Julia Extra Band 0345
eigenen Entscheidungen fällen musste. Sie würde fortan nur noch tun, wozu ihr Instinkt ihr riet.
5. KAPITEL
Die Kellnerin riet ihnen, zu den beiden Vorspeisen nur ein gemeinsames Hauptgericht mit einer Gemüsebeilage zu wählen. Die Portionen waren üppig, und sie würden sicherlich auch ein Dessert essen wollen.
„Und ob“, sagte Laura. „Ich muss unbedingt das Sesameis mit kandiertem Popcorn probieren.“
„Und ich nehme den Spezial-Cocktail: Gin, Wermut, Crème de Cacao, serviert in einem Becher aus Schokolade mit Sesam und Cashewnüssen.“
Laura musste lächeln. Das klang schon wieder nach James Bond. Vielleicht war Jake nicht 007, aber ein großer, hübscher und gefährlicher Mann war er dennoch. Gefährlich für ihren Seelenfrieden in jedem Fall. Aber sie war jetzt fest entschlossen, das Beste aus dem Abend machen.
„Wieder dieses bezaubernde Lächeln“, bemerkte Jake.
„Mir gefällt der Gedanke, von deinem Nachtisch zu naschen“, erwiderte sie. Zu gern hätte sie auch von ihm genascht. „Wir müssen noch das Hauptgericht auswählen.“
„Wir nehmen das, was du ausgesucht hast: zweimal gebratenes Schweinefleisch mit Räuchertofu, chinesischem Schnittlauch, Knoblauch und Chili-Öl. Die Beilage suche ich aus.“
„Nämlich?“
„Gebratene Bambusspitzen mit Zuckerschoten, Wachteleiern, Ingwer und Knoblauch. Und dazu einen trockenen Weißwein.“
Die Kellnerin nahm die Bestellung entgegen und verließ den Tisch.
Laura seufzte zufrieden auf und lehnte sich in ihrem Stuhl zurück. „Wie war deine Woche?“, begann sie das Gespräch.
Er lächelte verführerisch. „Sehr gut, denn am Ende habe ich mich mit dir getroffen. Und bei dir?“
„Schrecklich. Ich habe dich nicht aus dem Kopf bekommen.“
„Da bin ich ja froh, dass es nicht nur mir so ging. Die Frage ist nur, ob man dem Feuer Nahrung geben soll oder nicht.“
„Heute Abend bin ich für Nahrung.“
„Ich auch.“ Während Jake das sagte, aß er sie mit seinen Augen beinahe auf.
Auch Laura hätte ihn zu gern noch einmal geküsst. Aber eigentlich wollte sie sich niemandem hingeben, den sie erst so kurze Zeit kannte.
„Ich meinte das Essen im Restaurant. Ich kenne dich ja kaum.“ Sie blickte ihn ernst an. „Mein Vater scheint dich sehr zu mögen. Das ist nicht gerade ein Empfehlungsschreiben. Bei deinem Besuch am Sonntag hast du dir ein Bild von meinem Leben machen können. Ich weiß von dir nur, dass deine Mutter sehr früh gestorben ist. Was ist mit dem Rest deiner Familie?“
„Meine Eltern sind beide gestorben, als ich achtzehn Jahre alt war. Geschwister habe ich nicht. Ich gehe allein durchs Leben und muss nicht in meiner Familie vermitteln, wie du es am Sonntag getan hast.“
„Du bist nur dir selbst verantwortlich?“
„Ja.“
„Und du hast keine feste Freundin?“, wagte Laura sich vor.
Er schüttelte den Kopf. „Nein. Ich habe noch keine Frau getroffen, mit der ich mein Leben verbringen möchte.“
Da ihr dieses Gefühl durchaus vertraut war, nickte sie verständnisvoll. „Ein großer Schritt. Ich weiß noch nicht einmal, ob ich es versuchen möchte.“
„Du liebst deine Freiheit über alles“, das klang eher nach einer Feststellung als nach einer Frage.
„Ich habe miterlebt, wie viele Kompromisse meine Mutter eingegangen ist“, erwiderte sie.
„Nicht alle Männer sind wie dein Vater, Laura“, sagte Jake ernst. „Die Ehe meiner Eltern war sehr glücklich. Ich habe eine wunderbare Kindheit verbracht.“
Neid stieg in ihr auf, gleichzeitig verspürte sie Mitleid. „Immerhin war deine Kindheit glücklich. Und ich verstehe, dass du dich nach dem Verlust sehr einsam fühlst.“
Obwohl Jake mit einem Schulterzucken antwortete, bemerkte Laura, dass er im Inneren sehr aufgewühlt war. „Es ist zehn Jahre her. Ich habe mich daran gewöhnt, allein im Leben zu stehen.“
Sie glaubte ihm nicht, sondern spürte, dass der Verlust tief in ihm nagte. Plötzlich sah sie im Geiste das Bild eines einsamen Wolfs, der darauf wartete, sich zu rächen.
Hat er deshalb diesen Beruf gewählt, fragte sie sich. In der Insolvenzverwaltung ging es hauptsächlich um Verluste. Am Sonntag im Garten hatte er voller Mitgefühl von dem traumatischen Erlebnis einer Insolvenz gesprochen und gesagt, dass er den Menschen helfen wolle. Dieses Eingeständnis hatte sie überrascht. Jetzt gelangte sie immer mehr zu der Überzeugung, dass er wirklich nicht so war wie ihr Vater.
„Der Mann, der ohne einen Menschen auskommt“,
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