Julia Extra Band 0328
war ihr keiner der jungen Männer aus der Gegend zu nahe getreten – alle wussten, dass mit den Finch-Brüdern nicht gut Kirschen essen war, wenn man ihre kleine Schwester belästigte.
Es kam ihr nicht in den Sinn, dass Kyle die Grenze des Erlaubten überschreiten könnte, und sein Versuch, sie am Flussufer, im Schatten der Bäume zu verführen, traf sie deshalb völlig unvorbereitet. Als sie sich wehrte, verflogen sein Charme und der Zauber des Abends innerhalb von Sekunden, und was folgte, war ein Albtraum. Noch heute wurde ihr bei der bloßen Erinnerung daran so übel, dass sie sich fast übergeben musste.
Sally atmete ein paar Mal tief durch, um die Schreckensbilder zu verdrängen. All das lag in der Vergangenheit, sie hatte ihr Gleichgewicht wiedergefunden, wachte nachts nicht mehr schweißgebadet auf. Ihr Bruder Steve hatte sie damals vor dem Schlimmsten bewahrt, als er gerade noch rechtzeitig dazukam und Kyle mit ein paar gezielten Fausthieben auf immer in die Flucht schlug.
Danach machten es sich ihre Eltern und Brüder zur Aufgabe, Sally nicht mehr aus den Augen zu lassen. Sie verstand und schätzte ihre Besorgnis, aber schließlich blieb ihr nichts anderes übrig, als ihnen klarzumachen, dass sie alt genug sei, um auf sich selbst aufzupassen und auf eigenen Füßen stehen wolle. Um das zu beweisen, war sie in Sydney.
Jetzt durfte sie nur nicht vergessen, dass Logan Black ihr Arbeitgeber war. Nicht mehr und nicht weniger.
Am nächsten Tag kurz nach neun – Sally hatte gerade eine Eilsendung in Empfang genommen und plauderte mit dem Boten – stand er plötzlich vor ihrem Schreibtisch. Sofort wurde sie rot und geriet ins Stammeln. „G…guten Morgen, Mr. Black. Ka…kann ich etwas für Sie tun?“
Er gab keine Antwort. Stattdessen warf er dem jungen Mann einen vielsagenden Blick zu, worauf dieser sich eilig verabschiedete. Danach musterte er sie schweigend und sagte schließlich: „Um zehn Uhr erwarte ich einen wichtigen Besucher, Mr. Charles Holmes, den Präsidenten der Minmount Mining Company. Er ist mit den Räumlichkeiten vertraut, trotzdem möchte ich Sie bitten, dass Sie ihn, als eine Geste der Höflichkeit, in mein Büro begleiten.“
Er tut, als hätte die Begegnung von gestern nie stattgefunden, ging es Sally durch den Kopf. Umso besser – Distanz ist sicherer als Flirtversuche.
Sie hob das Kinn. „Ich werde nach Mr. Holmes Ausschau halten, Sir.“
„Gut. Miss Paige, meine Assistentin, weiß Bescheid und wird sich um alles Weitere kümmern.“
„Sie können sich auf mich verlassen, Mr. Black.“
Er nickte nur und ging.
Kurz vor zehn wurde ein wunderschöner Strauß weißer Rosen am Empfang abgegeben. Sofort war Sally Feuer und Flamme – wer mochte die Glückliche sein? Ein Geburtstagskind? Eine Angestellte mit einem heimlichen Verehrer? Wie romantisch! Sie sah bereits das überraschte Gesicht der Empfängerin vor sich, wenn sie ihr die Blumen überreichte. Eifrig suchte sie nach dem kleinen weißen Kuvert mit dem Namen.
„Wo ist die Begleitkarte?“, fragte sie den Boten.
„Es gibt keine, die Blumen sind für Mr. Black.“
„ Mr. Black? “ Sally blinzelte verdattert – weiße Rosen für einen Mann? Dann ging ihr ein Licht auf. Natürlich, sie waren ein Geschenk für die Frau in seinem Leben.
„Schön.“ Sie lächelte. „Ich bringe sie ihm sofort ins Büro.“
Logan Blacks Assistentin sah vom Schreibtisch auf, als Sally mit dem duftenden Strauß das Vorzimmer betrat. „Oh, die Rosen“, bemerkte sie gleichgültig. „Stecken Sie sie dort hinein.“ Mit einer Kopfbewegung wies sie in Richtung der Vase, die auf dem Schreibtisch stand, bevor sie sich wieder dem Computer-Bildschirm zuwandte.
Maria Paige gehörte zu den wenigen Personen bei Blackcorp, die Sally unsympathisch waren. Während sie die Rosen sorgfältig in der Vase anordnete, sagte sie beiläufig: „Sie wussten wohl, dass die Blumen kommen.“
„Natürlich“, entgegnete die Assistentin ungeduldig. „Der Florist hat einen Dauerauftrag und liefert freitags um zehn immer den gleichen Strauß. Mr. Black nimmt sie abends mit nach Hause.“
Genau, wie sie es sich gedachte hatte. Ein Grund mehr, nicht zu vergessen, dass der Mann ihr Chef war und sonst nichts.
Die Tür wurde geöffnet, und Marias mürrischer Ausdruck verschwand wie von Zauberhand, als ein elegant gekleideter Herr mit silbergrauen Schläfen hereinkam.
„Mr. Holmes.“ Sie griff nach dem Telefonhörer. „Ich gebe Mr. Black sofort
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