Julia Extra Band 0345
panisch jeglichen Blickkontakt vermied. In ihrer angenehmen Altstimme schwang ein leicht hysterischer Unterton mit. Der heftig pochende Puls an ihrem Hals verriet, wie aufgewühlt sie war.
Es war nicht einfach, das drängende Verlangen zu unterdrücken. Hätte Emilio jetzt erneut ihren Mund betrachtet, wäre es um ihn geschehen gewesen.
Das war der Nachteil, wenn man sich in der Öffentlichkeit küsste.
Du hast schon viele attraktive Männer kennengelernt, Megan, schalt sie sich im Stillen. Du brauchst dich in Emilios Gegenwart nicht gleich in eine daherplappernde Närrin zu verwandeln. Sie war keine heimliche Bewunderin von ihm. Seine unfairen Anschuldigungen und verächtlichen Worte konnten ihr nicht wehtun. Er hatte keine Macht mehr über sie. Er war einfach ein gut aussehender Mann, den sie mal flüchtig gekannt hatte, weil er mit ihrem Bruder zusammen studiert hatte.
Und warum raubte sein Anblick ihr den Atem? Wieso prickelte es an ihrem ganzen Körper? Sie senkte den Kopf und fuhr sich geistesabwesend mit der freien Hand über die Stirn.
Aber ein Mann wie Emilio war eben etwas Besonderes. Allein dieser Mund … Doch auch der war kein Grund, sich wie ein verschossener Teenager zu benehmen!
„Ich weiß, ich habe es gehört.“
Plötzlich drang eine vertraute Stimme trotz des Lärms und des Schocks, den Megan erlitten hatte, zu ihr durch, die Emilios Namen rief.
Er ließ sich nicht anmerken, ob er es gehört hatte, sondern schaute Megan nur schweigend an. Sie versuchte, seine Miene zu deuten.
„Du hast mich geküsst.“
Er zog eine dunkle Augenbraue hoch. „Und ich dachte schon, du hättest es nicht bemerkt.“
„Ich ignoriere es. Wie eine lästige Fliege.“
„Dann magst du mich also nicht?“
Diese Möglichkeit schien seinem Selbstvertrauen allerdings keinen Abbruch zu tun. Sie selbst dagegen rang noch immer um Fassung.
Ganz ruhig ermahnte sie sich.
Mit sengendem Blick betrachtete Emilio die weichen Konturen des schönen Gesichts, bevor er flüchtig den wogenden Busen anschaute und dann vorsichtshalber doch lieber in Megans Augen sah, deren Goldton ihn schon immer fasziniert hatte.
Davon war jetzt aber nur ein schmaler Ring um die großen Pupillen zu erkennen. Megans Teint war unglaublich. Abgesehen von den rosig schimmernden Wangen war er milchweiß und völlig makellos. Ob ihr ganzer Körper so erregend hellhäutig war?
Hingerissen beobachtete er, wie sie das schimmernde Haar zurückwarf und ihn stolz musterte. Leg dich nicht mit mir an! schien dieser Blick zu sagen. Emilio wurde es heiß. So lebendig hatte er sich lange nicht mehr gefühlt. Und natürlich nahm er die Herausforderung an.
Er konnte es kaum erwarten, sich mit Megan anzulegen.
Da sie den Umgang mit von sich selbst überzeugten Männern durchaus gewohnt war, wusste sie, dass man ihnen mit einigen wohl gewählten Worten, vielleicht einem Kompliment, leicht den Wind aus den Segeln nehmen konnte.
Die Frage war nur: Wieso tat sie es nicht? Warum stand sie einfach nur schweigend da?
Einflussreiche, erfolgsverwöhnte Männer liebten es, wenn man ihnen Komplimente machte. Darin unterschieden sie sich kaum von Durchschnittsmenschen.
Megan atmete tief durch, öffnete den Mund und hörte sich sagen: „Genau. Ich kann dich überhaupt nicht leiden.“ Verdutzt verstummte sie. Eigentlich wollte sie doch seinem Ego schmeicheln.
„Du kennst mich gar nicht, obwohl du dir das einbildest.“
Feindselig musterte sie ihn. „Schon möglich, aber ich will dich auch gar nicht kennenlernen. Und wenn du mich noch ein einziges Mal küsst, dann …“
Lächelnd zog Emilio eine Augenbraue hoch. „Was dann?“, erkundigte er sich gespannt.
Gute Frage, dachte Megan. „Das willst du gar nicht wissen. Also lass es einfach!“
Mit dieser Drohung würde sie ihn wohl nicht gerade in die Flucht schlagen. Insgeheim ahnte Megan, dass sie auch seinen nächsten Kuss erwidern würde.
Emilio schien ihre Gedanken zu lesen, denn seine Augen glitzerten gefährlich. „Jetzt habe ich aber Angst“, witzelte er.
Sie bedachte ihn mit einem wütenden Blick, während ihr Herz noch aufgeregter klopfte.
Erneut hörte Megan, wie jemand Emilios Namen rief, und wollte sich gerade umsehen, doch Emilio umfasste ihr Kinn und hielt sie davon ab.
Die unvermutete Berührung ließ sie erschauern. Schockiert holte Megan Luft.
Sie wollte die Hand wegstoßen.
Sie wollte ihm mitteilen, dass sie kein Interesse an ihm hatte.
Sie wollte ihm sagen, er sollte sofort
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