Julia Extra Band 0332
sich in eine Lage manövriert, in der sie unablässig an die Vergangenheit erinnert wurde. Sich all dem nun wieder auszusetzen, erschien ihr als der Gipfel der Dummheit.
Doch nun war sie hier, und nach dem Frühstück würde die konzerneigene Maschine sie nach Mallorca bringen. Dort, in Teresas Villa in Cala Fornells in Calvià, würde sie einen herrlichen Blick auf das Mittelmeer haben, und konnte Raúl aus dem Weg gehen.
Doch all diese Überlegungen halfen ihr im Moment nicht weiter, wo er in Armeslänge neben ihr stand. Sein kraftvoller, nur halb bekleideter Körper erinnerte sie nur zu heftig daran, dass sie auch damals öfter aus dem Bett geschlüpft war, weil sie nicht einschlafen konnte. Dann pflegte er ihr den Nacken und die Schultern zu massieren und die Verspannungen zu lösen, bevor er sie hochhob und wieder ins Bett zurücktrug.
Einen kurzen Augenblick lang spürte sie die Sehnsucht nach seinen Berührungen und Zärtlichkeiten. Ob er auch so fühlte? Es war ihm nicht anzumerken, und sie versuchte sich selbst davon zu überzeugen, dass sie es doch gar nicht wollte .
Stattdessen stand sie da, sich seiner Gegenwart sehr bewusst und beinahe gefügig, genau das Gegenteil dessen, was sie versuchte vorzugeben. Verdammt, sie konnte seinen Duft riechen, diese Mischung aus dem typischen Geruch seines Körpers und seines Aftershaves.
Erinnerungen wurden geweckt … die sie vergessen wollte.
Entschieden trank sie den Rest ihrer Milch aus und deutete auf den leeren Becher. „Ich bringe ihn in die Küche, dann gehe ich wieder zu Bett.“ Einen Wimpernschlag lang wartete sie, dann wünschte sie ihm übertrieben höflich eine gute Nacht.
Er tat nichts, um sie aufzuhalten. Etwas in ihr hätte sich fast gewünscht, er würde es tun.
Bist du verrückt?
Dieser Gedanke klang noch nach, als sie wieder ins Bett schlüpfte und die Nachttischlampe ausknipste. Es war das letzte, das sie dachte, bevor sie in tiefen Schlaf fiel.
4. KAPITEL
Der Notizzettel fiel Gianna sofort auf, als sie die Küche betrat. Ich habe schon gefrühstückt. Bedien dich einfach. Abflug nach Mallorca um neun Uhr. R
Gianna war erleichtert, ohne Raúl frühstücken zu können. Sie entschied sich für Haferflocken, Obst und einen starken Kaffee. Während des Frühstücks überflog sie die wichtigsten Überschriften in der Tageszeitung, die auf dem Tisch lag, und war überrascht, wie gut ihr Spanisch noch war.
Bald würde Carlos vor der Tür stehen, um sie zum Flugzeug zu bringen. Danach würde sie wenigstens Raúls Anwesenheit nicht mehr ertragen müssen. Natürlich würde er das eine oder andere Mal Teresa besuchen kommen, doch sicher nicht täglich.
Raúl wartete bereits in der Lounge auf sie und sprach auf Französisch in sein Handy. Das überraschte sie nicht weiter, denn das Geschäft bestimmte den Großteil seines Lebens. Aber vielleicht sprach er ja gerade mit einer Frau. Allein der Gedanke daran verursachte ihr Schmerzen.
Dann erstarrte sie, als ihr Blick auf einen riesigen Koffer zu seinen Füßen fiel.
Bitte erspare mir, dass er mit nach Mallorca kommt.
Obwohl – warum sollte er nicht? Teresa war seine Mutter, und er hatte über eine Woche in Australien verbracht, in der er sie nicht mehr gesehen hatte.
Genau in diesem Augenblick beendete Raúl sein Telefonat und wandte sich ihr zu. „Guten Morgen. Alles bereit?“
„Hi“, sagte sie fröhlich und zeigte auf ihre Reisetasche. „Ja.“
„Gehen wir.“ Er nahm beide Gepäckstücke auf. Sie verließen das Apartment und nahmen den Aufzug ins Erdgeschoss, wo Carlos bereits wartete.
Der Flug verlief unspektakulär, ebenso die Ankunft. Ein Wagen mit Chauffeur wartete bereits am Flughafen in Palma, um sie zu Teresas Villa zu bringen.
Etwas Magisches lag über den balearischen Inseln, fand Gianna. Speziell über Mallorca mit seinen schönen Häusern und Villen, den grünen Hügeln und dem glasklaren Wasser des Mittelmeers. Wunderbare Ausblicke boten sich überall und das Leben verlief deutlich ruhiger als in Madrid.
Teresas Anwesen lag auf einer Anhöhe mit sorgfältig gepflegten Gärten und wunderschönen, herrlichen Blumen in den unterschiedlichsten Farben. Hohe Eingangsportale gaben den Weg zu einer sichelförmigen Auffahrt frei. Dahinter befand sich das zweistöckige Gebäude, dessen massive, mit Bronze beschlagene Holztüren einladend offen standen.
Davor stand Teresa, die sie aufs Herzlichste begrüßte. Eine schlanke Frau Anfang sechzig, die Gianna innig umarmte, bevor
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