Julia Extra Band 0354
Fremdkörper ausnahm. Doch das war ihm ebenso wenig bewusst wie die besorgten Gesichter seiner Angestellten. Er hing schon den ganzen Tag lang seinen Gedanken nach und konnte sich auf nichts konzentrieren.
Schon einmal hatte er das Gefühl gehabt, direkt am Abgrund zu stehen. Wütend ballte Kaden eine Hand zur Faust. Doch damals war er noch jung und unerfahren gewesen. Inzwischen hatte er geheiratet, sich scheiden lassen und war mit etlichen Frauen liiert gewesen. Keiner war es gelungen, sein Innerstes zu berühren. Er hatte sich verschlossen, nachdem Julia damals sein Büro verlassen hatte, um nie wieder so verletzt zu werden.
Als wäre es gestern gewesen, sah er die Szene vor sich: Julias klare hellgraue Augen weit aufgerissen, ihr Gesicht kreidebleich, als sie ihm zuhörte. Die brennende Eifersucht, die in ihm loderte, sobald er sich Julia in den Armen des anderen Mannes vorstellte. Dieses Gefühl war sogar stärker als die Trauer um seinen verstorbenen Vater. Die Erkenntnis, dass Julia auch nicht unfehlbar war, hatte ihn zum Zyniker gemacht. Noch immer haderte er mit der Ironie des Schicksals, das ihn ausgerechnet an jenem Abend auf die Suche nach Julia geschickt hatte. In dieser Nacht war sein Vater gestorben, der ihn inständig gebeten hatte, die Finger von Julia zu lassen. Doch Kaden war entschlossen gewesen, mit ihr zu reden, seine lange Abwesenheit zu erklären und ihr mitzuteilen, dass er sie eines Tages zu seiner Königin machen wollte, nachdem sie ihr Studium abgeschlossen und sich mit der Vorstellung angefreundet hatte, die Frau des Emirs zu werden. Er liebte sie so sehr, zumindest hatte er sich das eingebildet. Doch dann hatte er sie auf der Straße in den Armen eines anderen Mannes entdeckt. Auf der Straße, wo sie jeder sehen konnte! Sein Mädchen!
Der Anblick hatte ihm das Herz gebrochen.
Als Kaden eine knappe Stunde später am Sterbebett seines Vaters saß, der ein letztes Mal an ihn appellierte, das Wohl seines Landes über sein eigenes zu stellen, sah er seine Zukunft plötzlich klar vor sich. Julia nahm darin keinen Platz ein. Es war nur eine Sommerliebelei gewesen, die ihn mit ihr verbunden hatte. Offensichtlich hatte er Lust mit Liebe verwechselt.
Kaden blinzelte einige Male und wurde sich bewusst, wo er sich gerade befand. Vor dem Haus der Frau, die zwischen ihm und seiner Zukunft stand. Trotz seines radikalen Entschlusses vor zwölf Jahren hatte er sie wohl nie ganz losgelassen. Aber vielleicht würde es ihm gelingen, indem er so lange mit ihr schlief, bis sein Verlangen endgültig gestillt war. Nur so konnte er sich beweisen, dass es wirklich nur sexuelle Lust war, die er für sie empfand. Wenn er sich dieses Mal von Julia verabschiedete, würde sie keine Macht mehr über ihn haben. Er würde nicht mehr schweißgebadet aus erotischen Träumen aufschrecken und sich verzweifelt die Brust halten, um den dumpfen Schmerz zu lindern.
Julia war aufgeregt wie ein verliebter Teenager. Schmetterlinge flatterten in ihrem Bauch und ihr wurde ständig heiß und kalt. Sie fragte sich, warum Kaden nicht endlich klingelte. Der Wagen stand doch schon eine halbe Ewigkeit vor ihrer Tür.
Vielleicht hatte er es sich anders überlegt. Diese Möglichkeit rief Panik in ihr hervor. Den ganzen Tag lang hatte Julia gegrübelt, was sie tun sollte. Schließlich war sie zu der Erkenntnis gelangt, dass ihr die Kraft fehlte, Kaden einen Korb zu geben.
Mit heftigen Kopfschmerzen war sie nach Dienstschluss zu Hause angekommen und hatte eine Entscheidung getroffen: Sie würde Kaden im Jogginganzug begrüßen und die Verabredung absagen. Doch dann käme er vielleicht auf die Idee, Essen ins Haus liefern zu lassen und die Nacht bei ihr zu verbringen. Nein, das kam nicht infrage! Also schlüpfte sie doch in das kleine Schwarze und elegante Pumps, um mit Kaden auszugehen. Nach dem Essen wollte sie ihm dann erklären, dass es bei der einen Nacht bliebe, und sich verabschieden – endgültig! Das musste doch zu schaffen sein, oder?
Sie verließ ihren heimlichen Spähposten und zuckte erschrocken zusammen, als jemand einen Augenblick später energisch auf den Klingelknopf drückte. Nach einer Schrecksekunde ging Julia aufgeregt hinaus auf den Flur, griff nach Handtasche und Jacke und öffnete die Tür.
Bei Kadens Anblick wurde ihr sofort heiß. Offensichtlich hatte er sich seit dem Morgen nicht rasiert. Durch den Bartschatten wurde seine umwerfend männliche Ausstrahlung erst recht betont.
Begehrlich ließ Kaden den
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