hat es mit diesem ganzen Hochzeitskram auf sich?“
„Du hast doch gesagt, du hast zugehört.“
„Das habe ich auch. Ich habe mitbekommen, dass Leonides Enterprises in Schwierigkeiten steckt und wir viel Geld brauchen, richtig?“
„Richtig.“
„Aber wie kann Vater es wagen, dich deshalb zu verkaufen?“
Genau das hatte sie ihm vorgeworfen, doch aus dem Mund ihres Bruders klang es viel schlimmer. „Ich glaube, so sieht er es nicht. Er wollte sowieso, dass unsere Familien sich verbinden. Deshalb haben er und Theo Dimitri und mich vor vier Jahren gedrängt, ihnen zu versprechen, dass wir heiraten werden. Dass die Hochzeit selbst die Firma retten würde, was nur ein angenehmer Nebeneffekt.“
„Wenn das wahr ist, warum drängt er dich dann jetzt, Spiros zu heiraten?“
„Aus denselben Gründen.“
„Weil er findet, dass unsere Familien zusammengehören?“
„Genau. Schade, dass Dimitri und Spiros keine kleine Schwester haben, nicht wahr?“
„Mal nicht den Teufel an die Wand. Ich bin noch längst nicht bereit für eine Ehe.“
„Das war ich vor vier Jahren auch noch nicht.“
„Und bist du es jetzt?“
„Habe ich denn eine Wahl?“
„Natürlich hast du das. Du musst Spiros nicht heiraten.“
„Dann geht die Firma bankrott.“
„Nein. Dann müssen wir an die Börse gehen.“
„Vielleicht ist es dazu schon zu spät. Je länger wir auf die Finanzspritze warten müssen, desto schlimmer wird die Lage. Im Moment wird kein Investor bei uns einsteigen, und so wie es aussieht, würde Vater wohl die Kontrolle über die Firma verlieren.“
„Dann fangen wir eben von vorne an.“
Sie liebte ihren Bruder für seine Unbekümmertheit, konnte sie aber nicht teilen. „Ich glaube, das würde unsere Eltern umbringen.“
„Meinst du das wörtlich? So wie durch einen Herzinfarkt?“
„Oder etwas Ähnliches. Onkel Theo ist nicht der Einzige, der in den letzten zehn Jahren zu viel gearbeitet hat.“
Chrysanthos fuhr mit ungerührter Miene weiter Richtung Stadt. „Dann heiratest du also Spiros?“
„Wahrscheinlich.“
„Warum hast du der Heirat mit Dimitri damals überhaupt zugestimmt? Da wusstest du doch noch gar nicht, dass wir Geld brauchen.“
„Ich wollte über einen anderen hinwegkommen … Ich wollte, dass er mich endlich als Frau sieht. Dass er eifersüchtig wird.“
„Hat es funktioniert?“
„Nicht so, wie ich es mir gedacht hatte.“
„Dann bist du also immer noch nicht über ihn hinweg?“
„Nein.“
„Aber er sieht dich inzwischen als Frau?“
„Ja. Aber dadurch, dass ich Dimitri versprochen war, glaubte er, keinen Anspruch auf mich zu haben.“
„Dann war es also Spiros?“
Sie lachte. „Seit wann bist du so schlau?“
„Hey, ich habe die ganze Schulzeit überstanden, ohne mich von einem Mädchen um den Finger wickeln zu lassen. Um das zu schaffen, muss man genau beobachten, was um einen herum geschieht.“
„Alle anderen glauben, dass Spiros und ich wie Bruder und Schwester sind.“
„Die Menschen sehen, was sie sehen wollen.“
„Aber du siehst es
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