Julia Extra Band 356
verheiratet? Ist das dein Sohn?“
Oh ja, war das nicht der bequemste Weg, was zwischen ihnen gewesen war, als unbedeutende Episode abzutun? Trotzdem wäre es vermutlich am vernünftigsten gewesen, einfach Ja zu sagen und ihn in dem Glauben zu lassen, dass sie inzwischen geheiratet hatte. Denn dann gab es so offenkundig keinen Platz mehr für ihn in ihrem Leben, dass er das Kapitel als abgeschlossen betrachten und sie gehen lassen würde. Sie würde ihn tatsächlich für immer los sein.
Tu es! drängte ihre Vernunft, aber ihr Herz wurde von heftigen, widersprüchlichen Gefühlen bestürmt. Und dann meldete sich plötzlich diese andere Stimme. Schlag ihm die Wahrheit ins Gesicht!
Dieser Mann war Theos Vater. Er sollte damit konfrontiert werden. „Nein, ich bin nicht verheiratet“, sagte Tina deshalb ohne Rücksicht auf die möglichen Konsequenzen. „Und ja, Theo ist mein Sohn.“
Sie glaubte zu wissen, wie sie seine nachdenkliche Miene deuten konnte. Als alleinerziehende Mutter war sie an ihr Kind gebunden und damit für ihn tabu. Ari Zavros wollte keinerlei Bindungen. Ein Gedanke, der Tina noch wütender machte, sodass sie alle Vorsicht vergaß. „Übrigens ist er auch dein Sohn!“
Wie vom Donner gerührt sah er sie an. Das gewinnende Lächeln war verschwunden. Blankes Entsetzen sprach aus seinen Augen.
Voller Genugtuung ließ Tina ihn stehen und ging an ihm vorbei in Richtung Aufzug. Sie glaubte nicht, dass er ihr folgen würde. Zum einen hatte sie ihm buchstäblich den Boden unter den Füßen entzogen, zum anderen war er in Begleitung einer anderen Frau, die er sicher nicht mit einem unehelichen Sohn konfrontieren wollte.
Dennoch war es angeraten, so schnell wie möglich aus dem Hotel zu verschwinden. Sie würde ihrer Mutter sagen, dass ihr das reichliche Essen nicht bekommen sei. Was nicht einmal gelogen war, denn sie verspürte ein flaues Gefühl im Magen.
Natürlich hätte sie Ari nicht sagen sollen, dass er Theos Vater war. Sie hatte einfach nicht damit gerechnet, dass sie noch immer so heftig auf ihn reagieren würde. Nun, wahrscheinlich würde er ihr zunächst gar nicht glauben wollen. Die meisten Männer stritten die Vaterschaft doch erst einmal ab. Wobei sie natürlich niemals irgendwelche offizielle Forderungen an ihn stellen würde. Trotzdem war es dumm von ihr gewesen, ihm die Wahrheit derart ins Gesicht zu schleudern und ihm damit erneut zumindest potenziell einen Weg zurück in ihr Leben zu eröffnen, wo sie doch nichts mehr mit ihm zu tun haben wollte.
Hoffentlich würde er es auf sich beruhen lassen. Hoffentlich ließ er sie ganz einfach in Ruhe.
Der Junge … war sein Sohn? Sein Sohn?
Ari schreckte aus seiner Benommenheit hoch, drehte sich um und blickte der Frau hinterher, die soeben erklärte hatte, die Mutter seines Kindes zu sein. Christina Savalas hatte es jedoch ziemlich eilig wegzukommen, nachdem sie die Bombe fallen gelassen hatte.
Konnte es wahr sein?
Rasch rechnete er zurück. Vor sechs Jahren war er in Australien gewesen. Das Alter des Jungen mochte in etwa dazu passen. Natürlich benötigte er das tatsächliche Geburtsdatum, um ganz sicher sein zu können. Aber das ließ sich herausfinden. Der Name des Jungen war Theo. Theo Savalas. Und er sah aus, wie Ari Zavros als Kind ausgesehen hatte!
Ari lief ein kalter Schauer über den Rücken. Wenn Theo sein Sohn war, hatte er Christina schwanger im Stich gelassen, und sie hatte sein Kind allein großziehen müssen. Eigentlich achtete er immer sorgfältig darauf, sich und seine Partnerin beim Sex zu schützen. Hatte er diesen Schutz mit Christina einmal vernachlässigt?
Woran er sich lebhaft erinnerte, war, wie wundervoll unschuldig und unerfahren sie gewesen war. Dennoch hatte er kein schlechtes Gewissen gehabt, denn sie hatten es beide gewollt. Und sie hatte genauso viel Vergnügen dabei gehabt wie er. Es war für sie eine erregende Einführung in die Kunst der Liebe gewesen, und Ari hatte nie daran gezweifelt, dass sie danach noch viele Männer umwerben würde und sie sich zu dem einen oder anderen hingezogen fühlen würde.
Wenn er sie jedoch schwanger zurückgelassen hatte … das hätte ihre Karriere, ihr ganzes Leben kaputt gemacht. Grund genug für den hasserfüllten Ausdruck in ihren schönen dunklen Augen und die Verachtung, mit der sie ihm ihre Behauptung entgegengeschleudert hatte.
Wie hätte er ihre Worte einfach ignorieren können? Nein, er musste der Sache auf den Grund gehen. Wenn der Junge sein Sohn war …
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