Julia Extra Band 0319
sie.
„Euer Hoheit! Entschuldigt die Störung …“ Hinter dem dichten Vorhang stand Aarif.
Fluchend zog Karim sich zurück. Wie konnte der Diener es wagen? Wenn seinem Vater etwas geschehen wäre, hätte man Karim direkt benachrichtigt. Also gab es keinen, absolut keinen Grund für diese Störung.
„Vergebt mir, Hoheit“, setzte Aarif erneut an, „Bedra blutet, ich … glaube, sie stirbt.“
In Sekundenschnelle war Karim in seine Kleider geschlüpft und aus dem Zelt gestürmt. Felicity rannte hinter ihm her.
Als sie im Schlaftrakt der Dienstboten ankamen, lag Bedra schwer atmend auf einer dünnen Decke, in ihren Augen spiegelte sich Panik. Sofort hockte Karim sich neben sie und tastete ihren Bauch ab. Fragend sah er sie an, wechselte ein paar Worte mit ihr auf Arabisch und wandte sich dann an Felicity.
„Sie ist im sechsten Monat schwanger, unter dem weiten Stoff ist es niemandem aufgefallen“, erklärte er und schlug ihr Gewand zurück. „Sie hat eine Frühgeburt und verliert viel zu viel Blut.“
Im Krankenhaus hätte Felicity sofort gewusst, was zu tun war. Dort hätten Bedra und ihr Baby eine gute Überlebenschance gehabt. Doch hier, mitten in der Wüste, würde Bedra verbluten, und auch das Baby würden sie ohne lebensrettende Apparate nicht retten können.
Tränenüberströmt stand Aarif hilflos neben seiner Frau. Ruhig erteilte ihm Karim einige Befehle, die Felicity nicht verstand.
„Uns bleibt nicht genügend Zeit, um sie in die Klinik zu transportieren“, erklärte er dann knapp. Behutsam und entschlossen hob er Bedra auf seine Arme und ging zielstrebig mit ihr durch die hellen Zeltplanen. Verwirrt folgte Felicity ihm. Was hatte er vor?
Als sie das Zelt verließen, empfing die Nacht sie dunkel und kalt. Im Geländewagen wartete Aarif bereits auf sie. Vorsichtig ließ Karim Bedra auf der breiten Ladefläche nieder.
„Los, steig ein“, befahl er Felicity ohne weitere Erklärung.
Verwirrt schwang sie sich in den Wagen. Fuhren sie nun doch ins Krankenhaus? Doch als sie sah, dass Aarif Verbandszeug und Spritzen griffbereit aufstellte, erkannte sie, was Karim vorhatte. Hier im Auto entstand ein provisorischer Operationssaal. Entsetzt sah sie ihn an. Wollte er tatsächlich mitten in der Wüste einen Kaiserschnitt wagen?
Als ihre Blicke sich trafen, lächelte Karim ihr ermutigend zu. „Ich bin Arzt, vertrau mir.“
Währenddessen versuchte Aarif verzweifelt, eine Vene am Arm seiner Frau zu finden.
Energisch schaltete Felicity sich ein. „Lassen Sie mich das machen“, bot sie an, und Aarif zog sich dankbar zurück. Sie band den Arm ab und spritzte Bedra ein starkes Schmerzmittel.
Ruhig und konzentriert bereitete Karim die Operation vor und gab Befehle. „Aarif, du passt auf, dass Bedra gleichmäßig atmet, und sagst sofort Bescheid, wenn etwas nicht stimmt. Felicity, mach dich bereit für das Baby.“
Nun ging alles ganz schnell. Als Felicity das Kind in den Armen hielt, atmete es nicht. Sie zwang sich, nicht nachzudenken, sondern zu handeln. Und tatsächlich gelang es ihr, es wiederzubeleben.
„Du musst ihr mehr Schmerzmittel geben“, hörte sie Karims Stimme. Noch während sie zur Spritze griff, hörte sie einen unbändigen Lärm, wie Donnergrollen hallte es durch die Wüste. Fragend sah sie Karim an.
„Der Hubschrauber“, sagte er, und in seiner Stimme schwang Erleichterung. Die Chance, Bedra und das Baby unter diesen Bedingungen zu retten, war gering gewesen. Doch es war ihm gelungen, und jetzt konnte sie im Krankenhaus bestmöglich betreut werden.
Sobald der Helikopter landete, sprang ein Ärzteteam heraus.
Dr. Habib war dabei. Er durfte sie hier nicht sehen, schließlich vermutete er sie längst wieder in England. Wie sollte sie ihm die Situation erklären?
Umsichtig warf Aarif ihr einen Tschador zu. Für ihn war es selbstverständlich, dass Felicity einem fremden Mann nicht unverschleiert gegenübertreten mochte. Also streifte sie den leichten Stoff über, doch nicht schnell genug. Helen war hinter Dr. Habib aus dem Hubschrauber gesprungen und hatte sie sofort erkannt. Verwirrt und erschrocken sah sie die Freundin an. Doch für Erklärungen blieb keine Zeit. Fast unmerklich schüttelte Felicity den Kopf, und Helen verstand.
Die Mediziner hatten Betäubungsmittel mitgebracht, Blutkonserven und ein Wärmebettchen für das viel zu früh geborene Baby. Als Karim sah, dass Mutter und Kind bestens versorgt wurden, entspannte er. Traurig erinnerte er sich an Kaliq, seinen
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