Julia Extra Band 0350
wir besuchen werden, erhält die Öffentlichkeit nur eingeschränkt Zugang, wie Sie wissen.“ Beim Kaffee nach dem Essen setzte Marco Lily über die Arrangements für den nächsten Morgen in Kenntnis. „Wir werden morgen sehr früh losfahren, deshalb würde ich mich jetzt gerne zurückziehen. Ich habe noch etwas Arbeit zu erledigen. Es sei denn natürlich, Sie hätten gern noch einen Kaffee …“
War das etwa Enttäuschung, die sie verspürte? Unsinn. Lily zwang sich, den Kopf zu schütteln. „Wenn ich noch mehr Kaffee trinke, kann ich sicher nicht einschlafen.“
Eigentlich müsste sie hundemüde sein, schließlich war es ein langer und anstrengender Tag gewesen. Stattdessen meinte sie, vor nervöser Energie zu bersten. Vermutlich lag es daran, dass sie sich auf einer emotionalen Achterbahnfahrt befand, seit sie Marco begegnet war.
Sie hatten sich relativ früh zum Dinner gesetzt, das Restaurant war noch immer voll, als sie es verließen. Auf dem Weg zum Ausgang erklang ein höchst erfreuter Gruß von einem der Tische. Er kam von einer fantastisch aussehenden Brünetten, die mit einer größeren Gesellschaft zusammensaß.
„Marco! Ciao! “
Es wunderte Lily nicht, dass er stehen blieb, als die Brünette aufstand und auf ihn zutrat. Die Frau hatte die perfekte weibliche Figur, mit üppigen Kurven und einer Wespentaille. Lily murmelte nur ein Höfliches: „Gute Nacht“, und ging weiter. Es war offensichtlich, dass die Freude der Frau über diese unerwartete Begegnung nicht ihr galt.
Mit der Schlüsselkarte für ihre Suite in der Hand trat Lily in den Vorraum. Eine größere Gruppe steuerte gerade das Restaurant an. Leute aus der Modebranche, wie Lily sofort erkannte – ältere Männer, dünne junge Models und eine Handvoll erlesen gestylter Frauen, vermutlich die Redakteurinnen exklusiver Modemagazine. In der Gesellschaft solcher Leute hatte Lily sich nie wohlgefühlt, sie erinnerten sie zu sehr an die Vergangenheit. Prompt zog sich ihr Magen zusammen, und sie wollte nur so schnell wie möglich an ihnen vorbeikommen.
Doch plötzlich wurde ihr der Weg verstellt. Ärger, Ekel und – viel schlimmer – maßlose Angst überkamen sie, als sie das schmierige Grinsen erkannte.
Anton Gillman! Der Mann, den zu fürchten sie allen Grund hatte! Sie wollte sich abwenden und wegrennen, doch sie konnte sich nicht rühren.
Er legte eine Hand auf ihren Arm, sein alkoholisierter Atem strömte ihr ins Gesicht. „Lily, was für eine nette Überraschung! Du bist ja richtig groß geworden. Es ist lange her, nicht wahr? Es müssen inzwischen … wie lange … zwölf Jahre sein?“
Mit Absicht redete er zu ihr wie mit einem Kind, er wusste genau, was er ihr damit antat. Die Versuchung, ihn zu korrigieren, war stark, doch Lily widerstand. Es war dreizehn Jahre her, aber er sollte nicht wissen, dass sie sich noch immer erinnerte.
Jemand stieß sie an, die Schlüsselkarte rutschte ihr aus den Fingern. Bevor sie sich bücken konnte, um die Karte aufzuheben, kam Anton ihr blitzschnell zuvor. Er prägte sich die Zimmernummer genau ein, bevor er Lily die Karte zurückgab. „Wenn das eine Einladung sein soll …“, meinte er heimtückisch.
Ein Schauder kroch ihr über die Haut. Sie riss ihm die Karte aus der Hand. „Nein, ganz bestimmt nicht. Du weißt genau, ich würde nie …“ Sie erstickte fast an den Worten, ihre Stimme wollte versagen. Es überlief sie heiß und kalt, als hätte sie Fieber.
Doch Anton schien nur amüsiert. Lachend schüttelte er den dunklen Schopf. „Man sollte niemals nie sagen, meine liebe Lily. Zwischen uns gibt es noch unvollendete Dinge. Es würde mir enormes Vergnügen bereiten, zu Ende zu führen, was wir angefangen haben, vor allem in einer so unbestreitbar reizvollen Umgebung.“
Die Gruppe, mit der er gekommen war, hatte längst im Restaurant Platz genommen. Allein mit dem Mann fühlte Lily sich wieder wie vierzehn.
„Ich bin inzwischen siebenundzwanzig“, sagte sie, als müsse sie sich selbst daran erinnern. „Also viel zu alt für einen Mann mit deinen Vorlieben.“
Die Gier, die schon damals in seinen Augen gestanden hatte, war auch jetzt wieder in seinem Blick zu sehen. „Ah, Lily … du gefällst mir noch immer. Weißt du nicht, dass man einer verpassten Gelegenheit immer nachtrauert? Bist du allein hier?“
Lily zögerte nur einen Sekundenbruchteil. „Nein.“ Sie wusste, es war zu lange gewesen, als sie sein leises Lachen hörte.
„Jetzt lügst du mich auch noch
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