Julia Extra Band 0345
machen. Bei ihrer Rückkehr machte sie eine weitere beunruhigende Entdeckung.
Jake sah nicht zu ihr hin. Er saß nachdenklich am Tisch mit einem finsteren Gesichtsausdruck. Sie erkannte sofort, dass etwas nicht stimmte. War etwas in seinem Privatleben geschehen? Warum nur vertraute er sich ihr nicht an? Seit drei Monaten trafen sie sich jetzt regelmäßig und waren sich körperlich so nah gekommen. Er musste doch längst wissen, dass er ihr alles sagen konnte.
Als sie am Tisch ankam, riss er sich von den trüben Gedanken los und lächelte sie an. Doch Laura konnte nicht anders, sie musste nachhaken. „Woran hast du gerade gedacht?“
Er schüttelte den Kopf und lächelte schief. „An die Vergangenheit. Es hat nichts mit dir zu tun. Ich habe ein Taxi gerufen. Es wartet schon.“
Mit dieser Antwort wollte sie sich nicht zufriedengeben. „Ich möchte es aber wissen.“
Widerwillig antwortete er ihr: „Ich habe an meine Eltern gedacht. Sie sind leidenschaftlich gern zusammen essen gegangen.“
„Ach.“ Lauras Herz machte trotz allem einen kleinen Freudensprung. Auch wenn Jake die Erinnerung traurig gemacht hatte, so verglich er ihre gemeinsamen Restaurantbesuche immerhin mit dem Leben seiner Eltern. Ihre Beziehung musste ihm also doch mehr bedeuten, als er ihr gegenüber zugab.
„Ich habe für heute Abend ein Zimmer im Sheraton reserviert“, sagte er beim Verlassen des Restaurants.
Das Sheraton lag im Zentrum von Sydney, nur einen Katzensprung von Jakes Wohnviertel entfernt. Wie immer war Laura enttäuscht, dass er sie nicht zu sich nach Hause einlud, doch ließ sie es sich nicht anmerken.
Im Taxi saßen sie schweigend nebeneinander. Laura freute sich auf das sinnliche Erlebnis mit Jake und vermutete, dass es ihm ähnlich erging. Es kam ihr vor, als hielte er ihre Hand noch fester als sonst.
Ihr Verlangen nacheinander war alles andere als abgekühlt. Sobald sie die Tür hinter sich geschlossen hatten, umarmten und küssten sie einander mit einer solchen Leidenschaft, als gäbe es kein Morgen. Auf dem Weg zum Bett entledigten sie sich rasch ihrer Kleider, erfüllt von einem Begehren, das sofort gestillt werden musste. Später konnten sie sich mehr Zeit für das Liebesspiel nehmen.
Das Nachspiel kam Laura ebenfalls intensiver vor als die Male zuvor, und sie genoss es. Bedeutete das nicht, dass Jake allmählich mehr für sie empfand als rein sexuelle Lust? Es dauerte lange, bis beide einschliefen. Am nächsten Morgen erwachte Laura davon, dass Jake sie zärtlich streichelte. Sie schlang die Arme um ihn, und bald wurden seine Berührungen verlangender. Bisher hatten sie sich noch nie am Morgen danach geliebt. Laura wertete auch das als ein Zeichen, dass ihre Beziehung langsam ernster wurde.
Nach dem Frühstück machten sie sich bereit für den Aufbruch. Als sie an der Tür des Zimmers angekommen waren, drehte Jake sich noch einmal zu ihr um und küsste sie mit einer solchen Leidenschaft, dass sie noch im Fahrstuhl ganz benommen davon war. Ihre Hoffnung wuchs, dass er sie dieses eine Mal zu sich nach Hause einladen würde.
Ein Taxi wartete vor dem Hotel. Jake hielt die Tür für sie auf, und sie rutschte auf der Rückbank zur Seite, damit er ebenfalls einsteigen konnte. Aber anstatt sich zu ihr zu setzen, ging Jake auf die Seite des Fahrers und nannte diesem Eddies Adresse. Dann drückte er ihm einen Geldschein in die Hand.
„Kommst du nicht mit?“, fragte sie verwirrt.
Er starrte sie aus ausdruckslosen dunklen Augen an. „Nein, ich habe einen anderen Weg, Laura“, erwiderte er dann bestimmt, lehnte sich durch das geöffnete Fenster und streichelte ihre Wange. „Es war schön mit dir. Vielen Dank.“
Abrupt zog er die Hand weg, machte einen Schritt zurück und gab dem Fahrer ein Zeichen. Das Taxi setzte sich in Bewegung.
Laura war zu perplex, um zu protestieren. All ihre Hoffnungen, Träume und Erwartungen waren mit einem Mal dahin. Jake hatte ihr Lebewohl gesagt! Kein Wort darüber, dass sie sich in der nächsten Woche wiedersehen würden. Abwesend legte sie eine Hand auf die Wange, als wollte sie seine letzte Berührung für immer festhalten.
Warum hat er das getan? fragte sie sich. Es gab keinen Grund, etwas aufzugeben, das so schön gewesen war. Bestimmt würde er sie im Lauf der Woche anrufen. Es konnte nicht vorbei sein. Doch je länger sie darüber nachdachte, desto sicherer war sie, dass er ihr mit all seinen Gesten und Berührungen in der letzten Nacht für immer Lebewohl gesagt hatte.
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