Julia Extra Band 0319
sie es zu ihrem Erstaunen kühl und leicht auf ihrer Haut. Mit klopfendem Herzen schlüpfte sie in die dünnen, mit Perlen bestickten Schuhe und ließ sich den Schleier anstecken.
Nun war sie bereit für ihren Bräutigam.
Den Mann, der sie noch gestern so sehr beleidigt und verletzt hatte und der ihr auch heute mit Eiseskälte begegnet war. Und doch wusste sie, dass hinter dieser unnahbaren Fassade jener zärtliche und verständnisvolle Karim steckte, den sie vom ersten Moment an geliebt hatte.
Es ist vollkommen unwirklich, dachte sie, als sie den hellen, von bodentiefen Fenstern gesäumten Raum betrat, in dem die Trauzeremonie stattfinden sollte. Aufmunternd lächelte Jamal ihr zu, und der Mann neben ihr – es musste Hassan sein – nickte freundlich.
Nur Karim schien kaum wahrzunehmen, dass sie hereingekommen war. Er verzog keine Miene und machte sie damit noch nervöser als zuvor.
„Karim …“ Unsicher suchte sie seinen Blick. Noch bevor sie die Frage stellte, war sie überzeugt, er werde ihre Bitte ablehnen. „Darf ich erst noch meine Familie anrufen?“
„Selbstverständlich.“
Wieder einmal hatte sie ihn falsch eingeschätzt. Fürsorglich begleitete er sie, nannte ihr die Vorwahl und blieb bei ihr, während sie auf das Freizeichen wartete.
Hier stand sie nun in ihrem kostbaren Brautkleid, im Palast des Königs von Zaraq, blickte auf die sich endlos hinziehende Wüste und würde gleich heiraten. Sobald sie die ängstliche, aufgeregte Stimme ihrer Mutter hörte, wusste sie, dass sie es ihr nicht erzählen konnte. Entmutigt schloss Felicity die Augen und entschied, ihre Familie erst einzuweihen, wenn die Dinge zwischen ihr und Karim geklärt waren.
Die Trauung dauerte nur wenige Minuten. Dann setzte Felicity ihre Unterschrift unter das Hochzeitsdokument und besiegelte so ihre Ehe.
Nun war sie Karims Frau.
Wenig später saß sie in einem dröhnenden Hubschrauber, der sie über die weiten Sandflächen der Wüste flog. Immer der untergehenden Sonne entgegen. Als der Helikopter landete und Karim ihr hinaushalf, hielt sie die Hand vor die Augen, um sich vor dem aufwirbelnden Sand zu schützen.
Fürsorglich nahm Karim sie am Arm und führte sie ein Stück den Hügel hinauf. Plötzlich sah sie zwischen den Dünen ein gewaltiges Zelt. Die leuchtend weißen Planen flatterten leicht im Wind, der Eingang wurde von zwei mächtigen Palmen gesäumt.
Sobald sie eintraten, fühlte sich Felicity wie in einer anderen Welt. Weiche Teppiche bedeckten den Boden und die Wände, sodass Sand und Wind nicht eindringen konnten. Helle Laternen mit dicken Kerzen zauberten Licht und Schatten, seidene Vorhänge trennten den Eingang vom nächsten Raum, wo die Dienstboten, Bedra und ihr Ehemann Aarif, auf ihre Ankunft warteten und sie aufgeregt weiter in das Innere des Zeltes geleiteten. Hier hatten sie eine Überraschung für den Prinzen und seine Braut: ein einfaches, aber köstliches Festmahl.
Karim und Felicity ließen sich auf den dicken Sitzkissen nieder, wuschen ihre Hände, und der Prinz erklärte seiner jungen Frau, welche Köstlichkeiten auf sie warteten. Frisches Olivenbrot, würziger Käse aus Kamelmilch und knuspriges Lammfleisch waren auf silbernen Platten angerichtet. Mit großem Appetit griff Karim zu, doch Felicity war viel zu aufgeregt, um zu essen. Dennoch zwang sie sich zu probieren, denn sie ahnte, dass es unhöflich gewesen wäre, abzulehnen. Aber je mehr sie aß, umso mehr legte Bedra nach – bis sie schließlich befürchtete, dieses Mahl werde niemals enden.
„Karim“, wandte sie sich schließlich Hilfe suchend an ihren Mann. „Es ist alles köstlich, aber …“
Der stolze Scheich, der sie vorher so rüde abgewiesen hatte, lächelte plötzlich ganz entspannt. „Du platzt gleich“, brachte er es auf den Punkt.
„Genau“, gab sie zu. „Ich bekomme keinen Bissen mehr hinunter. Ich möchte nicht unhöflich sein …“, fügte sie hastig hinzu, als er Bedra bedeutete, die Platten abzuräumen. „Du kannst gern weiter essen.“
„O nein, ich bin auch satt. Aber …“ Sein Lächeln wurde verschmitzt. „Es ist Sitte, so lange nachzureichen, bis die Braut oder ein anderer Gast satt ist. Ich bin froh, dass dieser Moment endlich gekommen ist.“
Erleichtert stimmte sie in sein Lachen ein. „Du bist ein Schuft. Das hättest du mir eher sagen müssen.“
Als sie ihn ansah, entdeckte sie den zärtlichen, humorvollen Karim wieder, in den sie sich in England verliebt hatte. Den Vater ihres Kindes.
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