Julia Extra Band 0327
wieder entrissen wurde.
Und der Gedanke quälte ihn, dass es vielleicht zu spät war, seine Einstellung noch einmal zu ändern.
9. KAPITEL
Emelia wachte am nächsten Morgen allein auf, und als sie nach unten ging, erfuhr sie von Aldana, dass Javier erst am Abend wieder zurückerwartet wurde. Offenbar war er geschäftlich nach Malaga gerufen worden.
Mit spitzen Fingern händigte die Haushälterin Emelia eine Notiz aus. Diese bedankte sich, nahm sich eine große Tasse Milchkaffee und setzte sich damit hinaus auf die sonnige Südterrasse.
Erst dort faltete sie den Zettel auseinander, der Javiers unverkennbare Handschrift enthielt:
Wollte Dich nicht wecken. Wir sehen uns heute Abend. J.
Sie war enttäuscht, dass er sie nicht geweckt hatte, um sich zu verabschieden. Es gab so vieles, das sie ihm sagen wollte, aber er wählte wie üblich die Flucht nach vorn, um allen eventuellen Diskussionen zu entkommen. Damit behielt er die Kontrolle, nichts hatte sich geändert, außer dem Ausmaß der emotionalen Verletzungen, die Emelia drohten.
Später am Morgen brachte Aldana das mobile Haustelefon zu Emelia an den Pool. Es war die Ärztin, die sie am Tag zuvor untersucht hatte.
„Señora Mélendez, ich habe ein paar Ergebnisse der Blutuntersuchung vorliegen, die ich mit Ihnen besprechen wollte“, sagte Eva Garcia.
Ihr Tonfall machte Emelia zutiefst nervös. „Ja?“
„Sie sind schwanger.“
Drei Wörter, die in einem Sekundenbruchteil Emelias ganzes Leben auf den Kopf stellten.
Mit tauben, weißen Fingern umklammerte sie den Hörer, der ihr aus der Hand zu gleiten drohte. „Ich … ich bin schwanger?“
„Ja“, bestätigte die Ärztin. „Natürlich kann ich noch nicht genau sagen, wie weit die Schwangerschaft fortgeschritten ist. Es können erst wenige Wochen sein, sonst wäre den Ärzten im Krankenhaus schon etwas aufgefallen.“
„Aber wie kann das sein?“, stotterte Emelia verstört. „Ich habe doch die Pille genommen! Denke ich jedenfalls. So genau kann ich mich, ehrlich gesagt, nicht erinnern.“
„Vielleicht haben Sie hie und da mal die Einnahme vergessen? Diese niedrig dosierten Produkte öffnen bei Unregelmäßigkeit sehr schnell ein kleines Fruchtbarkeitszeitfenster. Wenn Sie sich daran erinnern könnten, wann Sie Ihre letzte Periode hatten, könnte ich Ihnen genau sagen, in welcher Woche Sie schwanger sind.“
Emelia dachte kurz nach. „Ich glaube, es war so drei bis vier Wochen vor dem Autounfall. Ich weiß noch, dass ich kurz darauf einen Virusinfekt bekam. Zwei Tage lang konnte ich praktisch nichts mehr bei mir behalten.“
„Das reicht, um die Wirkung der Pille stark zu beeinträchtigen“, schloss Dr. Garcia. „Dann sind Sie vermutlich schwanger geworden, bevor Sie nach London flogen. Es ist zwar noch ziemlich früh, dennoch können schon alle Symptome bei Ihnen auftreten. Manche Frauen reagieren auf die hormonelle Umstellung empfindlicher als andere.“
Vielleicht war auch meine Entscheidung, Javier zu verlassen, Folge meines chaotischen Hormonhaushalts? überlegte Emelia und dachte daran, wie übertrieben sie auf den Zeitungsartikel reagiert hatte.
Inzwischen war sie froh, sich nicht mehr an alle Einzelheiten dieser hässlichen Szene – wie Javier es nannte – erinnern zu können. Und dann hatte sie sich ihm auch noch auf dem Höhepunkt der Auseinandersetzung hingegeben! Seit wann war sie so haltlos leidenschaftlich? Und was hatte es für einen Nutzen, einerseits die Beziehung zu beenden und Javier andererseits um sexuelle Erlösung anzuflehen?
„Nun denn“, fuhr die Ärztin in geschäftsmäßigem Ton fort, „Sie sollten ab sofort ein paar Vitamine einnehmen. Und wir sollten bald einen Termin zum Ultraschall vereinbaren, wo ich Ihnen alles Weitere erkläre.“
Verwirrt bedankte Emelia sich und beendete das Gespräch. Schwanger! Sie legte eine Hand auf ihren flachen Bauch und konnte sich nicht vorstellen, dass darin nun neues Leben heranwachsen sollte.
Was Javier wohl dazu sagt? dachte sie. Ob er überhaupt an eine versehentliche Schwangerschaft glaubt? So zynisch, wie er ist, sicherlich nicht! Und auch wenn Emelia nicht mehr alles einfiel, was zwischen ihr und Javier vorgefallen war, wusste sie jedoch eines ganz genau: Sie würde niemals einem Mann gegen seinen Willen ein Kind unterjubeln. So etwas war eine gemeinsame Entscheidung, davon war sie aus tiefstem Herzen überzeugt.
Den Rest des Tages verbrachte Emelia damit, sich auf ihre neue Situation einzustellen und sich
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