Julia Extra Band 361
zwei Wochen hatte sie sich für nichts weniger interessiert als für das Wetter.
Ständig musste sie an Tariq denken. Hinzu kam, dass sie ihre Arbeit vermisste, obwohl sie früher die Leute, für die das Büro ihr ganzer Lebensinhalt war, stets bemitleidet hatte. Doch jetzt verspürte sie selbst eine gewisse innere Leere. Nicht einmal in ihr Cottage konnte sie fahren, weil sie befürchtete, dort auf Schritt und Tritt an ihren letzten Besuch mit Tariq erinnert zu werden. Das konnte sie im Moment gar nicht brauchen.
Von Tariq hatte sie die ganze Zeit über nichts gehört. Nicht einmal zu einer E-Mail oder SMS hatte er sich durchringen können, um ihr mitzuteilen, dass er wohlbehalten in Khayarzah eingetroffen war.
Sie war eben dabei, sich einen Kamillentee zuzubereiten, als es an ihrer Wohnungstür klingelte. Das konnte nur der Postbote sein.
Es klingelte wieder, energischer diesmal. Ihr leichtes Baumwollkleid klebte an ihren Oberschenkeln, als sie zur Tür ging. Da sie immer noch so in ihre Gedanken vertieft war, vergaß sie, einen Blick durch den Spion zu werfen … und prallte zurück, als sie den Mann sah, der gleich darauf vor ihr stand.
Tariq.
Ihre Müdigkeit war wie weggeblasen. Obwohl sie seit seiner Abreise fast unausgesetzt an ihn gedacht hatte, war es jetzt ein Schock, ihn in Fleisch und Blut vor sich zu sehen.
Seine körperliche Präsenz war so stark, dass alles andere in den Hintergrund trat. Er trug ausgewaschene Jeans, dazu ein Hemd mit offenem Kragen, und er wirkte trotz der mörderischen Hitze taufrisch.
„Tariq“, sagte sie atemlos, wobei ihr das Herz bis zum Hals klopfte. „Na, das ist ja eine Überraschung.“
Er nickte. Wenn er ehrlich sein wollte, musste er zugeben, dass es auch für ihn eine Überraschung war. Er hatte eigentlich gar nicht vorgehabt, bei ihr vorbeizuschauen, nichtsdestotrotz hatte er seinem Fahrer ihre Adresse genannt.
Das waren zwei endlose Wochen in Khayarzah gewesen, und nach seiner Rückkehr war ihm sein Büro ohne Izzy deprimierend leer erschienen. Nicht dass er etwas gegen Fiona gehabt hätte, ganz bestimmt nicht. Fiona war ein nettes Mädchen und erpicht darauf, auch wirklich alles richtig zu machen. Aber Fiona war nicht Izzy. Er presste die Lippen zusammen.
„Darf ich reinkommen?“
„Natürlich.“
Tariq schloss die Wohnungstür hinter sich und blickte sich um. Izzys Wohnzimmer war ein kleiner Raum, aber nicht annähernd so vollgestopft wie der Wohnraum in ihrem Cottage.
Als Isobel hinter ihm ins Zimmer kam, drehte er sich um. Ihre vollen roten Locken hatte sie hochgesteckt, die Augen wirkten riesig. Wie verletzlich sie aussieht, dachte er. Oder kam ihm das nur so vor, weil er sie so lange nicht gesehen hatte?
Er runzelte die Stirn. „Ich dachte, du bist schon wieder im Büro.“
Wie förmlich er klang. Da erinnerte nichts mehr an den Mann, der ihr so viel Lust geschenkt hatte. „Du hast gesagt, dass ich drei Wochen Urlaub machen kann, es sind aber erst zwei.“
„Ich weiß sehr gut, wie lange es her ist, Izzy.“
Sie standen sich abwartend gegenüber, fast als ob sie versuchten, sich an dieses neue Stadium ihrer Beziehung zu gewöhnen. Für Izzy fühlte es sich seltsam an, allein mit ihm in einem Raum zu sein, aber nicht in seinen Armen zu liegen. Sie hatte so viele Fragen, die ihr auf dem Herzen lagen, ohne dass sie sie zu stellen wagte.
Erzähl es ihm.
Aber die Worte weigerten sich zu kommen. Isobel versuchte sich einzureden, dass sie nur die Ruhe vor dem Sturm noch ein wenig auskosten wollte. Zwei Minuten Normalität, in denen sie so tun konnte, als ob es keine gefürchtete Wahrheit gäbe, der man sich stellen musste. Zwei weitere Minuten, um das Gesicht in sich aufzunehmen, an dem sie sich nicht sattsehen konnte, das Gesicht, das sie mittlerweile lieben gelernt hatte und das der Grund dafür war, dass ihr jetzt das Herz so wehtat.
„Hast du deine Cousine gefunden?“, fragte sie, wobei sie sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht strich.
Ihre Bewegung lenkte seinen Blick auf ihre vollen Brüste, ein Anblick, der ein vertrautes Ziehen in seinen Lenden hervorrief. „Am Ende schon.“
„Und wie ist es gelaufen?“
„Ich bin nicht hier, um mit dir über meine Cousine zu reden“, sagte er heiser.
„Nicht?“ Ihre Stimme war vor Hoffnung eine Oktave höher geklettert. „Warum dann?“
Er schaute auf ihre weichen ungeschminkten Lippen und fragte sich plötzlich, gegen wen er eigentlich ankämpfte. Gegen sich selbst oder gegen sie?
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