Julia Extra Band 0350
diese ihr nie die Wahrheit über ihren Vater gesagt. Das Gefühl, betrogen worden zu sein, schmerzte Belle genauso heftig wie der Kummer über den Tod ihrer Mutter.
„Belle … stimmt etwas nicht?“ Loukas drehte sich um und sah, dass Belle dastand und über das Meer blickte. Ihr Gesicht war halb hinter dem breiten Hutrand verborgen, aber Loukas konnte ihre Verletzlichkeit fast greifbar spüren.
Zum Teufel, was ist denn heute nur los mit mir? fragte er sich wütend. Er war ein harter Geschäftsmann und keineswegs der Typ, der sich Gedanken über das seelische Wohlergehen irgendwelcher Frauen machte. Schon gar nicht über das der Designerin seiner Schwester.
„Ich habe nur die Aussicht bewundert.“ Belle konnte seine Ungeduld spüren und verdrängte rasch ihre dunklen Gedanken. Ab jetzt zählte nur noch ihr Job.
Sie folgten weiter dem Pfad, der sich nach ein paar Metern gabelte. Die eine Abzeigung führte über Stufen, die in die Klippe geschlagen worden waren, zu einem tief unten liegenden weißen Strand. Die andere endete vor einer hohen Mauer mit einem schmiedeeisernen Tor. Loukas drückte auf einen Knopf, und die Torflügel schwangen auf.
„Willkommen in der Villa Elena.“
„Oh … wow! Es ist … wunderschön“, stieß Belle hervor, als sie den Blick über das ultramoderne Anwesen mit den vielen Fenstern schweifen ließ. Von dort musste man einen umwerfenden Blick aufs Meer haben.
Loukas nickte. „Mein Zuhause“, sagte er nur.
Belle kann sich wahrscheinlich gar nicht vorstellen, was dieses Wort für mich bedeutet, dachte er. Während all der Jahre in einer hässlichen Mietskaserne in dem heruntergekommenen New Yorker Viertel hatte er sich an die Erinnerung an seine Heimat geklammert. Und davon geträumt, eines Tages ein Haus zu besitzen, von dem aus er das saphirblaue Wasser der Ägäis sehen konnte.
Dank seines brillanten Verstands, seiner rücksichtlosen Entschlossenheit und Jahre harter Arbeit hatte er ein ungeheuer erfolgreiches Unternehmen aufbauen und sich seinen Traum erfüllen können. Aura war sein Rückzugsgebiet. Hier hatte er für sich und Larissa ein Zuhause geschaffen.
Es hatte auch das Zuhause Sadies und seines Kindes werden sollen.
Aber Sadie war nie nach Aura gekommen. Und es hatte auch kein Baby gegeben.
Larissa war die Einzige gewesen, die er damals ins Vertrauen zog. Sie war es auch gewesen, die ihn beschwor, seinen Kummer nicht länger in Whisky zu ertränken. Nie würde er vergessen, wie seine kleine Schwester plötzlich diejenige war, die sich um ihn kümmerte. In seinen dunkelsten Tagen, als Schmerz und Wut ihn innerlich fast zerrissen, hatte sie ihm Halt gegeben. Aber jetzt war Larissa erwachsen geworden, und es war an der Zeit, sie gehen zu lassen. Er hatte nur nicht erwartet, dass ihm das so schwerfallen würde.
Er sah kurz zu Belle. „Kommen Sie“, sagte er. „Mein Butler wird unsere Ankunft schon mitbekommen haben und uns auf der Terrasse einen Drink servieren.“
Einen Butler hat er natürlich auch, dachte Belle, während sie ihm über den weißen Marmor des Innenhofs folgte.
Sie merkte, dass sie die Villa durch ein Seitentor betreten hatten. Das Haus lag rechts von ihr. Sie gingen auf der linken Seite um einen großen Jacuzzi herum und kamen dann zu einem Pool. Er erweckte die Illusion, sich über den Rand der Klippe in das darunter liegende Meer zu ergießen. Im hellen Sonnenschein erschienen alle Farben von einer unglaublichen Intensität. Es ist das Paradies, dachte Belle benommen von so viel Schönheit.
Als sie zur Terrasse gingen und in den Schatten der weißen Markise traten, kam ein Mann aus dem Haus.
„Das ist Chip“, stellte Loukas ihn vor. Kurz und stämmig, mit rotem Haarschopf und knallbunten Bermudashorts war Chip nicht gerade das, was Belle erwartete hatte. Sein breites Grinsen zeigte, dass ihm das durchaus bewusst war.
„Hatten Sie eine gute Reise?“, fragte er mit breitestem amerikanischen Akzent.
„Es wird Ihnen kaum entgangen sein, dass Chip eine Vorliebe für auffällige Shorts hat“, bemerkte Loukas trocken. „Deshalb trage ich auch eine Sonnenbrille.“
Der Butler grinste erneut. Man merkt, dass zwischen den beiden Männern eine tiefe Freundschaft besteht, dachte Belle. Als könnte er ihre Gedanken lesen, fuhr Loukas fort: „Chip und ich haben unsere Teenagerzeit in der South Bronx verbracht. Wir hatten eine Menge Trouble mit den Straßengangs und haben uns gegenseitig den Rücken frei gehalten.“
„Schön, Sie
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