Julia Extra Band 358
fühlen. Er hatte den Effekt doch miterlebt, den seine Geschichte auf sie gehabt hatte. Sie war näher an ihn herangerückt, obwohl er im ersten Schock über seine Offenheit auf Distanz gegangen war. Und jetzt, mit seinem Kind auf dem Weg, würde er die emotionelle Bindung weiter stärken – allerdings ohne sich in einer romantischen Falle zu verfangen.
Mit ihr ins Aquarium zu gehen würde ihr den Blick auf einen Teil seines Lebens gewähren, den er anderen nicht zeigte. Viel war es nicht, aber indem er ihr Einblick in seine Gewohnheiten gab, würde auch die Überzeugung in ihr wachsen, dass sie eine gute Ehe führen konnten, stabil genug, um Kinder aufzuziehen.
Piper fand das Aquarium interessanter als gedacht. Am meisten faszinierte sie jedoch das nachsichtige Lächeln, das auf Zephyrs Gesicht stand, wann immer eines der Kinder seine Begeisterung über die Fische laut kundtat. Und lag da nicht sogar etwas wie Sehnsucht in seinem Blick, wenn er die Eltern mit ihren Sprösslingen betrachtete?
„Dir gefällt es wirklich hier drinnen, nicht wahr?“, fragte sie, als sie durch den Glastunnel liefen und die exotischen Fische über ihren Köpfen schwammen.
„Ja, sehr.“ Ein melancholischer Ausdruck trat auf sein Gesicht – und war sofort wieder verschwunden. „Jeder hier führt ein normales Leben.“
„Nimmst du an.“
„Richtig, nehme ich an.“ Er lächelte wehmütig über ihren Einwand.
„Du lebst doch auch ein normales Leben.“
„Meinst du? Ich bin ein Workaholic, der die meiste Zeit darüber nachdenkt, wie er noch mehr Geld machen kann, indem er anderen Leuten Orte und Gelegenheiten bietet, ihr Geld auszugeben.“
„Dann nutze die Orte und Gelegenheiten doch selbst ein wenig.“
„Allein?“
„Im Moment bist du nicht allein.“ Wüsste sie es nicht besser, könnte sie glatt vermuten, dass er ihr sagen wollte, wie sehr er sich eine eigene Familie wünschte.
„Nein, im Moment nicht.“
„Und macht dich das glücklich?“ Sie musste einfach fragen.
„Ja. Ich bin gerne hier … zusammen mit dir.“
„Du hast recht, es ist etwas Besonderes.“ Etwas wirklich Besonderes. Sie reckte sich und drückte einen leichten Kuss auf seinen Mundwinkel. „Danke.“
Sie mussten abrupt Platz machen, als zwei kleine Jungen, offensichtlich Brüder, an ihnen vorbeistürmten. Eine leicht gehetzt wirkende Frau rief den beiden hinterher, dass sie nicht rennen sollten, und eilte ihnen nach.
Lächelnd entschuldigte sie sich, als sie bei Piper und Zephyr ankam. „Verzeihen Sie, aber die beiden können es gar nicht abwarten, zum Otterbecken zu kommen.“
„Kein Problem.“ Zephyr sah den Jungs nach. „Sie können sich glücklich schätzen, zwei so lebhafte Kinder zu haben.“
„So kann man es auch sehen“, erwiderte die Frau, aber ihr breites Lächeln zeigte, dass sie der gleichen Meinung war.
„Du wünschst dir wirklich Kinder … und nicht nur, um ihnen dein Vermögen zu vererben.“ Wie hatte Piper je etwas anderes denken können? Sie legte die Hand an seine Wange, und die restliche Welt existierte nicht länger. „Du wirst ein wunderbarer Vater sein.“
Zephyr sah Piper an, die Sehnsucht in seinem Blick war überwältigend intensiv. „Das hoffe ich … von ganzem Herzen.“
Cass, in einem wunderschönen Kleid, zog Zephyr in eine Umarmung, sobald sie ihm und Piper am Abend die Tür öffnete. „Lange nicht gesehen, Fremder. Wie war es in Griechenland?“
„Warm … und schön.“
„Willst du damit sagen, du hast dir tatsächlich die Zeit genommen, es zu bemerken? Als Neo mir erzählte, dass du einen Kurzurlaub machst, bevor du auf die Insel fliegst, wäre ich fast in Ohnmacht gefallen.“
„He, so schlimm wie mein Geschäftspartner war ich nie.“
„Niemand war so schlimm wie Neo, bevor wir uns kennenlernten. Aber er ist auf dem Weg der Besserung.“ Lächelnd wandte Cass sich an Piper. „Ich hoffe wirklich, Sie übernehmen die gleiche Aufgabe bei Zee. Er braucht es nämlich auch dringend.“
„Darauf solltest du nicht eingehen“, warnte Zephyr Piper und übernahm dann die Vorstellung. „ Yineka mou , das ist Cassandra Baker, weltberühmte Pianistin und Komponistin und die Verlobte meines besten Freundes. Cass, darf ich dir Piper Madison vorstellen, brillante Designerin und eine sehr liebe Freundin von mir.“
Als er Cass’ hochgezogene Augenbrauen sah, wurde Zephyr klar, welchen Fehler er soeben begangen hatte: Neo hatte Cass bestimmt längst die Bedeutung des Koseworts
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