Julia Extra Band 0328
„Verschwende bloß kein Mitleid an ihn. Glaub mir, er ist es nicht wert.“
„Ehrlich gesagt, geht es mir auch in erster Linie um dich“, bekannte sie offen.
„An mich ist es ebenso verschwendet!“
Victoria runzelte die Stirn. „Hast du irgendwann einmal versucht, mit ihm darüber zu sprechen?“
„Mein Vater ist kein Typ, mit dem man über Gefühle reden kann!“ Er griff nach seinem Champagnerglas und trank einen Schluck. „Aber du hast recht, Menschen trauern sehr unterschiedlich – die einen leiden, die anderen geben ihre Familie auf! Also lassen wir dieses Thema besser.“
Das war unmissverständlich.
„Was mich freut, ist die Tatsache, dass heute Abend schon mehr als das Doppelte vom Vorjahr an Spenden zusammengekommen ist“, wechselte Antonio geschmeidig das Thema. „Willst du tanzen?“, fragte er dann abrupt.
Victoria schaute hinunter auf die Tanzfläche. Das Orchester spielte ein langsames, romantisches Stück, und die Paare bewegten sich dicht aneinandergeschmiegt unter den funkelnden Kristalllüstern. Liebend gern hätte sie so mit Antonio getanzt, aber angesichts des Glitzerns in seinen dunklen Augen und ihrer eigenen, irritierenden Gefühle wagte sie es nicht.
„Ich glaube, diesen lasse ich noch aus. Danke …“
„Hast du etwa Angst?“
Etwas zu heftig hob sie den Kopf. „Nein! Warum sollte ich?“
Sinnend betrachtete er ihr vorgeschobenes Kinn und begegnete ihrem trotzigen Blick. „Ich glaube, da hat jemand einen verdammt guten Job gemacht, wenn er es darauf angelegt hatte, dich zu verletzen und zu verunsichern.“
„Soll das jetzt etwa die Retourkutsche dafür sein, dass ich mir angemaßt habe, dich analysieren zu wollen?“
„Wer weiß …?“ Antonio lachte leise und streckte seine Hand aus. „Komm schon“, bat er rau. „Trau dich … tanz mit mir.“
Victoria zögerte noch ein paar Sekunden, dann gab sie nach. Und kurz darauf schwebten sie wie die anderen Paare im Takt der wundervollen Melodie über die Tanzfläche. Es war berauschend, in Antonios Armen zu liegen, seinen Körper ganz dicht an ihrem zu spüren. Und als er sie noch ein wenig fester an sich zog, wusste Victoria ganz sicher, dass es ein Riesenfehler gewesen war, seinem Drängen nachgegeben zu haben.
„Du siehst, nichts Schlimmes passiert“, neckte er sie jetzt auch noch! „Kein Blitz und kein Donner kommt vom Himmel, alles ist ganz normal …“
Für dich vielleicht! dachte Victoria mit fliegendem Puls.
„Kein Sturm in Sicht …“, antwortete sie etwas atemlos und schloss die Augen. Für einen winzigen, seligen Moment gab sie sich ganz dem Zauber des Augenblicks hin und erlaubte sich, davon zu träumen, dass Antonio in jeder Hinsicht ihr Ehemann war! Dass sie endlich ihre mühsam aufrechterhaltenen Barrieren fallen lassen und ihn lieben könnte, wie es ihr Herz so sehr wünschte …
Antonio lieben! Der Gedanke traf sie wie ein Schock.
„Ich … ich glaube, ich habe genug vom Tanzen …“, murmelte sie erstickt und flüchtete aus seinen Armen und von der Tanzfläche.
„Was ist los?“, fragte Antonio verwirrt, als er Victoria kurz vor der Tür des Ballsaales einholte. Doch noch ehe sie etwas darauf erwidern konnte, wurden sie von einigen seiner Freunde aufgehalten, die es offensichtlich gar nicht abwarten konnten, die schöne Fremde an seiner Seite kennenzulernen.
Als Antonio ihnen Victoria ziemlich knapp als seine Ehefrau vorstellte, gab es kein Halten mehr. Unter Lachen, Neckereien und handfesten Tadeln ob seiner Verschwiegenheit wurden Antonio und Victoria zum Tisch der munteren Truppe geleitet und gnadenlos ausgefragt.
Während sich Antonio äußerst knurrig und wortkarg gab, gewann seine frisch angetraute Ehefrau die Herzen seiner Freunde im Sturm. Ohne das geringste Anzeichen von Verlegenheit gab sie bereitwillig Auskunft auf alle Fragen. Dabei schaffte sie es, die Umstände ihrer Blitzhochzeit nicht preiszugeben und trotzdem den Eindruck von absoluter Offenheit und strahlendem Selbstbewusstsein zu hinterlassen.
Was war nur aus dem grauen, schüchternen Mäuschen geworden, das sie noch vor einer Woche gewesen war? Er konnte den Wandel kaum fassen.
„Du scheinst dich ja prächtig amüsiert zu haben!“, stellte er später auf dem Rückweg ziemlich ungnädig fest.
„Das stimmt“, gab sie lächelnd zu. „Deine Freunde waren aber auch besonders reizend zu mir.“
„Trotzdem muss ich dich besonders vor den unverheirateten Männern warnen“, erklärte er steif. „Ihre
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