Julia Extra Band 0325
„Du machst dich lustig über mich.“
„Nein, überhaupt nicht. Ich meine es ganz ernst.“
„Das glaube ich dir nicht. Schau dich an. So, wie du dich verhältst …“
Er lachte angestrengt. „Schatz, wenn du wüsstest, wie ich mich erst verhalten würde, wenn …“ Er unterbrach sich.
„Wenn was?“
Statt zu antworten, beugte er sich hinunter und drückte ihr einen zärtlichen Kuss auf die Lippen. „Wir sehen uns beim Abendessen.“
„Das lasse ich heute ausfallen.“
„Nicht meinetwegen, hoffe ich“, sagte er überrascht.
„Nein“, erwiderte sie entschlossen. „Meinetwegen.“
Alyssa lag auf ihrem Bett. Es war fast Mitternacht. Sie hatte geduscht und eines ihrer übergroßen T-Shirts angezogen, in denen sie zu schlafen pflegte.
Das Abendessen hatte sie tatsächlich ausfallen lassen, weil sie eine Auszeit von Clint brauchte. Stattdessen hatte sie ihre Tante angerufen und eine Weile mit ihr geplaudert. Glücklicherweise fragte sie nicht nach Clint, und Alyssa hielt es nicht für nötig, ihrerseits das Gespräch auf ihn zu bringen.
Chester hatte an ihre Tür geklopft, um sich zu vergewissern, dass sie wirklich nicht zum Essen kommen wollte und ihr angeboten, ihr etwas aufs Zimmer zu bringen. Sie hatte ihm versichert, nicht hungrig zu sein. Wahrscheinlich glaubte Chester, sie ließe das Abendessen ausfallen, weil sie sich mit Clint gestritten hatte. Sollte er doch denken, was er wollte. Sie brauchte einfach etwas Distanz. In Clints Gegenwart konnte sie keinen klaren Gedanken fassen. Alles, was er sagte, trug er so selbstbewusst vor, dass sie gar nicht auf die Idee kam, es zu hinterfragen. Er schien immer genau zu wissen, was er wollte – im Gegensatz zu ihr. Je selbstsicherer er auftrat, desto unsicherer wurde sie.
Ihr Handy klingelte. Wer rief denn um diese Zeit noch an? Tante Claudine ging gewöhnlich um neun ins Bett. Sie setzte sich auf und tastete nach dem Telefon. Stirnrunzelnd erkannte sie die Nummer auf dem Display: Sie gehörte Kim. Alyssa konnte sich nicht erinnern, ihr die neue Handynummer gegeben zu haben, die sie vor ein paar Wochen bekommen hatte.
Entschlossen nahm sie das Gespräch an. Sie konnte nicht ewig vor ihrer Cousine davonlaufen.
„Ich hatte schon gedacht, du seist vom Erdboden verschwunden“, begrüßte Kim sie.
Alyssa verdrehte die Augen. „Woher hast du meine Nummer?“
„Man hat so seine Quellen.“
Tante Claudine hatte ihr die Nummer bestimmt nicht verraten.
„Was willst du, Kim?“
„Wo bist du?“
„Das geht dich nichts an. Was willst du?“
„Alle fragen sich, wo du dich herumtreibst. Du hast es keinem erzählt.“
„Hab ich wohl.“
„Ja, Tante Claudine. Aber sie verrät es nicht. Sie behauptet, du wärst unterwegs zu einem Kunden.“
„Möglich“, entgegnete Alyssa ausweichend.
„Glaubst du nicht, dass wir beide uns mal unterhalten sollten, Alyssa? Ich habe keine Lust mehr, mir von dir vorwerfen zu lassen, ich sei schuld daran, dass du keinen Mann abkriegst. Ich kann ja schließlich nichts dafür, dass sie mich attraktiver finden als dich.“
„Kim, ich muss jetzt Schluss machen.“
„Und du willst mir wirklich nicht erzählen, wo du bist?“
„Nein.“
„Wie du willst.“
„Genau das will ich. Gute Nacht, und ruf bitte nicht wieder an.“ Alyssa beendete das Gespräch.
Wütend kletterte sie aus dem Bett. Da sie jetzt erst recht nicht mehr schlafen konnte, beschloss sie, ins Büro zu gehen und sich mit einem Computerspiel abzulenken.
Um diese Zeit schlief Clint wohl längst. Jedenfalls hoffte sie es. Sie öffnete die Schlafzimmertür und lauschte in den Korridor hinaus. Im Haus war es ganz still. Nur ein paar gedämpfte Lampen erhellten den Weg zu Clints Büro. Soviel sie wusste, waren sie beide die Einzigen, die sich im Haupthaus aufhielten. Chester wohnte ein paar Meilen weiter entfernt auf dem Gelände in einem Haus, das Sid Roberts ihm vermacht hatte.
Leise öffnete Alyssa die Tür zum Büro. Es war leer. Rasch schlich sie zum Schreibtisch. Während sie den Computer einschaltete, ging ihr die Unterhaltung mit Kim durch den Kopf, und erneut kochte die Wut in ihr hoch.
Plötzlich klopfte es an die Tür. Clint kam herein, und Alyssa erstarrte. Er schloss die Tür und lehnte sich dagegen.
„Ich … ich dachte, du würdest schlafen“, stammelte sie.
„Wie du siehst, bin ich hellwach“, grinste er.
Sie sah nicht nur das. Ihr Blick fiel auf sein weit aufgeknöpftes Hemd, unter dem seine muskulöse Brust zum
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