Julia Extra Band 0350
Villa? „Gibt es denn genug Zimmer für all die Gäste?“
„ Theos, nein!“ Es war schon fast komisch, wie entsetzt er dreinschaute bei der Vorstellung einer Invasion von Besuchern in seinem Haus. Er erschien Belle direkt ein wenig menschlicher. Während sie sein gut geschnittenes Gesicht betrachtete, musste sie schon wieder gegen die erotische Wirkung ankämpfen, die er auf sie ausübte. „Die meisten bleiben in Athen oder Kea. Ich habe eine ganze Hubschrauberflotte gechartert, um die Gäste nach Aura zu bringen. Einige werden auch mit dem Boot kommen.“
„Wäre es nicht einfacher gewesen, in Athen zu heiraten?“
Loukas zuckte die Achseln. „Vielleicht. Aber Larissa wollte sich eben hier trauen lassen. Und ich würde Himmel und Hölle in Bewegung setzen, damit sie die Hochzeit bekommt, die sie sich wünscht.“
Belle sah ihn verwundert an. Seine Stimme klang plötzlich belegt. Kein Zweifel, Loukas liebte seine Schwester abgöttisch. Sollte sie, Belle, ihn vielleicht doch falsch beurteilt haben?
Schweigend gingen sie weiter. Die Aussicht war beeindruckend. Belle wunderte sich nicht, dass Larissa an einem so schönen Ort heiraten wollte.
„Sie sagten, Ihr Vater sei hier auf Aura geboren. Verstehe ich recht, dass Sie es nicht sind?“
„Ich bin auf Kea geboren und habe dort meine frühe Kindheit verbracht. Larissa auch, aber sie hat keine Erinnerungen mehr daran. Wir sind nach Amerika gegangen, als sie noch klein war.“
„Warum hat Ihre Familie Griechenland verlassen?“, fragte Belle voller Interesse.
„Um sich ihren Lebensunterhalt zu verdienen“, erwiderte Loukas bitter. „Ein Sturm hatte das Fischerboot meines Vaters zerstört, und ein neues konnte er sich nicht leisten. Ohne Boot aber konnte er nicht fischen und kein Geld verdienen, um seine Familie zu ernähren. Ein entfernter Cousin meines Vaters besaß einen Lebensmittelladen in New York. Xenos sorgte dafür, dass wir einreisen durften, und dann führten meine Eltern das Geschäft. Als Xenos starb, vermachte er es ihnen.“
„Es muss eine große Umstellung gewesen sein, von einer kleinen Insel in so eine riesige Stadt zu ziehen. Ich bin früher oft umgezogen. Mein Stiefvater war in der Armee, und wir lebten immer dort, wo er stationiert war.“ Sie hatte es gehasst, in der Schule immer wieder „die Neue“ zu sein. „In ein fremdes Land zu ziehen wäre mir noch schwerer gefallen.“ Sie betrachtete das türkisfarbene Meer, das in der Sonne glitzerte. „Haben Sie das alles hier nicht vermisst?“
„Jeden Tag. Aber ich war jung und kam mit der Umstellung besser zurecht. Meinem Vater brach es das Herz, Griechenland zu verlassen“, fügte er mit belegter Stimme hinzu.
„Es muss ihn gefreut haben, als Sie Aura dann kauften – seinen Geburtsort.“
Loukas zögerte kurz mit der Antwort. Dann zuckte er die Achseln. „Er hat es nie erfahren. Mein Vater starb achtzehn Monate nach unserer Ankunft, und meine Mutter folgte ihm zwei Jahre später.“
Seine Stimme klang so sachlich, so ohne jedes Gefühl, dass Belle ihm einen erschrockenen Blick zuwarf.
„Es tut mir leid. Ich hatte ja keine Ahnung …“ Sie brach ab. Woher hätte sie es auch wissen sollen? Sie kannten sich doch erst seit ungefähr einer Stunde. Aber warum war sie sich dann so sicher, dass sich hinter diesem kühlen Blick aus unergründlichen grauen Augen ein großer Schmerz verbarg? Vielleicht weil ich beim Tod meiner Mutter auch so getan habe, als fühlte ich nichts. In Wahrheit hat es mir das Herz gebrochen, dachte sie bedrückt.
Ein anderer Gedanke schoss ihr durch den Kopf. „Zu der Zeit muss Larissa noch klein gewesen sein. Wer hat sich denn um sie gekümmert?“
Loukas setzte seinen Weg fort, und Belle schritt neben ihm her. „Ich. Es gab sonst niemanden mehr. Sie erinnert sich kaum an unseren Vater. Ich habe versucht, seine Rolle einzunehmen. Aber sie hat unsere Mutter sehr vermisst und tut es immer noch – besonders jetzt, wo sie sich auf ihre Hochzeit vorbereitet.“ Er seufzte tief. „Sie wissen ja, wie das ist. Zwischen Müttern und Töchtern besteht eine besondere Verbindung.“
Seine Worte rührten an einem wunden Punkt in ihr. Einen Moment lang brachte sie kein Wort heraus. „Ja“, sagte sie endlich leise. „Ich weiß, wie das ist.“ Sie starrte in die Ferne. Die scharfe Linie zwischen Meer und Himmel begann zu verschwimmen, weil Tränen Belles Blick trübten. Sie hatte eine besondere Beziehung zu ihrer Mutter gehabt. Und trotzdem hatte
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