Julia Extra Band 0345
Wo sollte dein Bruder denn sonst sein?
Zoe folgte seinem Blick. Toby lag genau neben ihr und schlief selig.
„Er hat seine Flasche mit diesem grässlichen Zeug leer getrunken, und anscheinend hat es ihm gut geschmeckt“, ließ Anton sie wissen. „Und dann habe ich einen Job erledigt, der keinem Mann in meiner Position zugemutet werden sollte.“
„Du hast ihn gefüttert und ihm die Windel gewechselt?“ Zoe drückte einen sachten Kuss auf Tobys dunklen Schopf.
„Er hat meine ersten stümperhaften Versuche mit erstaunlicher Nachsicht über sich ergehen lassen. Mein Anzug hat eine Dusche erhalten, aber da du vorher schon mein Jackett mit deinen Tränen aufgeweicht hast, musste ich mich so oder so umziehen.“
Davon erwähnte er nichts, dass alle seine Leute ihm angeboten hatten, diesen Job zu übernehmen. Windeln zu wechseln, war seine gerechte Strafe. Ebenso sah er es als eine Lektion an, dass seine Leute ihm die kalte Schulter gezeigt hatten, als er vor gut einer Stunde aus Schlafraum gekommen war.
„Ich weiß nicht, was ich sagen soll“, murmelte Zoe.
„Ein Danke wäre vielleicht angebracht!?“
Nicht im Leben! „Höflichkeit ist an dich völlig verschwendet. Vergiss nicht, du hast uns gekidnappt.“
„So schnell kehren wir also wieder zu den Feindseligkeiten zurück?“ Mit einem schweren Seufzer glitt er geschmeidig vom Bett und ging zum Schrank.
„Du hast mich belogen und zu Tode geängstigt!“
„Nun, etwas hat dich tatsächlich zu Tode geängstigt.“ Er holte ein Jackett aus dem Schrank und schlüpfte hinein. „Ich habe schon überlegt, ob es vielleicht der Kuss war!?“
Sobald er den Kuss erwähnte, weigerte sie sich, ihn weiter anzusehen. Feindseligkeit war nur ein Teil davon, was sie fühlte. „Vermutlich hätte ich das von einem Mann erwarten müssen, der im Dunstkreis von Theo Kanellis groß geworden ist.“ Sie setzte sich auf und nahm das Baby vorsichtig auf den Arm. „Ein eiskalt kalkulierender Unmensch.“
„Gar kein Zweifel, du hast mich durchschaut, Zoe. Sollte ich mich dafür entschuldigen, dass ich dir Angst eingejagt habe?“
„Wirst du das Flugzeug auf der Stelle nach England zurückfliegen lassen?“
Er dachte kurz nach. „Nein.“
Sie sah zu ihm hin, auch wenn sie sich vorgenommen hatte, es nicht zu tun. Ein leises Prickeln lief über ihren Rücken. Er sah wieder makellos aus, einfach fantastisch, was ihr bewusst machte, wie zerknittert und zerknautscht sie selbst aussehen musste. „Dann hätte eine Entschuldigung den gleichen Wert wie die Behauptung, du seist ein Ehrenmann.“
Mit einem mulmigen Gefühl sah sie, wie er mit wenigen Schritten auf das Bett zukam. Was mochte er als Nächstes vorhaben?
„Wäre ich offen und ehrlich gewesen, wärst du dann mitgekommen?“
Sie strich sich das Haar aus dem Gesicht und schüttelte den Kopf. „Nein.“
„Dann ist meine Ehre völlig intakt. Du konntest unmöglich in dem Haus deiner Eltern bleiben, und ich konnte dir keinen anderen Ort bieten, um dem Medienrummel zu entfliehen, außer mein Privatanwesen in Griechenland.“
„Liegt dein Anwesen zufälligerweise auf Theo Kanellis’ Privatinsel?“
„Nein, und ehrlich gesagt, dein Sarkasmus geht mir langsam auf die Nerven, Zoe. Ich gebe zu, meine Vorgehensweise war vielleicht grob. Ich kann auch verstehen, wieso du dich von mir getäuscht fühlst. Aber das Kind, das da neben dir liegt, ist zur Hälfte Grieche. So wie du übrigens auch. Der Junge hat ein Recht darauf, seine griechische Familie zu kennen, selbst wenn du nichts mit ihr zu tun haben willst. Oder hattest du ernsthaft vor, die Fehde in die nächste Kanellis-Generation hinüberzutragen? Denn wenn du das willst, bist du nicht anders als der Mann, den du nicht deinen Großvater nennen kannst. Denk darüber nach!“, sagte er noch, bevor er zur Tür ging. „Wir landen in einer Stunde.“
Zoes Blick bohrte Löcher in seinen Rücken. „Mitgiftjäger“, murmelte sie.
Anton erstarrte mitten in der Bewegung. Zoe hatte keine Ahnung, warum sie das gesagt hatte, es war ihr wie von allein über die Lippen geschlüpft. Ihr Puls beschleunigte sich, als Anton sich langsam zu ihr umdrehte.
Der allmächtige griechische Tycoon war zurück – der Mann, der heute Morgen vor ihrer Haustür gestanden hatte und aussah, als gehörte ihm die ganze Welt. Seine Miene wirkte völlig reglos, und seine Augen glitzerten wie schwarzer Jadestein.
„Du tauchst bei mir auf“, fuhr sie trotzig fort, „und verleitest mich
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