Julia Extra Band 0349
es so oft, dass es sich anfühlt wie meine Maschine. Aber D’Aquila fliegt sie auch.“
„Und es stört ihn nicht, dass wir sie jetzt benutzen? Nun, von mir weiß er ja nichts, aber …“
„Nein, es stört ihn nicht. Ich würde es nicht tun, wenn es anders wäre.“
„Natürlich nicht.“ Isabella legte ihre Hand auf seinen Arm. „Du magst ihn, nicht wahr?“
„Ich mag bestimmte Dinge an ihm. Andere Sachen hingegen … da sollte er definitiv etwas ändern. Im Grunde ist er einfach nur ein Mann wie jeder andere auch.“
Nach einem leidenschaftlichen Kuss ging er für eine gewissenhafte Inspektion einmal um die Maschine herum. Anschließend half er Isabella beim Einsteigen und Anschnallen, setzte ihr die Kopfhörer auf und wandte sich den unzähligen Knöpfen und Schaltern zu, um einmal die Checkliste vor dem Start durchzugehen. Isabella beobachtete ihn fasziniert.
Was für ein erstaunlicher Mann er doch war! „Ich kenne niemanden, der einen Pilotenschein hat“, sagte sie beeindruckt.
„Schon als Kind habe ich Flugzeuge geliebt. Als sich mir dann die Chance bot zu lernen, wie man ein Flugzeug fliegt, war ich sofort Feuer und Flamme.“ Das echte Interesse auf ihrer Miene freute ihn. „Damals arbeitete ich in einer Bohrmannschaft auf den Ölfeldern in Brasilien. Der Vorarbeiter hatte eine kleine Propellermaschine.“ Er lachte sie jungenhaft an. „Ich muss den armen Mann mit meinen Fragen entsetzlich genervt haben. Vermutlich sah er keinen anderen Weg, um mich loszuwerden, als mir das Fliegen beizubringen.“
„Bei dir hört sich das so einfach an – du willst etwas und holst es dir.“
„Nichts, was wirklich von Bedeutung ist, lässt sich einfach bekommen. Aber manche Dinge sind die Mühe wert. Und jetzt … lehn dich zurück, und genieß den Ausblick.“
Natürlich meinte er damit den Blick auf den Erdboden, der sich immer weiter entfernte, doch ihre Augen blieben auf dem Mann neben ihr haften.
Wenn Anna ihn jetzt sehen könnte, dachte Isabella, hätte sie das „Der Verwalter?“ nicht so abfällig ausgestoßen.
Na gut, vielleicht nicht abfällig. Anna war kein Snob und hätte sie auch gewarnt, wenn sie mit einem Arzt oder Anwalt weggeflogen wäre. Obwohl … vielleicht hätte Annas Stimme dann nicht so spitz geklungen.
„Deine Schwester war nicht besonders glücklich, was?“
Konnte der Mann etwa auch Gedanken lesen? Isabella seufzte. „Nein, nicht besonders.“
„Verständlich.“ Rio führte ihre Hand an seine Lippen. „Sie macht sich Sorgen um dich.“
„Ich weiß. Anna ist etwas über ein Jahr älter als ich, aber manchmal könnte man meinen, sie wäre meine Mutter. Dabei habe ich schon eine Mutter. Ich brauche keine zweite.“
„Du hast also vier Brüder und eine Schwester. Eine ziemlich große Familie.“
„Habe ich dir das etwa alles erzählt?“ Sie schüttelte ungläubig den Kopf. „Ich rede zu viel.“
„Nein.“ Er verfluchte sich im Stillen. Fast hätte er sich verplappert. „Ich bin nur neidisch, das ist alles.“
„Keine Geschwister?“
„Keine Familie. Ich bin in einem Waisenhaus aufgewachsen.“ Warum erzählte er ihr das? Erst die Ölfelder und jetzt das!
„Oh, das tut mir leid“, sagte sie mitfühlend.
„Das muss es nicht“, erwiderte er brüsk. „So ist das Leben eben.“
„Schon, aber niemanden zu haben …“
Ich habe dich.
Die Worte lagen ihm auf der Zunge. Und das ängstigte ihn halb zu Tode. Er hatte niemanden, wollte niemanden, brauchte niemanden.
Über die Kopfhörer kam eine Nachricht herein – vom Flugturm in Carolina, wo er zum Auftanken und für einen schnellen Lunch zwischenlanden wollte.
Grazie Cristo für Unterbrechungen im richtigen Moment!
Sobald sie wieder in der Luft waren, achtete Rio bewusst darauf, die Konversation nicht in gefährliche Bahnen zu lenken. Also fragte er Isabella, wie sie zum Gärtnern gekommen war.
Eigentlich eine schlichte Frage. Doch sie zeichnete daraus ein Bild von sich als kleinem Mädchen, das in einem riesigen Haus aufgewachsen war, mit einem Vater, den sie erst abgöttisch geliebt und dann zu verabscheuen gelernt hatte.
„Ein Despot aus der alten Heimat?“
Sie schüttelte den Kopf. „Ein Gangster“, erwiderte sie so leise, dass er sie kaum verstehen konnte. „Ein don . Weißt du, was das ist?“
Natürlich wusste er das. Es war unmöglich, in Italien aufzuwachsen und nicht zu wissen, was das bedeutete. Außerdem hatte er den Namen Cesare Orsini häufiger in der Zeitung gelesen,
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