Julia Extra Band 0327
ohnehin keine Probleme lösen, und nach körperlicher Nähe sehnen wir uns beide!
Und so versüßten sie sich die nächsten Stunden in ihrem Schlafzimmer mit ausgelassenen und verwegenen Liebesspielen. Sie fühlten sich wie frisch Verliebte, und vor allem für Emelia war jede einzelne Erfahrung eine doppelte Freude. Es frischte einerseits ihre Erinnerung auf und schenkte ihr gleichzeitig neue Eindrücke.
Anschließend duschten sie lange zusammen, seiften sich gegenseitig ab und genossen einfach das intime Zusammensein, ohne Ängste und Zweifel. Doch nach einer Weile fiel Javier auf, wie Emelia nachdenklich die Stirn runzelte.
„Was hast du, mi amor ?“, erkundigte er sich.
„Ach, nichts“, erwiderte sie mit einem halbherzigen Lächeln. „Ich denke nur nach.“
„Worüber?“ Javier reichte ihr ein flauschiges Badehandtuch und schlang sich dann selbst eines um die Hüften.
„Ich frage mich nur, wo das alles hier zwischen uns hinführen soll.“
Sein Unwillen, diese Themen zu berühren, war ihm deutlich anzusehen. Dennoch bemühte er sich um eine passende Antwort. „Das Leben lässt sich nicht immer in kleine, übersichtliche Schachteln verpacken, Emelia. Und es gibt uns auch nicht immer, wonach wir verlangen.“
„Aber was erwartest du denn beispielsweise vom Leben?“
Mitten beim Abtrocknen hielt er inne. „Das, was sich die meisten Leute wünschen: Erfolg, einen nachvollziehbaren Lebenssinn, Anerkennung, Zufriedenheit und so weiter.“
„Was ist mit Liebe?“
Achtlos warf er sein nasses Handtuch aufs Bett. „Ich mache mir nicht vor, dass Liebe ein fester Bestandteil des Lebens ist. Sie kommt und geht, und auf so etwas habe ich mich noch nie verlassen.“
Mental stärkte Emelia sich, um die schmerzhafte Wirkung seiner resignierten Worte auszuhalten. Würde Javier sie lieben, hätte er es längst zugegeben. Genug Zeit dafür hatte er wahrlich gehabt!
„Komm ins Bett, querida ! Du siehst aus wie ein Kind, das zu lange aufgeblieben ist.“
Gehorsam krabbelte sie unter die kuschelige Decke und dachte im ersten Moment, sie könne überhaupt nicht schlafen – nach allem, was dieser ereignisreiche Tag ihr abverlangt hatte. Doch sobald Javier sie in seine warme Armbeuge gezogen hatte, entspannte Emelia sich und driftete in einen tiefen Schlummer.
Er hielt sie eng umfasst und betrachtete ihre weichen Gesichtszüge im Schlaf. Früher hatte er geglaubt, die Zukunft würde durchgeplant vor ihm liegen, aber jetzt war sich Javier da nicht mehr so sicher. Seine emotionalen Lebensumstände änderten sich ja mittlerweile fast täglich!
Und je mehr Zeit er mit seiner Frau verbrachte, umso mehr wünschte er sich, ihre Beziehung wäre von langer Dauer. Er versuchte, sich das Kind vorzustellen, das sie gemeinsam bekommen könnten: ein dunkelhaariger kleiner Junge oder vielleicht auch ein Mädchen mit graublauen Augen und dem seidigen goldblonden Haar ihrer Mutter. Aber dieses geistige Bild verblasste, als wäre in Javiers Kopf kein Platz für derartige Vorstellungen.
Möglicherweise war es Schicksal und es war ihm schlichtweg nicht bestimmt, Vater zu werden. Nicht, dass er keine Kinder mögen würde. Einer seiner Kollegen hatte kürzlich Nachwuchs bekommen, und Javier betrachtete die Bilder des stolzen Vaters mit einem seltsamen Gefühl der Trauer und der Reue. Ihm fehlte etwas, da seine einsame Kindheit ein Loch in seine Seele gerissen hatte. Irreparabel. Oder nicht?
Wie es wohl wäre, Vater zu sein? Javier wüsste bestimmt nicht, was zu tun war. Und ihm war das Risiko viel zu groß, das Selbstwertgefühl eines kleinen Menschen nachhaltig zu stören, indem er das Falsche sagte oder tat. Kinder waren so unendlich verletzlich, das hatte er am eigenen Leib spüren müssen.
Niemals würde er den Tag vergessen, an dem seine Mutter starb. Zuerst war sie noch da gewesen, fürsorglich und von dem ihr eigenen Duft umgeben, und im nächsten Moment lag sie in einem glänzenden schwarzen Sarg. Unwiderruflich verloren für die Welt und vor allem für ihn. Rote Rosen zierten das dunkle Holz, und seit diesem Tag hasste er diese Blume mehr als jede andere Pflanze auf dieser Welt. Ihm wurde allein bei ihrem Anblick übel.
Innerhalb eines Jahres war er nach England auf ein Internat verschifft worden, weil sein Vater die Trauer über den Verlust seiner geliebten Ehefrau nicht verwinden konnte. Und Javier lernte, lieber nichts und niemanden auf dieser Welt zu lieben für den Fall, dass ihm dieses geliebte Wesen oder Etwas
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