Julia Extra Band 0319
von seinen Gefühlen leiten. Er war ein besonnener Mann, der selten einen Gedanken spontan aussprach. Doch er spürte, dass es in diesem Moment entscheidend sein konnte.
„Was würdest du sagen, wenn es einen Erben gäbe?“
„Das haben wir längst besprochen, Jamal kann nicht …“
„Ich habe eine Frau kennengelernt“, unterbrach ihn sein Sohn. Sofort sah er Felicitys ebenmäßiges, freundliches Gesicht vor sich. Es war fast mehr, als er ertragen konnte, deshalb fuhr er kühl fort: „Sie behauptet, ein Kind von mir zu erwarten.“
Ernst blickte sein Vater ihn an. „Dann heirate sie, Karim, und Hassan wird auf den Thron verzichten.“ In seinem Blick lag neue Hoffnung.
„Und was, wenn das Baby nicht von mir ist?“, wandte Karim ein.
Doch dem König, den nahenden Tod vor Augen, war die sichere Zukunft seines Volkes wichtiger als die Frage nach Wahrheit oder Lüge. Es wäre nicht das erste Mal, dass die vermeintlich so gerade Linie der Zaraqs auf geheime Abwege geriet. Man stellte keine Fragen, das war seit Jahrhunderten so.
„Du wirst das Richtige für unser Land tun, Karim, da bin ich sicher.“
Etwas in Karim lehnte sich auf gegen den Entschluss seines Vaters. Vielleicht könnte Hassan ein Kind als seines annehmen, um König zu werden. Das Kind … Aber was, wenn Felicity die Wahrheit sagte? Er selbst würde niemals ertragen, zu wissen, dass sein Sohn in Wirklichkeit das Kind eines anderen war, noch dazu das des eigenen Bruders. Hassan würde ihm den Weg freimachen. Er, Karim, wäre ein besserer König als sein Bruder. Insbesondere mit einer Frau wie Felicity an seiner Seite. Sie hatte das Beste in ihm geweckt, und er ahnte, dass sie ihn glücklich machen könnte. Er würde sie lehren, welche Pflichten sie als erste Frau des Staates hatte, und mit ihr auf Empfängen und Banketten glänzen. Nachts würden sie sich lieben, voller Leidenschaft und Zärtlichkeit. Und ihr Kind …
Unwillig schüttelte er den Kopf. Dieser Gedanke brachte ihn nicht weiter. Er konnte es sich nicht leisten, sich von seinen Gefühlen in die Irre treiben zu lassen.
Rastlos trat er einen Schritt vom Fenster zurück und ließ den Blick über die Menschenmenge gleiten bis zum Horizont, wo die Wüste begann.
Er würde einen Vaterschaftstest machen lassen, dann musste Felicity zugeben, dass sie gelogen hatte.
„Du musst das Richtige für dein Volk tun“, drang die Stimme seines Vaters in seine Gedanken. „Ich werde keine Ruhe finden, solange ich nicht weiß, dass die Zukunft Zaraqs gesichert ist.“
In der Wüste zog ein Sturm auf. Kleine Sandwolken wirbelten auf. Und doch würde die Wüste auch morgen noch genauso daliegen wie jetzt. Bildete er sich wirklich ein, mehr zu sein als ein Sandkorn? Durfte er sein Leben über das seines Landes stellen?
Entschlossen wandte er sich zu dem König um, dessen Augen fragend auf ihm lagen. „Du wirst deine Ruhe finden, Vater. Ich werde mich um alles kümmern. Zaraq bekommt seinen Erben.“
7. KAPITEL
Sie hatte getan, was sie konnte.
Felicity war sicher, richtig gehandelt zu haben, als sie Karim von der Schwangerschaft erzählt hatte. Doch er hatte sie beleidigt und auf übelste Weise abserviert.
Vielleicht war es besser so, dachte sie seufzend und schluckte die Tränen hinunter, als sie Helen an der Tür klopfen hörte.
„Warum hast du nicht mit mir gesprochen. Vielleicht hätte ich dir helfen können.“ Auch in Helens Augen standen Tränen.
„Du weißt …“, fragte Felicity entgeistert.
„Es geht vielen so wie dir. Nicht alle leben sich in dieser fremden Welt ein, sondern verlassen Zaraq in den ersten Wochen wieder. Zum Glück hat Karim lange genug in London gelebt, um zu wissen, wie unterschiedlich diese Kulturkreise sind. Er ist sehr verständnisvoll.“
Sie hatte keine Ahnung, was zwischen ihr und Karim gewesen war, stellte Felicity erleichtert fest. Herzlich umarmte sie die Kollegin, die ihr in der kurzen Zeit zur Freundin geworden war, ein letztes Mal.
„Hier sind dein Pass und dein Ticket“, erklärte Helen und überreichte ihr einen dicken Umschlag. „Ohne diese Papiere kommst du hier nicht weit.“
Ein Wagen wartete bereits, als die jungen Frauen vor das Haus traten.
Mit versteinerter Miene stieg Felicity ein und warf einen letzten Blick auf die hübsche Wohnanlage mit den parkähnlichen Grünanlagen. So viel Hoffnung hatte sie in diesen Aufenthalt gesteckt, und so schnell war sie gescheitert.
Eine weitere ledige Mutter mit einem Kind, dessen Vater
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