Julia Extra Band 0350
Glanz.
Sie mussten nicht einmal am Empfang warten. Eine makellos zurechtgemachte Rezeptionistin in einer Hoteluniform, die sicherlich von einem führenden italienischen Designer entworfen worden war, führte sie sofort zu den reservierten Suiten.
„Die Suite Ihres Gastes bietet Aussicht auf den See, so wie von Ihnen gewünscht, Hoheit“, sagte die Rezeptionistin zu Marco. „Wenn Sie einen Blick hineinwerfen möchten …?“
Marco schüttelte den Kopf und wandte sich an Lily. „Treffen wir uns in einer halben Stunde unten in der Bar. Wir können beim Dinner den Ablauf des morgigen Tages besprechen.“
Lily nickte wortlos.
„Der Page wird gleich Ihr Gepäck bringen“, sagte die Hotelangestellte zu Lily. „Sollten Sie noch irgendetwas brauchen, sagen Sie ihm einfach Bescheid.“
„Danke.“
Während die Empfangsdame Marco zu seiner Suite am Ende des langen Korridors eskortierte, sah Lily sich in ihrer Suite um. Es war unsinnig, sich plötzlich so allein und verlassen zu fühlen, also ging sie auf Erkundung. Die Suite hatte die Größe eines kleinen Apartments mit einem Salon, einem großen Schlafzimmer und zwei Bädern. Der Luxus und die Eleganz waren überwältigend. Vom Schlafzimmer führten hohe Flügeltüren auf einen kleinen Balkon, gerade breit genug für einen Bistrotisch und zwei Stühle. Es war dunkel, und Lily konnte nicht viel sehen, aber sie dachte, dass der Blick auf den See einfach traumhaft sein musste. Auch jetzt war es geradezu märchenhaft. Der Mondschein und Tausende von Lichtern aus den Häusern entlang des Seeufers spiegelten sich auf der Wasseroberfläche.
Ein leises Klingeln an der Tür informierte sie, dass der Page mit ihrem Gepäck angekommen war. Sie ließ den Koffer von dem jungen Mann auf das Bett legen und verabschiedete ihn mit einem Trinkgeld.
Sie hatte sehr sorgfältig für diese Reise gepackt und auch ein klassisch-schlichtes schwarzes Kleid mitgebracht. Kombiniert mit der edlen schwarzen Strickjacke würde es die passende Garderobe für festlichere Abende sein. Tagsüber mussten Jeans, Hosen und eine Anzahl von Blusen und T-Shirts, ergänzt mit dezent-modischem Schmuck, reichen. Außerdem hatte Lily noch ihren Trenchcoat mitgebracht, nur für den Fall, dass es kühler werden sollte.
Da ihr keine halbe Stunde mehr bis zu dem Treffen mit Marco blieb, beschloss sie, sich nicht umzuziehen, und da sich der Knoten in ihrem Nacken bereits auflöste, nahm sie die Nadeln heraus und kämmte sich das Haar, bis es ihr weich über die Schultern fiel.
In der Bar wollte Marco sich gerade an den Tisch setzen und den morgigen Tagesplan durchgehen, als Lily im Eingang erschien. Sie trug noch immer das karamellfarbene Kleid, hatte nur eine schwarze Stola über die Schultern geschlungen. Das offene Haar wellte sich leicht um ihr feines Gesicht, sie wirkte elegant, ohne sich große Mühe zu geben. Es überraschte ihn nicht, dass viele der Gäste in der Bar, sowohl männliche als auch weibliche, einen genaueren Blick auf sie warfen.
Was ihn allerdings überraschte, war die Tatsache, dass sie die allgemeine Bewunderung gar nicht zu bemerken schien. Sie wirkte eher schüchtern als selbstsicher – bis sie ihn erblickte. Im gleichen Moment hob sie das Kinn und reckte die Schultern, wie jemand, der sich für eine Schlacht wappnete. Niemand, so gestand Marco sich ein, würde diese Frau mit einem schäbigen kleinen Fotostudio in Zusammenhang bringen.
Er schob den Stuhl zurück und richtete sich auf. „Möchten Sie noch einen Drink nehmen oder gleich zum Dinner übergehen?“
„Gleich zum Dinner, bitte“, antwortete Lily.
„Wie Sie wünschen.“ Ein unmerkliches Nicken von Marco rief den Oberkellner herbei, der sie zum Restaurant und an ihren Tisch führte.
„Nun, was halten Sie von diesem Haus?“, fragte Marco. Ihm war aufgefallen, wie genau sie sich umschaute.
„Die Einrichtung ist einfach aufsehenerregend. Eine Frau, die für ein romantisches Tête-à-Tête herkommt, sollte ihre Garderobe sehr genau auswählen, wenn sie in all der Pracht nicht verblassen will.“
„Für einen Mann, der eine Frau begehrt, ist die einzige Bedeckung, die sie braucht, ihre Haut. Nichts kann strahlender sein.“
Bei Marcos Worten begannen Lilys Wangen zu brennen. Hitze und Verlangen schossen in ihr auf. Sie war froh, dass sie sich an den Tisch setzen konnten, und in der gedämpften Beleuchtung hielt sie sich die Speisekarte vors Gesicht.
Während Marco ebenfalls in seine Karte starrte, verfluchte
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