Julia Extra Band 0331
auch so einen.“
Alekos wusste nicht, was er zu ihnen sagen sollte. Die Kinder rüttelten am Zaun, während sie sein Auto bewunderten.
Er sah, dass Kelly sich ängstlich nach ihren Schützlingen umschaute. Natürlich bemerkte sie es instinktiv, wenn sich ein Kind von der sicheren Herde entfernte. So war sie eben. Sie war chaotisch, verträumt, lebhaft und fürsorglich. Und sie wäre nie wortlos an einer Schar Kinder vorbeigegangen.
Zuerst bemerkte sie das Auto, und Alekos beobachtete, wie die Farbe aus ihrem Gesicht wich. Ihre Blässe betonte das ungewöhnliche Saphirblau ihrer Augen.
Offenbar kennt sie keinen anderen Mann mit einem Ferrari, dachte Alekos grimmig. Seine Wut wurde noch stärker, weil sein Anblick sie so sehr erschütterte.
Was hatte sie gedacht? Dass er zusehen würde, wie sie den Ring – den er an ihren Finger gesteckt hatte – an den Meistbietenden verkaufte?
Über den grauen Asphalt des Schulhofs hinweg trafen sich Blicke aus großen blauen und glühenden schwarzen Augen.
Die Sonne kam hinter einer Wolke hervor und tauchte ihr Gesicht in goldenes Licht. Es erinnerte ihn daran, wie sie an jenem Nachmittag an seinem Strand auf Korfu ausgesehen hatte. Sie trug einen winzigen türkisfarbenen Bikini und ein bezauberndes, unbefangenes Lächeln.
Doch Alekos durfte jetzt nicht an damals denken, er musste sich auf das Hier und Jetzt konzentrieren.
„Jungs!“ Ihre Stimme klang wie geschmolzene Schokolade mit einem Hauch Zimt. „Ihr dürft nicht über den Zaun klettern! Das ist gefährlich.“
Alekos spürte, wie sich ein Gefühl in ihm regte. Vor vier Jahren wäre sie über den Schulhof gelaufen und hätte sich in seine Arme geworfen.
Als sie ihn jetzt aber so ansah, als wäre er aus einem Raubtierkäfig entwischt, wurde seine ohnehin schon starke Anspannung noch größer.
Alekos richtete sich an einen der Jungen. „Ist das eure Lehrerin?“
„Ja.“ Trotz der Warnung versuchte der Junge am Zaun hochzuklettern. „Sie sieht zwar nicht so streng aus, aber wenn du etwas ausgefressen hast, dann: Bamm!“ Er schlug die Faust in die Hand, und Alekos durchfuhr ein Schreck.
„Sie schlägt euch?“
„Soll das ein Witz sein?“ Der Junge schüttelte sich bei dem Gedanken vor Lachen. „Die könnte nicht einmal einer Spinne etwas zuleide tun. Sie fängt sie in einem Glas und trägt sie aus dem Klassenzimmer. Und laut wird sie auch nie.“
„Aber du hast ‚Bamm‘ gesagt.“
„Miss Jenkins kann einen mit einem Blick fertig machen. Bamm!“ Der Junge zuckte die Schultern. „Sie macht, dass man sich ganz schlecht fühlt, wenn man etwas ausgefressen hat. Als ob man sie enttäuscht hätte. Aber sie würde nie jemandem wehtun.“
Miss Jenkins! Alekos sog die Luft scharf ein. Sie war also nicht verheiratet. Sie hatte noch nicht die vier Kinder, die sie sich wünschte.
Erst, als die Frage geklärt war, wurde ihm bewusst, dass er in Gedanken mit einer anderen Antwort gerechnet hatte.
Sie kam über den Schulhof auf ihn zu, als würde sie an einer unsichtbaren Schnur gezogen. Wenn sie die Wahl gehabt hätte, wäre sie bestimmt lieber in die entgegengesetzte Richtung davongelaufen. „Freddie, Kyle, Colin.“ Sie rief die Jungen mit einem sehr bestimmten Tonfall, der keinen Zweifel daran ließ, dass sie sich in einer Gruppe ausgelassener Kinder durchsetzen konnte. „Geht vom Zaun weg.“
Die Jungen bestürmten sie mit Fragen, und Alekos bemerkte, dass sie jedem eine Antwort gab und sie nicht einfach zum Schweigen brachte, wie es die meisten Erwachsenen taten. Die Kinder schienen sie aufrichtig zu lieben.
„Haben Sie das Auto gesehen, Miss Jenkins? Das ist total cool.“
„Es ist nur ein Auto, Collin. Vier Räder und ein Motor.“ Sie wandte den Kopf und sah Alekos mit einem falschen Lächeln an. „Kann ich Ihnen helfen?“
Sie hatte ihre Gefühle nie sonderlich gut verstecken können.
Sie war entsetzt, ihn hier wiederzusehen. Alekos kochte innerlich vor Wut.
„Hast du Schuldgefühle, agape mou ?“
„Schuldgefühle?“
„Du scheinst dich nicht gerade über das Wiedersehen zu freuen“, sagte er mit einschmeichelnder Stimme. „Warum bloß?“
Auf ihren Wangen erschienen zwei rote Flecken, und ihre Augen glänzten verdächtig. „Ich habe dir nichts zu sagen.“
Er hätte diese Bemerkung verächtlich abtun sollen, aber er dachte jetzt nicht mehr daran, dass er eigentlich wegen des Rings gekommen war. Ein ganz anderer Gedanke machte sich in ihm breit. Dieser Gedanke war heiß, wild
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