Julia Extra Band 0319
nichts von ihm wissen will, dachte sie müde. Doch immerhin warteten zu Hause die Menschen, die sie liebten. Hier würde sie niemand vermissen. Am allerwenigsten Karim.
An den Fenstern der Limousine zogen die Häuser und Straßen der erwachenden Stadt vorbei. Händler bauten ihre Stände auf, Gärtner wässerten die üppigen Bepflanzungen in den Parks, Menschen hasteten zur Arbeit.
Mit Tränen in den Augen sah Felicity hinaus. Wie gern hätte sie mehr gesehen von dieser farbenprächtigen Stadt, der endlosen Wüste und dem kristallklaren Meer. Diese Insel ist die Heimat meines Kindes, schoss es ihr durch den Kopf. Doch es würde hier immer fremd sein, denn sein Vater verwies die Mutter des Landes.
Die Hinfahrt war ihr kürzer erschienen, doch erst nach zwanzig Minuten wurde sie argwöhnisch. Die Hinweisschilder waren zwar auf Arabisch, doch die Flughafen-Zeichen zeigten ganz klar in die andere Richtung. Jetzt verließ der Fahrer die Hauptstraße und fuhr auf den glitzernden Ozean zu.
Vielleicht ist dieser Weg kürzer?, überlegte Felicity. Doch das war unmöglich, sie fuhren genau entgegengesetzt.
„Zum Flughafen“, befahl sie und spürte Panik aufsteigen.
Unbeirrt behielt der Fahrer die Richtung bei und musterte seinen Gast kurz im Rückspiegel.
Plötzlich ahnte Felicity, wohin sie fuhren. Und da tauchten auch schon die weißen Türme des Palastes auf.
Bisher hatte sie das Regierungsgebäude nur auf Bildern gesehen, doch auf diesen überwältigenden Eindruck war sie nicht vorbereitet.
Der strahlende Palast von Zaraq.
Was wollte Karim von ihr?
Unbewusst strich sie mit der Hand über ihren Bauch. Hier lag die Antwort.
Wie dumm von ihr, zu glauben, sie könnte ihm von dem Baby erzählen und einfach verschwinden.
Hatte sie wirklich gedacht, es wäre so einfach?
Energisch unterdrückte sie ihre Angst. Sie würde sich nichts anmerken lassen. Ihre Papiere waren sicher verstaut in ihrer Handtasche, niemand konnte sie zwingen zu bleiben. Wie gut, dass sie nicht nur eine Kopie besaß, sondern Helen ihr die Originale ausgehändigt hatte.
Schon glitt die Limousine durch das hohe schmiedeeiserne Tor, vorbei an den Wachen und direkt auf den Palast zu.
Vielleicht wollte Karim sich nur von ihr verabschieden?
Während sie noch versuchte, sich zu beruhigen, öffnete der Chauffeur die Tür und ließ sie aussteigen. Lächelnd trat eine junge Frau auf sie zu.
„Herzlich willkommen. Ich bin Jamal“, stellte sie sich vor. „Treten Sie ein.“
Die breite Treppe, die hohen Säulen und die gesamte hochherrschaftliche Atmosphäre nahmen Felicity den letzten Mut. Stumm folgte sie Jamal durch die Empfangshalle in einen riesigen, mit Marmor ausgekleideten Salon und nahm dankend den angebotenen Tee entgegen.
Wenig später trat ein Dienstbote ein und sprach auf Arabisch mit Jamal.
„Karim wünscht Sie nun zu sehen“, übersetzte diese. „Khan wird Sie begleiten.“
Durch lange Flure, vorbei an einer Familiengalerie mit kostbaren Ölgemälden, führte der Weg zu Karims Büro. Als sie eintrat, erhob er sich von einem breiten Sofa und kam ihr entgegen. In seinem langen schwarzen Gewand hatte er nur wenig Ähnlichkeit mit dem Mann, der mit ihr gelacht und sie zärtlich in den Armen gehalten hatte. Dies war nicht der Londoner Karim, sondern der Scheich, Prinz Karim Zaraq. Dieser Gedanke raubte Felicity die Fassung.
Gleichgültigkeit, vielleicht sogar Hass stand in seinen schwarzen Augen. Und sein Lächeln war zweifellos aufgesetzt.
„Setz dich doch. Möchtest du Tee? Khan kann …“
„Vielen Dank. Ich hatte bereits einen Tee.“ Felicity wollte keine Zeit mit unnützen Höflichkeiten verbringen.
Kaum hatte Khan den Raum verlassen, sah Karim sie ernst an. „Bist du sicher, dass das Baby von mir ist?“
„Natürlich“, versicherte Felicity erleichtert. Endlich konnte sie in Ruhe mit ihm darüber sprechen. „Ich weiß, dass es eine schwierige Situation ist. Und ich erwarte nicht von dir …“
„Dann werden wir heiraten“, sagte Karim ohne Umschweife. „Heute noch.“
Mit großen Augen sah sie ihn an. „Das ist kein Grund, zu heiraten“, widersprach sie. Mein Gott, sie hatten eine Nacht zusammen verbracht und lebten im einundzwanzigsten Jahrhundert!
„Wenn es wirklich mein Sohn ist, dann erwartest du ein Kind von einem Prinzen von Zaraq. Dem Thronfolger des Landes. Selbstverständlich werden wir heiraten.“
„O nein.“ Entschlossen schüttelte sie den Kopf. Der Palast, der ihr bis eben so riesig
Weitere Kostenlose Bücher